Pünktlich um 20 Uhr betritt die Band ohne großes Brimborium die altehrwürdige Waldbühne. In Reihe 7 -quasi in Front of Stage, halbrechts platziert- habe ich einen nahezu perfekten Blick auf das Geschehen vor mir. Neil -ganz in schwarz förmlich eingehüllt (sogar mit Schal gegen die doch dem Fastsommer unwürdigen Temperaturen)- wirkt zwar für einen kurzen Moment etwas orientierungslos, doch sobald ihm seine Gitarre umgehängt wird und er seine Position eingenommen hat, ist davon nicht der kleinste Schimmer mehr zu merken. Und so rocken die Herren Neil Young, Frank „Poncho“ Sampredo, Billy Talbot und Ralph Molina ab der ersten Sekunde das Haus. Natürlich in bekannter Manier und doch erstaunenswert, weil so doch vielleicht nicht ganz erwartbar. Bekanntlich ist Berlin die erste Station ihrer „Alchemy 2013“-Europatournee. Und auch davon ist zu keiner Sekunde etwas zu merken. Die Herren strotzen nur so vor geballter Energie! Selbst einem mitunter auch mal -je nach Tageslaune- etwas mürrisch rüberkommendem Neil Young scheint heute alles mit Leichtigkeit von der Hand zu gehen. Von seiner glockenartigen sensationellen Voice ganz zu schweigen! Frank duelliert sich mit seinem „Chef“ so manches Mal und ihm steht dabei die Freude daran förmlich ins Gesicht geschrieben. Und was Billy an Bass-Lines herausdonnern lässt, gleicht einem Tornado, der hier gleich alles niederzuwalzen droht. Unglaublich! Und bei den Backing Vocals sind er als auch Drummer Ralph sowieso unschlagbar. Und Neil drückt auf’s Tempo – wohlwissend, dass hier um 22 Uhr wieder Ruhe einkehren muss. Ansonsten drohen Sanktionen wegen Ruhestörung. Und so durfte ihm sein Gitarrenrowdy einige Male hinterherrennen, um den Gitarrengurt noch richtig anzulegen oder die Gitarren selbst ordentlich einzustöpseln. Sichtlich amüsiert wunderte sich Neil, dass es hier in unseren Breitengraden wohl nie dunkel wird. War doch auch dieser Umstand der Tatsache geschuldet, weit vor Mitternacht zu enden.
Die Mischung aus neuem Material des letzten Albums („Psychedelic Pill“, „Walk Like A Giant“, Ramada Inn“) und alten Standards („Love And Only Love“, „Powderfinger“, Fuckin‘ Up“, „Cinnamon Girl“, „Mr. Soul“, Hey Hey, My My“, „Like A Hurricane“) ließ bei so manchem Besucher dieses denkwürdigen Abends mit hoher Garantiequote mehrfach dieses herrliche Gefühl von Schauernläufen über die gesamte Hautfläche entstehen. Klotzen -nicht Zaudern- war angesagt! Was sich da über uns an Feedbackorgien, Gitarrendonner, Bassgrollen und Drumwummern „ergoss“, war einfach nur geil (wie man doch heute besonders beeindruckende Situationen oder Momente zu umschreiben pflegt - nein eigentlich damit genau auf den Punkt bringt!). Es wurde oben und unten gerockt was das Zeug hält und aus tausendfachen Kehlen mit gegrölt! Genial! Luftholen war heute eigentlich nur während des kurzen Acoustic-Set im Mittelteil bei „Heart Of Gold“ über „Blowin‘ In The Wind“ bis „Singer Without A Song“ möglich.
Danke, Neil Young & Crazy Horse, dass Ihr das nochmals Wirklichkeit werden ließet! Danke auch an den gleichwertigen Support Los Lobos! Euch hatte ich schon lange auf meiner Konzertagenda.