HIT THE ROAD -Französische Atlantikküste im Wohnmobil: 1.Teil

Von Eva Grossert @HiddenGemReise

Wer zum ersten Mal einen Wohnmobiltrip plant, bzw. wie wir, planlos angeht, kommt um die kunterbunten Post-it Zettel nicht umher. Überall im Haus kleben sie, mahnen oder erinnern: Die blaue Hängematte! Neopren-Shorty! Boogie-Board fürs Tochterkind! Ausreichend Katzenfutter den Nachbarn da lassen! Regenjacke! Ersatzmesser, Schneidebrett und Sieb (erfahrungsgemäß sind diese in Campern nie ausreichend vorhanden und stumpf sowieso, wetten, dass?!).

Während ich also unseren, gefühlt gesamten, Hausstand im Wohnmobil unterbringe, fiebert ganz Deutschland mit der Nationalmannschaft.

Ich renne hochnervös (hauptsächlich wegen dem Endspiel ) wie ein aufgescheuchtes Huhn zwischen Camper, Küche und Fernseher hin und her und karre kopflos kistenweise Kram in unser rollendes Haus. Sechzig Prozent unnötiger Kram, wie sich am Ende herausstellt und das wichtigste (Korkenzieher zum Beispiel, praktische Tupperdosen, Wäscheleine und Klammern) doch vergessen!

Mit diesen Mengen hätten wir unseren Trip gut und gerne auf drei Monate ausdehnen können, und dennoch war ausreichend freier Platz vorhanden. Statt dem gebuchten Campervan für drei Personen haben wir vielmehr ein „Monstermobil“ als nett gemeintes Upgrade erhalten. Die gesamte Nationalmannschaft hätte darin Platz gefunden!

Das Spiel zieht sich in die Läääänge, alle werden noch nervöser. Wir wollten längst um 23.00 Uhr abgefahren sein, um wenigstens noch 2-3 Stunden Strecke zu machen – bis an die französische Grenze, das wäre schön.

Ausgerechnet jetzt werden wir Weltmeister! Wir können uns von der Glotze nicht trennen, sind im Freudentaumel und kommen erst weit nach Mitternacht los.

Das Tochterkind fällt vor Erschöpfung umgehend in einen Tiefschlaf und wir schaffen es mit dem Rest-Adrenalin im Blut noch bis nach Stuttgart, um dann die erste Nacht in unserem temporären Zuhause an der Autobahn Raststätte zu verbringen. Aber wen stört das schon, wenn man Weltmeister ist und sogar sein eigenes Bettzeug, die Lieblings-Blümchen-Teetasse und eine prima Playlist für die Fahrt dabei hat?

Erste Etappe Île de Ré

Trotz eingeplantem Fahrerwechsel haben wir die Strecke von München bis zu unserem ersten Zielpunkt, La Rochelle und die Île de Ré gnadenlos unterschätzt. Wir sind schließlich nicht im Porsche unterwegs. Rund 1300 Kilometer liegen vor uns. Wir planen kurzfristig um, fahren „nur“ bis an die Loire und verbringen eine Nacht in Blois, bekannt durch sein wunderschönes Loireschloss, dass wir uns nicht nehmen lassen, zu besichtigen.

Wenn wir unseren Plan wahr machen und tatsächlich die ganze Küste bis zur spanischen Grenze erkunden, kommt noch eine ganze Menge an Kilometern obendrauf. Egal, wir freuen uns riesig auf die erste Nacht am Meer in unserem kuscheligen Monstermobil.

Was wir so nicht erwartet haben: Frankreichs Gesamtbevölkerung bewegt sich im Juli nach links und rechts unten an die Küsten, und trotzdem kippt das Land nicht, wie ich schon hier festgestellt habe. Dennoch, wir finden noch ein nettes Plätzchen auf einem Stellplatz direkt am Wasser. Stellplätze sind generell die besten Erfindungen, wie ich schnell gelernt habe, und von dem hier bewegen wir uns die nächsten Tage erst einmal nicht weg.

Îlé de Ré, die weiße Insel, ist das Sylt Frankreichs und ein wahres Paradies für Radler. So ein Gefährt haben wir selbstverständlich auch im Gepäck und damit wird die Insel unsicher gemacht, bis es uns Urlaubsnomaden wieder unter den Füßen kitzelt.

 

Next Stop Dune Pilat und Arcachon Becken

Europas größte Düne am südlichen Ende des Arcachon-Beckens zieht uns an. Stellplätze gibt es in dieser Ecke leider nicht mehr. Wir quartieren uns etwas widerwillig auf dem Campingplatz „Panorama du Pyla“ ein – in der Nebensaison zugegebenermaßen ein hübsches Plätzchen. Jetzt brechend voll und in hinterster Reihe eher weniger ansprechend, noch dazu ausnahmslos überteuert. Die Lage direkt am Wasser, neben der Riesendüne macht allerdings viel wieder wett.

