Auf dem Weg der Erstbesteiger über den Festigrat auf den Dom. Eine kombinierte, lange Rundtour im Schweizer Wallis.
Die meisten ihrer hohen Gipfel muss sich die Schweiz mit Italien oder Frankreich teilen. Der höchste Berg, der mit seiner gesamten Basis auf Schweizer Boden steht, ist der 4.545 Meter hohe Dom im Kanton Wallis. Auf den Dom führen zwei prominente Routen: der Normalweg durch die Nordflanke und der Festigrat.
Willst du den Dom über den Festigrat besteigen, solltest du zwei intensive Tourentage einplanen. Denn anders als bei vielen Schweizer Hochtouren verkürzt hier keine Seilbahn den Hüttenzustieg. Den Dom erarbeitest du dir ehrlich vom Tal aus – krönen kannst du die Hochtour mit dem aussichtsreichen und kombinierten Anstieg über den Festigrat.
Fakten zur Tour: Dom via Festigrat ab Domhütte
- Stützpunkt: Domhütte (ab Ende Juni geöffnet)
- Ausgangspunkt: Randa (Bahnhof) im Mattertal, Kanton Wallis, Schweiz
- Anreise: Den Aufstieg zur Domhütte kannst du direkt vom Bahnhof in Randa starten. Wir empfehlen deshalb, mit dem Zug anzureisen. Alternativ gibt es im Ortszentrum von Randa aber auch kostenpflichtige öffentliche sowie private Parkplätze
- Beste Jahreszeit: früh in der Hochtourensaison (Juni, Juli) solange der Festigrat noch mit Schnee bedeckt ist oder nach Schneefall auch später in der Saison. Kritisch ist der Grat vor allem bei Blankeis im Hochsommer.
- Schwierigkeit: WS+/ZS- (sehr stark von den Verhältnissen abhängig), Klettern bis III, Firn/Eis bis 50°
- Ausrüstung: gesamte Hochtouren- und Gletscherausrüstung, Helm, eventuell einige zusätzliche Eisschrauben und Expressschlingen sowie ein Eisgerät, falls am Grat mit Blankeis zu rechnen ist
Die Domhütte hat nur 75 Schlafplätze, weshalb man am Dom auch in der Hauptsaison genussvoll Bergsteigen kann. Die Seilschaften verteilen sich am Gipfeltag zudem auf die Normalroute und den Festigrat zum Dom, die Lenzspitze, den Nadelgrat und das Täschhorn.
Wer den höchsten Gipfel auf rein Schweizer Boden besteigen will, braucht Beinkraft und Ausdauer. Denn in Summe sind 3.300 Meter Höhenunterschied zu bewältigen und keine Bahn verkürzt den Auf- oder den Abstieg.
Fakten Tag 1: Zustieg zur Domhütte
- Ausgangspunkt: Ortszentrum bzw. Bahnhof Randa
- Endpunkt: Domhütte
- Aufstieg: 1.500 Höhenmeter
- Länge: 6,3 Kilometer
- Dauer: wir haben 2:45 Stunden benötigt
- Route: in Randa kurz auf steiler Straße durch den Ort aufwärts. Wegweiser zur Domhütte befinden sich schon an der Bahnhofskreuzung. Für den Aufstieg hat man zwei Optionen: die direkte Variante oder den Weg über eine Hängebrücke (etwa 20 Min. länger, aber sehr lohnend!). Beide Wege treffen sich kurz vor der Europahütte wieder. Vor der Europahütte zweigt man rechts ab. Ab jetzt wird das Gelände steil und felsig und der Steig teilweise seilversichert. Über einige Steintreppen, dann auf einem alpinen Pfad mit Seilen, Stiften und Griffen bis zu Geröllfeldern oberhalb der Felsen. Über diese gelangt man zur Hütte, die erst im letzten Moment auftaucht.
