Höhe der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

Wird der Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis arbeitsunfähig krank und hat eine Wartezeit nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (4 Wochen) erfüllt, so hat er im Normalfall einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von 6 Wochen.

Der Anspruch ergibt sich aus § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Dieser lautet:

1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn

  1. er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder

2. seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.

(2) Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Absatzes 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen.

(3) Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.

Probleme bei Mitteilung der Erkrankung nebst Übersendung der AU

Bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall kommt sehr oft zu Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Streitpunkte sind z. B. die Frage der unverzüglichen Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit und der Einreichung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Hier werden manchmal Fehler von Arbeitnehmern begangen, die meinen, sie müssen einfach nur die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung übersenden. Der Arbeitnehmer muss unverzüglich seine Arbeitsunfähigkeit gegenüber dem Arbeitgeber mitteilen, sodass dieser die entsprechenden Betriebsabläufe danach einrichten kann, um den Ausfall des Arbeitnehmers zu kompensieren. Der Grund für die Arbeitsunfähigkeit muss nicht angegeben werden.

Übersendung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Original

Unabhängig davon muss der Arbeitnehmer auch dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Original (!) übersenden. Hier ist wichtig, dass der Arbeitgeber, der später behauptet, dass er keine Bescheinigung im Original erhalten hat, ein Zurückbehaltungsrecht hat, solange, bis die Erklärung, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Original vorliegt. Diese kann sich der Arbeitnehmer im Zweifel aber nochmals ausstellen lassen und dann dem Arbeitgeber beweissicher zustellen lassen.

Höhe des Arbeitsentgeltes bei Krankheit

Ein weiterer Streitpunkt ist die Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgeltes (Oft auch falsch als „Krankengeld“ bezeichnet – Krankengeld zahlt allein die Krankenkassen!).

gesetzliche Grundlage für den Umfang der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

Dazu regelt § 4 des Entgeltfortzahlungsgesetzes:

(1) Für den in § 3 Abs. 1 oder in § 3a Absatz 1 bezeichneten Zeitraum ist dem Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen.

(1a) Zum Arbeitsentgelt nach Absatz 1 gehören nicht das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsentgelt und Leistungen für Aufwendungen des Arbeitnehmers, soweit der Anspruch auf sie im Falle der Arbeitsfähigkeit davon abhängig ist, dass dem Arbeitnehmer entsprechende Aufwendungen tatsächlich entstanden sind, und dem Arbeitnehmer solche Aufwendungen während der Arbeitsunfähigkeit nicht entstehen. Erhält der Arbeitnehmer eine auf das Ergebnis der Arbeit abgestellte Vergütung, so ist der von dem Arbeitnehmer in der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit erzielbare Durchschnittsverdienst der Berechnung zugrunde zu legen.

(2) Ist der Arbeitgeber für Arbeitszeit, die gleichzeitig infolge eines gesetzlichen Feiertages ausgefallen ist, zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach § 3 oder nach § 3a verpflichtet, bemisst sich die Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts für diesen Feiertag nach § 2.

(3) Wird in dem Betrieb verkürzt gearbeitet und würde deshalb das Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers im Falle seiner Arbeitsfähigkeit gemindert, so ist die verkürzte Arbeitszeit für ihre Dauer als die für den Arbeitnehmer maßgebende regelmäßige Arbeitszeit im Sinne des Absatzes 1 anzusehen. Dies gilt nicht im Falle des § 2 Abs. 2.

(4) Durch Tarifvertrag kann eine von den Absätzen 1, 1a und 3 abweichende Bemessungsgrundlage des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages kann zwischen nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Anwendung der tarifvertraglichen Regelung über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle vereinbart werden.

Anmerkung:

Kurz gesagt, ist der Arbeitnehmer dasselbe zu zahlen, als hätte er gearbeitet, abzüglich von Überstunden und Auslöse.

