Hingehen, bitte: Fête de la Musique

Erstellt am 20. Juni 2011 von Stereopol

Der Sommer, das ist bekanntermaßen die Zeit der Musikfestivals: Zu Tausenden mobilisieren sich die Festivalgänger, um einige Tage aus Liebe zur Musik auf den gewohnten Alltagskomfort zu verzichten. Eine angenehme Ausnahme bildet in der Schwemme dieser Festivals die Fête de la Musique, die 1982 vom Kultursenat Paris zum Leben erweckt wurde und auch in Berlin seit 1995 jährlich zum 21. Juni stattfindet. Keine Schlacht um teure und oft auch schnell ausverkaufte Tickets, keine schmutzigen Campingplätze, keine Anreise über Stock und Stein – dafür einige Stunden kostenloser musikalischer Unterhaltung auf über 100 Bühnen, verteilt in der ganzen Stadt.

Da man bei der großen Menge an Künstlern schnell mal den Überblick verlieren kann, hier eine Handvoll (natürlich völlig subjektiv gewählter) Highlights:

18:30 Uhr, Mauerpark: Ghost of Tom Joad

Aus Münster kommt nicht nur der beste Tatort, sondern auch das Trio Ghost of Tom Joad: Christoph, Jens und Henrik haben sich bei Ihrem Bandnamen von José Gonzalez inspirieren lassen, der sich wiederum bei Bruce Springsteen bedient hat, welcher seine Anregungen aus John Steinbocks Roman ‘Früchte des Zorns’ schöpfte. Kompliziert? Ein bisschen. Dafür macht die Band ganz unkomplizierten Post-Punk, der seit dem aktuellen Album auch in einem etwas düstereren Touch gehalten wird.
www.ghostoftomjoad.de

19:00 Uhr, Lido: Emergenza Artistpool / Rock im Grünen Showcase

Gerne überspringt man beim Studieren des Spielplans die unbekannten Namen zugunsten der populäreren Künstler. Veteranen der Fête de la Musique wissen jedoch, dass ein Besuch des Newcomer-Showcases unter Umständen sogar den Auftritt eines Massenlieblings übertreffen kann. Denn wer kennt es nicht, dieses Gefühl, ganz frisch verliebt zu sein? Wir lassen uns dieses Jahr im Lido den Kopf verdrehen: Neben KOLUMBUS KILL, Leo hört Rauschen sowie Dance On The Tightrope spielen dort nämlich auch The Perfect Pineapple – vier Jungs aus Berlin, die kürzlich ihre ‘Water Crown EP’ veröffentlichten und mit eben dieser eine beachtliche Variabilität demonstrieren: Egal, ob flott oder doch gefühlvoll – Der Sound von The Perfect Pineapple bewegt sich ganz souverän zwischen den Extremen, ohne dabei jemals den jugendlich-lässigen Touch zu verlieren.
www.theperfectpineapple.com

19:30 Uhr, Cassiopeia: Deine Elstern aka Sookee & Kobito

Hip-Hop ist engstirnig, sexistisch und stumpf? Falsch! Sookee und Kobito, die zusammen als Deine Elstern auftreten, sind ein beeindruckendes Gespann: Gemeinsam musizieren die beiden gegen Homophobie, Sexismus und Nationalismus. So textete die studierte Linguistin Sookee kürzlich den in der Szene beliebten Ausspruch “No Homo” mal eben in “Pro Homo” um und verteilte damit ein Paar verbale Ohrfeigen an die heterosexistisch geprägte Rapszene.
www.myspace.com/deineelstern

19:40 Uhr, Mauerpark: Casper

Casper ist lange schon als derjenige Rapper bekannt, der gekonnt mit komplett verschiedenen Genres jongliert. Auch sein neues Album ‘XOXO’, das in Kürze erscheint, verdeutlicht wieder einmal, dass Casper wohl eine der außergewöhnlichsten Erscheinungen der deutschen Rapszene darstellt: Wer sonst könnte mit einer solch authentischen Ungezwungenheit eine Kollaboration mit Tomte-Urgestein Thees Uhlmann direkt neben einen Titel mit Marteria (noch so eine Ausnahmeerscheinung!) packen? Dass 2011 Caspers Jahr wird, das scheint jedenfalls jetzt schon klar zu sein. Apropos Thees Uhlmann: Der führt an diesem Tage durch das Programm der Red-Bull-Bühne im Mauerpark.
www.casperxo.com

21:00 Uhr, Mauerpark: Young Rebel Set

Und schon wieder hat Thees Uhlmann die Finger im Spiel: Ihm verdanken Young Rebel Set nämlich ihren Erfolg auf deutschem Boden. Die Indie-Folkrocker aus England, die mit ihrem gefühlsgeladenen Debüt-Album ‘Curse Our Love’ und vor allem der daraus entnommenen Single ‘If I Was’ auf sich aufmerksam machten, klingen wie eine Mischung aus Bob Dylan und Tomte. Und diese Mischung wiederum klingt verdammt gut.
www.youngrebelset.co.uk

Den kompletten Spielplan mit allen Künstlern gibt es auf der offiziellen Homepage.
 

Fête de la Musique – Eine französische Erfolgsgeschichte from Tonart-Berlin on Vimeo.

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So erfolgreich sich das Konzept bislang auch behaupten konnte: Ob die Fête de la Musique auch in den kommenden Jahren noch auf Berliner Boden stattfinden wird, ist ungewiss. Der Grund dafür: Zuschusskürzungen seitens des Berliner Senats. Also schnell noch den Spielplan studieren oder einfach vor Ort treiben lassen, aber: auf gar keinen Fall entgehen lassen!

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