Fakten Tag 2: Dom via Festigrat ab Domhütte
- Ausgangspunkt: Domhütte
- Endpunkt: Randa
- Aufstieg: 1.800 Höhenmeter
- Abstieg: 3.300 Höhenmeter
- Länge: 15,5 Kilometer
- Dauer: wir haben in Summe 8:30 Stunden für den Aufstieg zum Dom und den Abstieg nach Randa gebraucht (inkl. Pausen)
- Route: Domhütte > Festigletscher > Festijoch (Katzenaugen, Klettern bis III, teilweise brüchig, einige Bohrhaken, Schlingen & Stände) > Festigrat (vom Festijoch rechtshaltend in direkter Linie entlang des Grates empor, bei Blankeis heikel!) > Dom > Abstieg über die Nordflanke (Normalweg) > Festijoch > Festigletscher > Domhütte > Randa
Über die längste Hängebrücke der Alpen
Mit unseren Hochtourenrucksäcken bepackt stehen wir zwischen alten Steinbauten im Ortszentrum vom Randa. Pickel am Rucksack, Stöcke in den Händen und Bergschuhe an den Füßen weisen uns wohl deutlich als Dom-Besteiger aus. „Geht’s uffn Dom?“, spricht uns ein Einheimischer an. Und ob wir beim Zustieg zur Domhütte eh über die Hängebrücke gehen würden? Die sei nämlich die längste der Alpen, der ganze Stolz des Ortes und wir würden richtig was verpassen, gingen wir den schnelleren Weg.
Wir haben zwar noch nie etwas von dieser Hängebrücke gehört, versichern ihm aber, dass wir auf jeden Fall über die Hängebrücke gehen werden. Das tun wir dann tatsächlich und nehmen den etwa 20-minütigen Umweg in Kauf. Für den Zustieg zur Domhütte bleibt uns noch der ganze Nachmittag und wir möchten uns sowieso die Gegend um Randa genauer ansehen.
Wir folgen der steilen Straße hinauf zum Ortsrand: an kleinen Stein- und Holzhäusern und Brunnen vorbei, immer auf den Wald zu. Dort können wir uns entscheiden, ob wir den Schnellanstieg oder den Hängebrückenweg gehen. Wobei schnell hier ein dehnbarer Begriff ist, denn weit sind beide Wege.
Wir halten uns rechts und folgen in langgezogenen Serpentinen den Beschilderungen zur Hängebrücke. Der Steig ist breit, der Waldboden weich und es ist angenehm zu gehen. Die riesigen Lärchen spenden auch an diesem warmen Julinachmittag angenehmen Schatten.
Eine lange Linkskehre führt uns dann flach zur Hängebrücke hinüber. Dass sie die längste der Alpen ist, daran besteht schon beim ersten Blick kein Zweifel. Unsere schnellen Schritte bringen die Brücke ziemlich ins Schwingen und ich bin froh, nach 494 Metern auf der Brücke die andere Talseite erreicht zu haben. Gelohnt hat sich der wackelige Umweg auf jeden Fall!
Zustieg zur Domhütte
Die Hängebrücke führt uns wieder zum normalen Domhüttenzustieg. Weitere 800 Höhenmeter in immer alpinerem Gelände stehen uns bevor. Wer noch eine Pause braucht, kann einen Zwischenstopp bei der Europahütte einlegen. Danach wird’s nämlich richtig steil. Der Aprikosenkuchen, den wir beim Abstieg gegessen haben, war unvergesslich.
Wir halten uns vor der Europahütte schon rechts und steigen über seilversicherte Passagen und Felsstufen der Domhütte entgegen. Steinböcke beobachten uns und rings um spitzen plötzlich die berühmten Walliser 4.000 hervor: das Matterhorn, das Weisshorn oder das Zinalrothorn.
Dom Festigrat Domhütte
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Auf den letzten Metern wandern wir flach über ein riesiges Geröllfeld. Erst ganz zum Schluss taucht die Schweizer Flagge hinter großen Felsblöcken auf. Und bevor die Sonne hinter dem Weisshorn untertaucht machen wir es uns auf der Terrasse gemütlich.
Die Domhütte: fein herausgeputzt
Bei Suppe, Kaffee und Kuchen lassen wir uns die Nachmittagssonne auf die Beine scheinen. Die Tische und Bänke auf der Terrasse stehen fast alle leer. Es ist noch früh in der Saison. „Wir haben erst vor zwei Tagen wieder geöffnet“, erklärt uns die Hüttenwartin. Das wiederum erklärt, warum es in der Hütte so überaus frisch riecht und sauber aussieht. Wir sind zwei der ersten Gäste in dieser Saison und die Domhütte startet fein herausgeputzt in den Bergsommer.
Die Lager sind klein und heimelig. Es gibt dicke Polster und kuschelige Decken. Und wenn man in klaren Nächten aus den winzigen Fenstern späht, funkeln über der Flanke des Doms abertausende Sterne.
Eine so gemütliche Nacht wollen wir möglichst lange hinauszögern. Vor allem, weil es morgen kalt und stürmisch werden soll. So sind wir froh, dass die Hüttenwartin unser Frühstück für später stehenlässt. Die reguläre Frühstückszeit wäre um 2 Uhr. Wir bleiben lieber etwas länger im Bett und starten unsere Dom-Besteigung über den Festigrat mit dem ersten Licht des Tages.
