Sehen Sie sich bitte nachfolgendes Plakat an, das ich in diesen Tagen in Frankfurt an mehreren Stellen sah: Das Plakat zeigt eine freundliche und sehr glaubwürdig wirkende Nonne. Auf mich macht sie einen tatkräftigen und durchaus sympathischen Eindruck. Ihr würde ich jederzeit zutrauen, dass sie sich intensiv und selbstlos für die Nöte der Armen einsetzt.
Doch dann fällt der Blick auf das dümmliche und oberflächliche Werbeagentur-Geplapper des Plakates. Da heißt es: "Gott kann nicht alles regeln. Für uns bleibt noch genug zu tun."
Ladies & Gentlemen,
im katholischen Religionsunterricht vor rund 50 Jahren (für Gott ist diese Zeitspanne nicht mal ein Augenzwinkern) habe ich, Peter Broell, gelernt: Gott ist allwissend und allmächtig. Und im christlich apostolischen Glaubensbekenntnis heißt es gar in der ersten Zeile in lateinischer Sprache:
Credo in Deum, Patrem omnipotentem,
Creatorem caeli et terrae.
In deutsch:
Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Doch ab sofort ist Gott nicht mehr allmächtig, denn er kann ja nicht alles regeln. Die Nonne hat es uns auf dem Plakat eben schriftlich mitgeteilt.
Aber woher weiß denn die schlaue Nonne, dass Gott nicht alles regeln kann? Hat der liebe Gott ihr das etwa ins Blackberry geflüstert? Etwa sinngemäß mit den Worten: "Hallo liebe Nonne Lucia, hier spricht Gott. Doch, doch, ich bin's wirklich! - Du, ich kann Dir sagen, ich fühle mich echt ausgepowert! Na ja, unsereins wird halt auch älter. Vielleicht werde ich sogar demnächst noch zum Pflegefall. - Deshalb kann ich - wie Du vielleicht schon gemerkt hast - leider nicht alles regeln." -
Nun bin ich verunsichert. Was stimmt? Haben mich meine Religionslehrer vor rund 50 Jahren angelogen, oder sagt die Nonne auf dem Plakat die Unwahrheit? Früher dachte ich stets, dass die Geistlichkeit unmöglich lügen kann. Aber ich habe inzwischen dazu gelernt.
Was die Nonne auf dem Plakat wahrscheinlich sagen wollte, aber nicht zu sagen wagte: "Gott will nicht alles regeln, bzw. Gott regelt nichts". - Denn wenn der Allmächtige das Geschehen auf der Erde tatsächlich regeln würde, hätten wir es mit einem schrecklichen Monster zu tun. Wer nämlich allwissend es "regelt", dass Kinder zur Welt kommen und wer allmächtig es "regelt", dass diese armen Geschöpfe gleich anschließend erbärmlich verhungern, für den wäre das Wort "Monster" nach meinem Dafürhalten noch ein schmeichelhafter Ausdruck.
Natürlich weiß das Schwester Lucia Segler und für diesen Widerspruch dürfte auch sie keine logische Erklärung haben. Aber, - Himmel hilf -, von ähnlich dummen Werbeaktionen möge mich MISEREOR künftig verschonen! --- Peter Broell