Entgeltausfallprinzip

Wichtig ist, dass bei der Frage, in welcher Höhe der Arbeitgeber bei der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers die Entgeltfortzahlung zu leisten hat, dass hier das sogenannte Entgeltausfallprinzip gilt.

Entgeltausfallprinzip: Welchen Lohn hätte der AN bekommen, wenn er gearbeitet hätte.

Dieses Prinzip besagt, dass die Grundlage für die Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruches letztendlich das Gehalt/der Lohn ist, den der Arbeitnehmer bekommen hätte, wenn er während der Zeit der Krankheit gearbeitet hätte. Früher bestand nur ein Anspruch auf 80 % des regelmäßigen Arbeitsentgeltes, dies ist nun seit einigen Jahren bereits wieder geändert und der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf 100 % des Entgeltes. Richtig ist beim Ausfallprinzip, dass aber bei der Bemessung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Überstundenvergütung und Auslösen nicht mehr berücksichtigt werden.

Abgrenzung zum Referenzprinzip

Zu unterscheiden ist das Entgeltausfallprinzip vom sogenannten Referenzprinzip, das z. B. nach dem Bundesurlaubsgesetz (§ 11 Bundesurlaubsgesetz) oder nach dem Mutterschutzgesetz (§ 11 Mutterschutzgesetz) gilt. Beim Referenzprinzip wird einfach nur auf den zurückliegenden Zeitraum abgestellt und der Durchschnitt berechnet (beim Urlaub z.B. die letzten 13 Wochen).

Prognose bzgl. des erhaltenen Arbeisentgeltes im Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit

Beim Entgeltausfallprinzip, das hier gilt, wird auf eine „Fiktion/ Prognose“ abgestellt und man fragt, was ein Arbeitnehmer verdient hätte, wenn er, nachdem er an seiner Leistungserbringung gehindert ist, gearbeitet hätte. Kurz gesagt, was hätte der Arbeitnehmer verdient, wenn er nicht krank gewesen wäre.

vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit und Arbeitslohn

Damit kommt es für die Berechnung der Höhe der Entgeltfortzahlung auf die Bestimmungen in Bezug auf die regelmäßige Arbeitszeit und den vereinbarten Arbeitslohn an.

Die Regelungen über die regelmäßige Arbeitszeit und den vereinbarten Lohn findet man im Arbeitsvertrag (oder im Tarifvertrag, falls ein solcher Anwendung findet).

Einzelfälle der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

Nachfolgend sind einige Beispielfälle der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall aufgeführt:

Grundvergütung

Zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt gehört zunächst die Grundvergütung. Dies ist die Vergütung, die der Arbeitnehmer erhalten hätte unter Zugrundelegung der regelmäßigen (individuellen) Arbeitszeit für den entsprechenden Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit. Diese ist fast immer zu zahlen (Ausnahme: vereinbarte Kurzarbeit).

Schwankungen der regelmäßigen Arbeitszeit

Bei Schwankungen der individuellen Arbeitszeit ist eine vergangenheitsbezogene Betrachtung zulässig und geboten, wobei normalerweise der Durchschnitt der letzten zwölf Monate zugrunde zu legen ist (BAG AP Nr. 61 zu § 4 EFZG).

einmalige Sonderschichten

Zur ausgefallenen, regelmäßigen Arbeitszeit gehören nach wohl h. M. auch einmalige Sonderschichten, wenn sie während der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit anfallen und feststeht, dass der erkrankte Arbeitnehmer im Falle der Arbeitsfähigkeit daran teilgenommen hätte (vgl. BAG AP Nr. 78 zu § 2 LFZG).

Provisionen

Auch Provisionen können zum Entgeltfortzahlungsanspruch hinzuzählen. Hierbei ist darauf abzustellen, ob der Arbeitnehmer im Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich eine Provision erwirtschaftet hätte.

Beitrag wird fortgesetz …

Rechtsanwalt Andreas Martin



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