© Twentieth Century Fox of Germany GmbH / Anthony Hopkins ist Alfred Hitchcock
Der Name Ed Gein ist in der Filmwelt tief verwurzelt, auch wenn er nie selbst verwendet wurde. Horrorfilme wie„The Texas Chainsaw Massacre“, „Das Schweigen der Lämmer“ oder aber Alfred Hitchcocks „Psycho“ bedienen sich der Taten dieses Massenmörders aus dem US-Bundesstaat Wisconsin. Ende der 50er Jahre wurden in seinem Haus Teile von Menschenkörpern gefunden. Gein gestand daraufhin mehrere Leichen aus ihren Gräbern ausgehoben zu haben um damit sein Haus zu verzieren. Aber auch der eigenhändige Mord an zwei Frauen geht auf sein Konto. Leatherface, Jame Gumb oder Norman Bates, sie alle ziehen ihre Inspiration aus Ed Gein. Dieser darf nun, gespielt von Michael Wincott, auch einmal höchstpersönlich auf der Leinwand erscheinen, eröffnet Sacha Gervasis „Hitchcock“, ein Film über das Wirken und Schaffen des ‘Masters of Suspense’ zu Zeiten der Dreharbeiten zu „Psycho“.
Hier sieht man Gein dann eingangs kurz auf seiner Farm arbeiten, nur um wenig später schon mitzuerleben, wie er seinem Partner auf dem Felde die Schaufel über den Schädel zieht. Dann tritt Alfred Hitchcock ins Bild und begrüßt die Zuschauer, stellt uns Ed Gein vor, ohne den es laut Hitchcock diesen kleinen Film vermutlich nicht geben würde. Hinter dem Regisseur, von seinen Freunden kurz Hitch genannt, verbirgt sich Anthony Hopkins in einer Fettmaske, etwas breiter und mit dem signifikanten Doppelkinn. Er erinnert ein wenig an Danny DeVitos Darstellung des Pinguins in Tim Burtons „Batmans Rückkehr“, manches Mal etwas unförmig, immer aber gut genug um als Hitchcock erkennbar zu sein.
Anthony Hopkins mit Helen Mirren
Während sich die kürzlich auf dem amerikanischen Sender HBO ausgestrahlte Verfilmung „The Girl“ mit Toby Jones in der Rolle des Hitch auf das Buch„Spellbound by Beauty: Alfred Hitchcock and His Leading Ladies“ stützte und von der Beziehung des Regisseurs zu seiner „Die Vögel“-Hauptdarstellerin Tippi Hedren erzählt, basiert „Hitchcock“ lose auf Stephen Rebellos „Alfred Hitchcock and the Making of Psycho“. Leider entfernt sich Gervasi ein wenig zu sehr von dieser Buchvorlage, die sich größtenteils wirklich mit der Erschaffung dieses filmischen Meilensteins beschäftigt. In „Hitchcock“ werden weit ausschweifende Ausflüge in das Privatleben des Regisseurs unternommen, zugleich wird Ed Gein immer wieder als Wahnerscheinung hinzugefügt, um Hitchcocks Besessenheit mit seinem Film zu symbolisieren. Dinge, die der bloßen Interpretation Gervasis angerechnet werden müssen.
Immer wieder bekommt man zu spüren, wie Hitchcocks Vorliebe zu jungen, blonden Damen den Ärger seiner Ehefrau Alma (Helen Mirren) auf sich ziehen, diese sich im Gegenzug zu dem erfolglosen Drehbuchautor Whitfield Cook (Danny Huston) orientiert. Das Drama der Ehe übernimmt einen großen Anteil, paart sich mit komödiantischen Auftritten Hitchs, der ohne seine Ehefrau eher unbeholfen durch die Welt watschelt. Von daher passt schon der Buchtitel der Vorlage nicht so richtig zu dem entstandenen Film, da „…the Making of Psycho“wohl die geringste Rolle in „Hitchcock“ spielt.
Anthony Hopkins mit Scarlett Johansson
Aber wenn der Film dann mal in eben genau diese Geschichte eintaucht, dann wird es amüsant und interessant. Angefangen bei der eigentlichen Idee die Geschichte des Massenmörders Ed Gein auf die Leinwand zu bringen, was bei einem Pressetermin für Aufregung sorgt. Hitch zeigt Fotos der Opfer, der toten Körper in Geins Haus, was geschockte Gesichter provoziert. Aber bereits hier merkt der Filmemacher mit Gespür, dass sein Versuch geglückt ist, denn so geschockt seine ‘Zuschauer’ in diesem Moment auch sind, sie können ihre Blicke doch nicht von dem Horror abwenden. Eine erste Bestätigung seiner Idee. Weiter geht es zu den Zensoren, die den Film von vornherein nicht bewilligen wollen. Die markante Duschszene, die noch heute im Mittelpunkt von „Psycho“ steht, dank den einmaligen Schreien von Darstellerin Janet Leigh (Scarlett Johansson) sowie der schrillen Musik von Bernard Herrmann (Paul Schackman), sollte laut Zensur-Behörde von außerhalb des Hauses, durch ein Fenster hindurch, nur als Silhouette zu erkennen sein. Sowohl der Einsatz eines Messer sollte verhindert werden, wie auch das Zeigen von nackten Fleisch. Aber auch die geöffnete Toilette stieß auf Ablehnung. „Psycho“ wurde dennoch zum ersten US-Film in dem man eine Toilettenspülung sehen und hören konnte. Es sind diese filmischen Anekdoten, die zur Stärke von „Hitchcock“ werden, die detailgetreu ihren Weg in Gervasis Film gefunden haben. Es zeugt von weitaus mehr Esprit bei den Dreharbeiten von „Psycho“ zuzusehen, Hitchcock am Set zu erleben, wie er mit seinen Darstellern umgeht, seine Vision eines Films wahr werden lässt, als seinem persönlichen Leben zu folgen.
Am Ende freut man sich dann aber mit Anthony Hopkins, wenn Hitchcocks „Psycho“ endlich seine Premiere feiert und das Publikum begeistert von der Duschszene erschreckt ist. Der ‘Master of Suspense’ tänzelt derweil vor dem Kinosaal, bewegt seine Hände beschwingt zur Mordszene auf der Leinwand. Ebenso erleichtert über den Erfolg seines Films schreitet er dann am Ende über den Roten Teppich aus dem Kino hinaus, seine Ehefrau Alma an seiner Seite. Dann tritt er noch einmal direkt vor die Kamera, bricht wie schon zu Beginn die dritte Wand und adressiert, wie es Hitchcock selbst in seinen Filmen gemacht hat, das Kinopublikum. Mit wenigen Sätzen verabschiedet er sich, lässt „Hitchcock“ mit den Worten ‘Good Evening’ enden.
“Hitchcock“
Originaltitel: Hitchcock
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2012
Länge: ca. 98 Minuten
Regie: Sacha Gervasi
Darsteller: Anthony Hopkins, Helen Mirren, Scarlett Johansson, Danny Huston, Toni Collette, Michael Stuhlbarg, Michael Wincott, Jessica Biel, James D’Arcy, Kurtwood Smith
Deutschlandstart: 14. März 2013
Offizielle Homepage: hitchcockthemovie.com