Wer in Deutschland einen Schatz findet, muss ihn laut Gesetz dem Land überlassen. Doch einige Goldgräber verheimlichen ihren Fund lieber, als ihn abzugeben.
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»Jeder Schatz, der tiefer in der Erde vergraben ist, als ein Pflug geht, gehört in die Verfügungsgewalt des Königs«, heißt es im Sachsenspiegel, dem bedeutendsten Rechtsbuch des deutschen Mittelalters. Könige regieren in Deutschland zwar nicht mehr, dieses Gesetz gilt trotzdem: 13 Bundesländer haben das »Schatzregal« (lat. regalis = königlich) in ihren Denkmalschutzgesetzen verankert.
Ein Hobby-Schatzsucher stieß in England auf einen riesigen Goldschatz. In Deutschland bekäme er dafür eine Strafe statt Finderlohn
Wer also beispielsweise eine antike Münze, Scherbe oder ein Schwert findet, muss sie dem Land überlassen – es sei denn, er ist nachweislich der rechtmäßige Erbe seines Fundes. Das zu beweisen fällt aber oft schwer. Schließlich sind die Funde jahrhundertealt. Übergibt der Hobby-Archäologe seinen Fund nicht, begeht er damit eine Straftat. Eine Prämie bekommt er oft nicht, in Mecklenburg-Vorpommern wird sein Name zum Dank im »Jahrbuch Bodendenkmalpflege« veröffentlicht. Immerhin.
Der Jurist Ralf Fischer zu Cramburg hat ein Standardwerk zum Thema geschrieben: Die erste Schrift seit 300 Jahren, die sich mit dem Schatzregal beschäftigt. »Die Regelung ist verfassungswidrig«, sagt er. »Und sie verfehlt ihr Ziel.« Denn eigentlich sollen durch das Schatzregal bedeutsame Entdeckungen für Wissenschaft und Nachwelt erhalten bleiben. Doch einige Goldgräber verheimlichen ihren Fund lieber, als ihn abzugeben.
Manche verschleppen ihn auch nach Hessen, Bayern oder Nordrhein-Westfalen. Denn dort gibt es kein Schatzregal. Hier gehört ein Fund zur Hälfte dem Finder und zur Hälfte dem Grundeigentümer. »Es kommt immer wieder zur Fundortverschleppung«, sagt Polizeioberkommissar Eckhard Laufer, der sich in Hessen seit fast 15 Jahren um den Kulturgüterschutz kümmert. Er hat die Erfahrung gemacht, dass es einen Raubgräber nicht interessiert, ob es ein Schatzregal gibt oder nicht gibt. »Ein Raubgräber will immer den größtmöglichen Gewinn erzielen«, sagt Laufer.
Einige 10.000 Hobby-Archäologen suchen in Deutschland nach Schätzen. Darunter Ehrenamtliche, die den Denkmalämtern bei ihrer Arbeit helfen, aber auch sehr viele Raubgräber, also jene, die ohne die erforderliche amtliche Genehmigung graben. »Wir sollten es wie die Briten machen«, sagt der Jurist Fischer zu Cramburg. Seit 1996 überlässt der Staat dort dem Finder seinen Schatz, oder er kauft ihn ihm ab.
In Deutschland lehnen Landesarchäologen eine Regelung nach englischem Vorbild ab. Schließlich gebe es auch hierzulande Millionen Funde im Jahr. Und wer soll die bezahlen? Hinter vorgehaltener Hand heißt es sogar: »Wir bezahlen doch nicht Einzelne dafür, dass sie etwas hergeben, was ihnen gar nicht gehört.« Denn unsere Geschichte, so argumentieren die Fachleute, ist unser gemeinsames Erbe und muss deswegen wie alle ihre Zeugnisse der Öffentlichkeit gehören.
via Hobbyarchäologen: Kein Finderlohn | Wissen | ZEIT ONLINE.