Am Himmel türmen sich dramatisch schöne Wolken, es riecht nach Pinien und nach salzigem Meer. Während Tochterkind und ich begeistert die Paraglider bewundern, die wie farbige Vögel geräuschlos am Himmel tanzen, rangiert der Mann das Wohnmobil, damit es richtig steht (nämlich gerade) und sorgt dafür, dass es Futter bekommt – Strom und Wasser. Gas haben wir selbst an Board. Klare Rollenverteilung denke ich mir, schaue ihm aber trotzdem nochmal über die Schulter. Sicher ist sicher.

Am nächsten Morgen frischt der Wind auf, erste Tropfen fallen. Zum Glück haben wir die 110 Meter hohe Düne bei strahlendem Sonnenschein gestern schon erklommen und besprungen.

Ein Stadt- und Promenadenbummel im hübschen Städtchen Arcachon bietet sich an.

 

Ab ins Surfer-Mekka

Die Wolken reißen wieder auf. Lange hält sich schlechtes Wetter scheinbar nie am Atlantik, wie wir im Verlauf der gesamten Reise lernen. Dennoch zieht es uns weiter. Wir wollen wieder mehr Freiheit, raus aus dem übervollen Campingplatz mit Animations-Gedöns und endlich auf die Bretter, raus aufs Wasser.

Wir machen uns auf ins 150 km entfernte Moliets Plage, eines der sich nun aneinanderreihenden, weltbekannten Surfer Mekkas entlang der Küste.

Die Landschaft wechselt abrupt. Wo vorher Dünen und breite Kiefernwälder die Sicht auf Küste und Meer genommen haben, wirkt nun alles viel offener aber auch rauer.

Moliets Plage schockt uns. Erwartet haben wir ein charmantes Urlaubsörtchen, klein ist es nur auf der Karte verzeichnet, doch was wir erleben, ist eine Urlaubsmaschinerie, mit riesigen Campingplätzen, Vergnügungsarea und allem Drum und Dran, was sich der Franzose in seinen wohlverdienten Ferien wünscht. Immerhin finden wir einen prima Stellplatz, mit lustigen Menschen und Gefährten aus allen Herrenländern, und der breite, weitläufige Strand entschädigt uns zudem.

Zugegebenermaßen essen wir auch hervorragend und preiswert im „Cave aux Moules“ auf dem Weg zum Meer.

Nur auf die Bretter schaffen wir es wieder nicht. Zu unberechenbar brechend und bösartig sind Wellen und Strömung. Für mich Daueranfänger sowieso. Weil die Küste hier selten Buchten hat, wirbelt der Wind das Wasser schnell durcheinander.

Dann eben Badetag. Die Sonne lacht und dann ist sowieso alles wieder großartig! Wir dösen im Schatten und sind versöhnt. So muss sich Urlaub anfühlen.

Mit Sonne satt fahren wir weiter die Küste entlang nach Messanges (superduper Strand und kostenloser Stellplatz – allerdings ohne Anschlüsse, sowie dem charmanten Restaurant La Hitillère) und Vieux Boucau (netter Markt) bis nach Hossegor, dem wahren Surfer-Eldorado. Berühmt ist es für seine erstklassigen Wellen, die vielen Cafés, Restaurants und Surf-Shops. Vor allem „La Nord“, eine Welle, die direkt vor dem Stadtstrand Hossegors bricht und bis zu einer Höhe von acht Metern noch surfbar ist, hat unter Wellenreitern Weltruf.

Die Shorebreaks, die direkt auf dem Strand brechen, sind hier an der Küste lebensgefährlich. Das bekommen wir des Öfteren auch zu spüren. Schon beim Versuch, in der Badezone ins Meer zu gehen, bekommt man es zeitweise mit der Angst zu tun. Für Kinder leider nicht ideal. Das Tochterkind wurde trotz Boogie-Board mehrmals gründlich durchgespült und hat nun so gar keine Lust mehr auf ein Badevergnügen im Meer.

Im Wasser tummelt sich letztendlich nur noch der Mann und die Damen gehen dem gepflegtem Savoir-Vivre und Shoppingvergnügen nach.

Abends fallen wir todmüde ins Bett. Wir haben einen hervorragenden Stellplatz (den besten der ganzen Reise, ich verrate ihn gerne auf Nachfrage) erwischt. Im ruhigeren Nachbarort Capbreton. Direkt hinter der Düne, einem wunderbaren Strand, netten slowenischen Camper-Nachbarn, mit einer Spielgefährtin für unsere Tochter und sogar Baguette Lieferservice am Morgen. Den Platz geben wir nicht mehr her. Wir haben ja unsere Fahrräder dabei und erstrampeln uns die Gegend.

Nach Hossegor und Capbreton verlassen wir die Atlantik-Küstenregion Aquitanien in Richtung französisches Baskenland. Das nur ca. 20 Kilometer entferne Biarritz ist unser Ziel.

Wie es in dem mondänen Seebad so zugeht und wo die besten Wellen und Camper-Hotspots dort zu finden sind, lest ihr in Teil II unseres Roadtrips entlang der französischen Atlantikküste.