Uli Hoeneß steht vor seinem Comeback als Bayern-Präsident. Aber ihm fehlt das Format seines Vorgängers Kurt Landauer.
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Heute wählen die Bayern ihren neuen Präsidenten. Es dürfte ein alter Bekannter werden: Uli Hoeneß. Nach verbüßter Haftstrafe kehrt der Meister-Macher und Millionen-Betrüger zurück an die
Vereinsspitze. Schon einmal ist ein Bayern-Präsident triumphal zurückgekehrt: Kurt Landauer. Aber sein Comeback endete tragisch...
Uli Hoeneß ist eine lebende Legende: Weltmeister 1974, tragischer Elfmeterschütze im EM-Finale 1976, Sportinvalide, erfolgsverwöhnter Bundesliga-Manager, Millionen-Macher als Wurstfabrikant und Millionen-Betrüger als Steuer-Sünder: Präsident des FC Bayern zu sein hätte sein Lebenswerk krönen sollen. Aber dann kam es anders: Hoeneß hat im großen Stil Steuern hinterzogen und dafür im Gefängnis gesessen. Juristisch hat er seine Strafe verbüßt, auch wenn manche über den vermeintlichen Promi-Bonus lästern. Das ist Quatsch. Der Rechtsstaat will ja gerade bewirken, dass Straftäter resozialisiert werden. Das gilt natürlich auch für Uli Hoeneß. Und er hat seine Strafe auch unerwartet demütig aufgenommen und - anders als viele andere Gefangene - unter öffentlicher Beobachtung angetreten. Das war eher ein Promi-Malus. Wie dem auch sei. Hoeneß hat rechtlich für seine Verfehlungen gerade gestanden. Ob er aus moralischer Perspektive noch einmal in das honorige Amt des Bayern-Präsidenten zurückkehren sollte, steht auf einem anderen Blatt. Wer wie er anderen jahrzehntelang die Leviten gelesen hat - dem Trainer Christoph Daum für dessen Drogen-Missbrauch, den eigenen Fans für die maue Stimmung im Stadion - würde wahre Größe beweisen, nach solchen Verfehlung nicht in eine öffentliche Vorbildrolle wie die des Bayern-Präsidenten zurückzukehren.
Ganz anders liegt der Fall bei Kurt Landauer. Der erste große Bayern-Präsident hat mit seiner unermüdlichen Arbeit das Fundament des späteren Rekord-Meisters gelegt. Landauer hat die Bayern in den 1920er Jahren aus dem Amateurfußball in die Professionalität geführt. Als gewiefter Geschäftsmann und leidenschaftlicher Sportsmann hat er moderne Strukturen etabliert, den den Wirtschaftsfaktor Vereinsfußball erkannt, die Marke FC Bayern geschaffen und als Präsident die erste Meisterschaft geholt. 1932 war das. Dann wird es dunkel in Deutschland. Hitler greift nach der Macht und Bayerns Meister-Macher landet im Konzentrationslager - Landauer ist Jude und unter den Nazis seines Lebens nicht mehr sicher. Er kann fliehen und geht ins Exil. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrt er zurück - und wird noch einmal zum Bayern-Präsidenten gewählt. Dieses Comeback hat Stil. Landauer zeigt echte Größe und ist - trotz mancher bissiger Bemerkung - nicht nachtragend, auch wenn er jeden Grund hätte. Trotzdem endet dieses Comeback tragisch. Landauer wird zwar zunächst gefeiert, verliert aber dann seine Wiederwahl - und geht verbittert.
Foto: Blowjoe98 Lizenz: CC-BY-SA 4.0Es gibt viele Bücher über den FC Bayern und auch Biografien über Uli Hoeneß sind keine Mangelware. Trotzdem möchte ich heute ein anderes Buch empfehlen: Die Lebensgeschichte von Kurt Landauer. Erzählt hat sie der Journalist Dirk Kämper - und er hat das richtig gut gemacht. Dieses Buch ist eine lange und zugleich kurzweilige Reportage. Im szenischen Präsens teilweise rasant geschrieben ist das Landauer-Porträt eine gelungene Mischung aus solide recherchierter Biografie und Sport-Roman. Nicht jedes Details - beispielsweise die Gestiken und Mimiken in Gesprächen - kann wirklich quellengetreu überliefert sein. Aber das macht den Charme dieses Buches aus. Landauer und seine Zeitgenossen kommen lebendig rüber und man kann richtig mitfiebern: zum Beispiel bei den Überedungsversuchen, endlich Spielergehälter einzuführen oder beim Meisterschaftsfinale 1932. Trotzdem hat man am Schluss eine fundierte Vereinsgründungsgeschichte gelesen - und noch ein bißchen mehr Respekt vor den Bayern...