Hinter Gittern

Von Robertodelapuente @adsinistram
Assad ist überführt. Nein, es gibt keine neuen Fakten, die man nicht auch den Rebellen zuschieben könnte. Der Spiegel hat einfach Fakten geschaffen. Man muss das Interview mit dem syrischen Präsidenten gar nicht gelesen haben, um zu verstehen, dass Assad der Täter sein soll.

Spiegel-Cover vom
7. Oktober 2013

Selbst im ZDF-Morgenmagazin, nicht gerade für kritische Berichterstattung bekannt, gab es anfangs, als der Tatbestand des Einsatzes chemischer Waffen bekannt wurde, grobe Bedenken an Assads Schuld. So erklärte eine Korrespondentin, dass die wenigen bekannten Fakten auch gegen die Rebellen sprechen könnten. Eine hochgenommene Rebellentruppe habe - und das schon Wochen vor dem Chemiewaffen-Einsatz - Material mit sich geführt, das für den Abschuss von Giftgas notwendig sei. Man bezog sich ferner auf russische Medien, die durchaus die Möglichkeit sahen, dass es die Rebellen waren. Zwar müsse man bei russischen Medien von Parteilichkeit ausgehen, sagte die Korrespondentin weiter, man dürfe aber nicht den Fehler machen, sie deswegen gleich vorweg als falsch wegzuschieben.

Über solche Kleinigkeit scheinen Spiegel-Journalisten erhaben. Dass man nichts Genaues nicht weiß, stört sie nicht weiter, trotzdem irgendwas Genaues zu formulieren. Wie er mit dieser Schuld lebe, fragen sie Assad provokativ und suggestieren damit, dass die Regierung Syriens für den Giftgaseinsatz verantwortlich war. Das Cover ist nicht mehr lediglich Ausblick, nicht mehr bloß Teaser, der Geschmack auf ein Interview machen soll. Es ist Richterspruch und bricht den Stab.
Hierzu werden optische Mittel verwendet, die verdeutlichen sollen, dass man nicht nur mit einem Staatspräsidenten sprach, sondern überdies mit einem Nahost-Hitler, einem Massenmörder, der trotz schwerer Schuld die Chuzpe besitzt, dem Westen ein Interview zu geben. Assad wird hierzu hinter drei schwarze Balken drapiert. Er wirkt dabei wie hinter Gittern, wie seiner Schuld überführt und verurteilt. Die schwarzen Balken fungieren hier als die Aura der Schuldigkeit. Sein Lächeln wirkt nun nicht mehr sympathisch, es modifiziert sich ins Freche, in die fiese Lache eines Schlächters. Und die Frage gerät dabei fast schon zur Staffage. Natürlich klappt dieses Konzept aber nicht ohne sie. Sie ist der Kernsatz der Kampagne.
Assad ist sicher kein Musterknabe. Als Oberhaupt einer Regierung im Bürgerkrieg wird er zwangsläufig Blut an den Händen haben. Für den Einsatz von chemischen Waffen kann er jedoch nicht verantwortlich gemacht werden, solange es keine stichfesten Beweise gibt. Dem Spiegel gelingt es, obwohl Nikolaus Blome noch nicht mal stellvertretender Chefredakteur ist, sich seine eigenen Fakten zu erschreiben. Das ist nicht journalistisch, das ist perfide und politisch motiviert. Mit diesem Stück hat der Spiegel nachdrücklich unterstrichen, dass er weiterhin gewillt ist, unanständigen Journalismus ohne Anspruch auf Neutralität zu betreiben. Blome dürfte diesen Trend dann ab Anfang Dezember verschärfen.
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