Das Weisshorn in Rosarot
Unsere Stirnlampen brauchen wir nur für den kurzen Weg von der Domhütte zum Festigletscher. Nach etwa 300 Höhenmetern und 40 Minuten Gehzeit haben wir anstatt Geröll und Steinplatten knusprigen Schnee unter den Schuhen. Der Schnee – von der kalten Nacht gefroren und zur frühen Stunde noch griffig – reflektiert das Licht des Tagesanbruchs.
Schnell wird es hell. Die ersten Sonnenstrahlen treffen auf das Matterhorn und das Weisshorn. Die gestern noch so klar weiße Ostflanke des Weisshorns leuchtet in einem zarten Rosa. Diese wunderschöne Morgenstimmung gehört uns heute ganz allein.
Nur schwer können wir dem Morgenrot den Rücken zukehren. Aber auch das was vor uns liegt, wirkt nicht weniger beeindruckend. Dom mit Festigrat – matt, grau, abweisend und doch anziehend.
Über den gewaltigen Seracs des Hobärgletschers leuchtet die schmale Sichel des Mondes ein letztes Mal auf, bevor sie die Sonne für heute endgültig verschluckt. Der Dom mit seinem gewaltigen Gipfelaufbau schirmt uns noch lange von den wärmenden Sonnenstrahlen ab.
Zwischenstufe: Vom Festigletscher auf das Festijoch
Wir halten uns am linken Rand des Gletschers und spuren schnurstracks gerade hinauf bis auf etwa 3.600 m. Das Festijoch ist eine steile Felswand, die den Festigletscher nach Nordosten hin begrenzt. Wie eine Zwischenstufe steht sie zwischen uns und dem Einstieg zum Festigrat.
Bevor wir zum Festijoch (3.722 m) hochklettern können, wird der Gletscher flacher. Gemütlich steigen wir bis zum Fuß der Felsen auf. Früher konnte man wohl vom Festigletscher mühelos über Schnee und Eis auf das Festijoch gelangen.
Da der Festigletscher massiv abgeschmolzen ist, versperrt nun eine Felswand den Zugang zum Festijoch. Klettertechnisch ist diese Passage die schwierigste der Tour. Laut Führer erwarten uns Kletterstellen im III. Grad durch brüchiges Gestein.
Wir steigen bis zur Falllinie unterhalb des Jochs auf. Dort gewinnen wir in einem steilen Firnfeld weiter an Höhe, bis wir etwas rechts unterhalb des Festijochs wieder in die Felsen gelangen. Von hier aus klettern wir in schräger Linie von rechts nach links zum Festijoch hoch.
Das Seil lassen wir im Rucksack, weil die Einzelstellen nicht wirklich schwer sind. Was schwer ist, ist hier keinen Stein abzutreten. Bei fast jedem Schritt verschiebt sich der Untergrund. Das kann aber auch daran liegen, dass die Tour heuer noch nicht viele Begehungen hat. Einem Schuttband folgen wir jetzt bis zum Grat hinauf.
Einzelne Haken und Schlingen weisen den Weg. Da die meisten Bergsteiger diese Passage noch nachts bewältigen müssen, sind an den Felsen Katzenaugen befestigt, die im Schein der Stirnlampe reflektieren.
Wir finden ihn auch so und stehen 15 Minuten später nicht mehr am Fuße sondern am Kopf des Festijochs.
Firn, Eis & Fels: Über den Festigrat auf den Dom
Mit dem Festijoch haben wir das erste, große Zwischenziel erreicht. Was uns immer noch nicht erreicht sind die Sonnenstrahlen, die der Dom weiterhin abschirmt. Spätestens jetzt spüren wir hautnah, dass er der höchste Schweizer ist.
Am Festijoch gönnen wir uns 10 Minuten Pause. Wir trinken Tee und essen einen Riegel. Mittlerweile hat der Wind etwas aufgefrischt und es ist kühler geworden. Den Festigrat können wir bis auf seine halbe Länge einsehen; was uns verborgen bleibt ist der Gipfel des Doms.
Die fesche Linie des Festigrats führt von Nordwesten über Firn, Eis und Fels auf den höchsten Schweizer. Das Gelände wird maximal 50° steil. Bei Blankeis kann diese vermeintlich einfache Tour aber heikel und gefährlich werden, da mehrmals steile Flanken gequert werden müssen.
