Die SPD hat eine harte Woche Arbeit hinter sich. In Berlin verhandelt sie eine Koalition, die niemand außerhalb der CDU wirklich will. In Leipzig muss sie sich nun durch einen Parteitag quälen, der nur ein schlechtes Signal setzen kann:
Entweder kommt dabei heraus, dass die Basis nicht hinter den Unterhändlern in Berlin steht und dass die Geschlossenheit der Partei leidet, oder eben, dass man sich begeistert in eine neue Runde mit Angela Merkel stürzt, was außerhalb der CDU für nicht minder große Irritation sorgen würde, während es die Verhandlungsposition gleichermaßen schwächt.
Ein entschiedenes Entweder-Oder ist es denn auch, dass Leipzig bislang aussendet: Man will nicht wollen müssen, aber müssen wollen sollte man schon. Vorsitzender und Stellvertreter gehen mit schlechteren, aber keineswegs so desaströsen Ergebnissen nach Hause, wie die Presse sich das gerade zusammenschreibt; wie wirklich schlechte Ergebnisse aussehen, darf dann der Vorstand erfahren, bei dem selbst bekannte Namen in einen zweiten Wahlgang müssen. Die werden jetzt solange gewählt, bis sie gewählt sind, und was dabei schmerzt, ist nicht mal, dass Leute abgestraft werden, die eigentlich nichts für das Dilemma können, in dem die Partei steckt, sondern dass sie symbolträchtig keine Alternativen haben und auch als alternativlos präsentiert werden.
Alternativlos – da war doch was.
Und dass auch der Koalitionsvertrag zum Schluss als alternativlos dargestellt werden wird, durfte sich die Basis vorher schon andächtig zwei Stunden lang von Sigmar Gabriel erklären lassen. Was wäre, wenn wir den Mindestlohn durchsetzen können, aber es dann nicht tun, weil die doppelte Staatsbürgerschaft nicht kommt? Wie könnte man erklären, dass man endlich gleichen Lohn für gleiche Arbeit durchsetzt, aber dann nicht regiert, weil das Ehegattensplitting bestehen bleibt?
Stimmt alles. Gäbe es nicht eine Mehrheit im Bundestag, die alle vier genannten Punkte jubelnd umsetzen würde, fände ich das durchaus überzeugend. Es gibt aber diese Mehrheit.
Andächtig lauschte die Basis, bedächtiges Nicken auch bei der Passage, in der wir uns dafür kritisierten, kein Angebot an die Leute gemacht zu haben, die alles toll finden. Wir müssen Geld ausgeben, dass wir nicht haben, für Leute, die es nicht brauchen, damit sie eine Politik unterstützen, die Menschen hilft, für die wir dann aber leider nicht mehr genug Geld haben - das ist die Logik der letzten vier Jahre, mit dem Unterschied, dass dann die SPD und nicht mehr Ursula von der Leyen den sozialpolitischen Lendenschutz dieser Regierung bilden wird.
Sie könnte stattdessen den Kanzler stellen, und die Richtlinien selbst vorgeben. Sie könnte das ganze mit ihren Steuerplänen finanzieren, die außerdem noch mehr Steuergerechtigkeit erzeugen würden, und nicht etwa mit einer weiteren Steuer, die keine soziale Progression aufweist wie die Pkw-Maut. Sie könnte eine neue europapolitische Ära begründen, und das schlimmste Opfer wäre der Verzicht auf Kriegseinsätze, was einer Partei, die sich mal als „Friedensmacht“ plakatiert hat, nun wirklich nicht schwer fallen sollte. Sie könnte eine Energiewende machen, die dem Gebaren der vier Stromriesen ein Ende setzt und die nächsten Milliarden mit der demnächst fälligen Brennelementesteuer abgleichen, die da in Berlin auch wieder klammheimlich vom Tisch fallen soll. Sie könnte die Banken regulieren und nach Schweizer Vorbild einen Maximalabstand zwischen den Gehältern innerhalb eines Unternehmens ausrufen, was fast noch besser wäre als ein Mindestlohn. Sie könnte die Privatisierung der Sozialsysteme beenden.
Und sie hätte eine Bundesratsmehrheit dazu, und sie hätte sie auch für die Quote, für die Gleichstellung und sogar für einen gottverfluchten Veggie-Day, den ich zwar auch nicht brauche, aber dann wollen würde. Menschen, deren größtes Problem es ist, einmal pro Woche - wohlgemerkt auf der Arbeit, nicht mal zu Hause - kein Schnitzel essen zu können, und die das zum Kern ihres Wahlverhaltens machen, gehören eigentlich ohne Nachtisch ins Bett, das kommt dem so nahe wie möglich.
Erstick daran, Hochleistungs-Schlitzmaschine. Sie wissen nicht, was das ist? Gleich mal googeln: In ein paar Wochen wird das Ding meine briefgewählte Entscheidung öffnen und zur Zählung bereitmachen. Sie kennen Sie jetzt schon.
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