Vor längerer Zeit war ich einmal an einem Anlass mit einem feurigen Prediger, der mich überforderte. Mit dem angeschlagenen Tempo, der Dynamik und Intensität des Abends konnte ich nicht mithalten und warf das Handtuch für die Folgeabende. Ich habe damals gesagt, dass meine Spiritualität weniger mit Formel 1 als mit einer Tandemfahrt zu tun habe.
Ich bin mit Überzeugung kontemplativ und ruhig unterwegs. Vielleicht ist das ja nur eine Typenfrage. Jedenfalls möchte ich keinem Formel-1-Christen seinen Zugang madig machen. – Der heutige Blogpost auf peregrinatio hat mir aus dem Herzen gesprochen:
Heute morgen sprach ich mit der theologischen Referentin einer großen Kirche über eine noch relativ junge charismatische Gruppierung in ihrem Zuständigkeitsbereich, die ihr einige Sorgen bereitet. Die Kritik konnte ich mühelos nachvollziehen. Sie sprach davon, dass dort eine Radikalität und enorme Intensität zur Norm erhoben wird, die keinen Raum mehr dafür lässt, dass sich die Art zu glauben und das Engagement im Laufe eines Lebens verändert und entwickelt. Stattdessen wird jedes Nachlassen des religiösen Eifers und jedes Abweichen von der „klaren“ Linie mit Schuldgefühlen belegt.
Genau das war der Grund, warum ich irgendwann anfing, mich als „Postcharismatiker“ zu bezeichnen. Mir wurde schmerzhaft bewusst, dass ich die ständig geforderte, vermeintlich „normale“ Betriebstemperatur auf Dauer nicht halten kann, ohne daran innerlich kaputt zu gehen und andere kaputt zu machen. Der Weg zu dieser Einsicht hat aber ein paar Jahre gedauert, und vielleicht findet die betreffende Gruppe ihn ja auch noch irgendwann und muss dann andere Formen und Erfahrungen nicht mehr abschätzig bewerten.