Die besten Verhältnisse findest du gewöhnlich früh in der Saison vor, wenn der Grat noch Großteils von Schnee bedeckt ist. In den steilen Passagen solltest du dann guten Trittschnee vorfinden.
Obwohl der Zeitpunkt perfekt ist, haben wir dennoch Respekt. Etwas zögerlich nähern wir uns dem ersten Gendarmen, umgehen diesen zunächst links im Schnee, queren aber bald wieder in die Felsen zurück, da plötzlich Eis den Firn ablöst und sich mein Pickel und meine Steigeisen als ziemlich stumpf herausstellen. Zuhause wird geschliffen, nehme ich mir vor.
Wir holen zwei polnische Bergsteiger ein, die sich für die steile Eislinie entschieden haben. Wir sind uns einig: der Weg über die Felsen ist der schnellere und gemütlichere.
Griffige Platten und steile Querungen
Wo immer es möglich ist, klettern wir im Fels. Riesige Schieferplatten bieten hervorragende Henkel zum Greifen. Und obwohl sie aussehen, als würden sie bei der leichtesten Berührung wie ein Kartenhaus auseinanderfallen, sind sie überraschend fest miteinander verankert.
Ich genieße es, mich von Platte zu Platte zu hangeln. Die Kletterstellen bewegen sich immer um den II. Schwierigkeitsgrad. Bleibt genügend Zeit, dazwischen immer wieder die Finger aufzuwärmen und die Blicke schweifen zu lassen. Meine Augen bleiben an den riesigen Seracs und Hängegletschern links von uns hängen. Hier werden urzeitliche Gewalten offensichtlich, die sich bei Wärme schnell entladen können. Genau darunter müssen wir am Rückweg vorbei, erinnere ich mich.
Bei dem Gedanken bin ich froh, dass wir immer noch im Schatten klettern. Trotzdem sehne ich den Moment herbei, wenn mich endlich die ersten Sonnenstrahlen blenden. Eine ähnlich starke Sehnsucht nach der Sonne habe ich bisher erst am Nadelgrat erlebt, nachdem wir drei Stunden durch die Dunkelheit gewandelt sind.
Ein Grat kann für dich nicht lang genug sein? Dann lies dir unseren Tourenbericht
zum Nadelgrat durch!
Irgendwann verlieren sich die Felsen im Schneegrat. Wind bläst uns von oben herab Schneekörner ins Gesicht. Und zwischen den Eistürmen blitzt die Sonne durch. Endlich!
Dom: Fels-Firn-Wechsel am Festigrat
Über eine steile Schneeflanke stapfen wir schräg nach links höher. Zügig gewinnen wir an Höhe und merken deutlich, dass wir durch unsere Mont Blanc-Überschreitung von vor drei Tagen gut an die Höhe angepasst sind.
Riesige Seracs begrenzen das Schneefeld zur Linken, rechts spitzen immer wieder Felsen aus der Eis- und Schneeauflage. Die Flanke wird nach oben hin um die 45-50° steil und verengt sich kurz zu einem schmalen Gully. Wir kommen Dank der guten Schneeauflage schnell und sicher durch die steilste Passage der Route. Bei Blankeis stelle ich mir diesen Abschnitt äußerst unangenehm und heikel vor. Darauf weist auch unsere Führerliteratur hin. Die Schwierigkeitsbewertung WS+ trifft sicher nur bei perfekten Verhältnissen wie unseren zu. Ist der Festigrat vereist, wird dieser Anstieg auf den Dom gleich deutlich anspruchsvoller.
Bei Blankeis würde ich auf jeden Fall mehrere Eisschrauben und ein technisches Eisgerät mitnehmen. Oder man legt es schlau an und besteigt den Dom über den Festigrat möglichst früh in der Saison. Ähnlich wie am Biancograt sind die Bedingungen dann mit großer Sicherheit passabel und man kann die Tour durchwegs genießen.
Finale am Festigrat: in überraschend schöner Firnlinie auf den Dom
Wir genießen heute maximal. Sturm und Kälte sind weitaus nicht so schlimm wie angekündigt. Der Festigrat liegt einsam vor uns und auch der Gipfel des Dom rückt immer näher. Als wir die Seractürme endlich überblicken können, spitzt der Nadelgrat mit seinen tausenden Zacken hervor. Dort sollen wir noch im August des gleichen Jahres eine unserer schönsten Hochtouren machen dürfen.
Oberhalb der steilen Flanke flacht der Festigrat wieder etwas ab. Mal moderat, mal etwas steiler, mal über Felsen arbeiten wir uns höher, bis sich der Grat zu einer schönen, schmalen Firnlinie verengt. Wir sind überrascht, dass der Festigrat hier wieder ein anderes Gesicht zeigt und genießen die kurze Gratwanderung.
Die eineinhalb Stunden am Festigrat sind wie im Fluge vergangen. Der Festigrat flacht ab, wir stehen unterhalb des Vorgipfels und nur noch die steile Firnlinie zum Gipfel des Dom liegt vor uns.
Auf einer Höhe von 4.479 m erreichen wir den Vorgipfel des Doms, auf den wir schnell einen Abstecher machen. Danach steigen wir zum Gabelsattel ab, auf dem die Routen über den Festigrat und die Normalroute zusammentreffen.
100 Höhenmeter fehlen uns noch bis zum Gipfel. Was eigentlich eine Angelegenheit von wenigen Minuten ist, ist auf dieser Höhe nochmals ein Kraftakt. Schwerfällig stapfe ich den Gipfelaufschwung hinauf. Die letzten Schritte über einen flachen, schmalen Schneegrat sind dann wieder leichtfüßig.
Stolz stehen wir neben dem eisernen Gipfelkreuz. Das Panorama ist beeindruckend. Vom Nadelhorn, über die Lenzspitze, von der Dufourspitze, dem Lyskamm bis zum Matterhorn steht uns alles gegenüber, was im Wallis Rang und Namen hat.
Abstieg vom Dom über die Nordwest-Flanke (Normalweg)
Wir steigen zum Gabelsattel ab und seilen uns an. Der Abstieg über die Normalroute führt uns durch die vergletscherte Nordwest-Flanke des Doms. In einem weiten Rechtsbogen umgehen wir die Gletscherabbrüche, an denen wir im unteren Teil vorbei müssen.
Man lässt am besten genügend Abstand zu den Seracs, achtet auf parallel verlaufende Spalten, bringt diesen flachen Abschnitt schnell hinter sich und steigt 50 Höhenmeter zum Festijoch auf. Hier schließt sich eine schöne Runde. Wir werfen einen letzten Blick auf den Festigrat, der jetzt in der Mittagssonne glänzt.
Dreieinhalb Stunden früher sind wir genau hier im Schatten und in der Kälte in den Festigrat eingestiegen. Jetzt schwitze ich auch ohne Jacke in meinem Merinoshirt.
Vom Festijoch klettern wir den uns schon bekannten Weg zum Festigletscher ab. Hier gilt es nochmals vor- und umsichtig zu sein. Gefühlt sind hier mehr Steine locker als fest und wir sind froh, wieder den flachen, spaltenarmen Gletscher unter den Füßen zu haben. Von nun an können wir es laufen lassen. Im Eiltempo geht’s hinab zur Domhütte.
40 Minuten später sammeln wir unsere Sachen im Lager ein und treten den langen Abstieg an.
Hallo Kniescheibe: 3.300 Höhenmeter Abstieg
Zu gerne würden wir uns vor dem drücken, was jetzt bevorsteht: der lange Abstieg zurück nach Randa. In Summe werden es am Ende des Tages 3.300 negative Höhenmeter sein, die wir am Stück absteigen müssen.
So schön wir den Hüttenzustieg gestern noch fanden, heute verteufeln wir ihn. Dennoch oder gerade deswegen erleben wir ein paar weitere unvergessliche Momente. Die Steinbockfamilie mit einer Handvoll kleiner Kitze, die uns neugierig beobachten zum Beispiel. Oder der irre gute Aprikosenkuchen, den wir uns bei einem Zwischenstopp auf der Europahütte schmecken lassen. Und natürlich die Erinnerungen an den einwandfreien Aufstieg über den Festigrat auf den Dom, die wir jetzt mit im Gepäck haben.
Die Hängebrücke lassen wir heute links liegen und steigen von der Europahütte direkt nach Randa ab. Das geht objektiv ziemlich flott – in weniger als einer Stunde sind wir zurück im Ortskern. Subjektiv dauert diese Stunde eine Ewigkeit. Die Fußsohlen brennen, die Knie stechen bei jedem Schritt, der Kopf will nicht mehr. Und so wie es immer ist und sein wird, sind die Mühen vergessen, als wir im Tal unsere Rucksäcke von den Schultern fallen lassen. Die schönen Eindrücke überwiegen und wir freuen uns auf die nächste Westalpentour, die hoffentlich wieder jeden Schritt wert sein wird.
Dom via Festigrat: Diese Ausrüstung war dabei
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