Hilfe mein Kunde ist ein Scope Creeper – 5 Abwehrmaßnahmen gegen Projektaufbläher

Eine 1.000-fach erlebte Situation aus dem Consulting Alltag irgendwo in Deutschland auf einer Bürofläche. Mitte im Projekt tritt Dein Kunde an Dich heran. „Ich bin sehr zufrieden, was Sie und Ihr Team bis jetzt auf die Beine gestellt haben. Gute Arbeit. Da wo wir so gut auf Kurs liegen, wäre es doch möglich, dass wir zusätzlich…“. Alarmstufe rot! Dunkelrot! Ein Scope Creeper gefährdet Dein Beratungsprojekt. Erfolg und  Wirtschaftlichkeit stehen auf dem Spiel. Wie Du diplomatisch reagierst, Mehrarbeit abwehrst und Deinen initial kalkulierten Deckungsbeitrag erfolgreich verteidigst erfährst Du im Beitrag.


Was ist ein Scope Creeper?

Bevor wir loslegen drei pragmatische Definitionen wie ich sie verwende:

  • Scope ist der Betrachtungs- und Ergebnisumfang Deines Consulting Projektes. Alles, was berücksichtigt oder erstellt werden muss, liegt innerhalb des Scopes. Dinge die nicht gefordert sind und ignoriert werden können außerhalb. Problem: Der Grenzbreich ist grau, verläuft nicht immer eindeutig.
  • Scope Creep, zu deutsch kriechender Aufgabenbereich, ist die schleichende Ausweitung des Betrachtungs- und Ergebnisumfanges. Oft passiert das nicht sofort sichtbar, implizit und über einen längeren Zeitraum hinweg.
  • Scope Creeper ist ein Stakeholder des Projektes, dessen Anforderungen, Wünsche, Bedarfe, Ablehnung, Sonderbehandlung etc. für einen Scope Creep sorgen.

Häufig sind Scope Creeper Kunden, Auftraggeber, Vorgesetzte und Akteure anderer Projekte. Aus meiner Erfahrung gilt die Faustformel: Je größer der Einfluss einer Person auf das Projekt bzw. je umfassender diese von den Änderungen betroffen ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit zum Scope Creeper zu mutieren.


Warum sind Scope Creeper gefährlich?

Diese Frage ist schnell beantwortet. Scope Creeper sorgen dafür, dass sich Dein Projekt aufbläht. Mehrere Beispiele.

  • Neben den deutschen Trainingsunterlagen, sollen diese nun auch in englischer Sprache zur Verfügung stehen.
  • Zusätzlich zu acht Mitarbeitern von Abteilung X, sind fünf Mitarbeiter von Abteilung Y bzgl. der Ist-Situation zu interviewen.
  • Das Änderungskonzept wird nicht nur im Gremium A, sondern auch dem Gremium B und C zur Freigabe vorgelegt.

Scope Creeper und der einhergehende Ausweitung von Betrachtungs- und Ergebnisumfang sorgen bei Dir für Extraarbeit. Ist diese unbezahlt leidet die Wirtschaftlichkeit Deines Beratungsprojektes. Neben geringeren Margen sorgen Scope Creeper für Stress. Mehr Leistung soll bei gleichbleibender Qualität erbracht werden. Bleiben die initiale Teamkonstellation und Terminfristen bestehen, muss plötzlich mehr Arbeit in identischer Zeit absolviert werden. Überstunden sind vorprogrammiert. Das Projekt droht zu scheitern und im schlimmsten Fall verlierst Du einen Kunden.


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Wie kann ein Scope Creeper abgewehrt werden?

Gegen Scope Creeper ist ein Kraut gewachsen. Folgende Maßnahmen haben sich in meiner Praxis bewährt.

Maßnahme #1: Wasserfestes Beratungsangebot

Die Grundvoraussetzung einen Scope Creeper erfolgreich abzuwehren ist ein solides Beratungsangebot. In diesem sind alle Ergebnisse, Ziele, Annahmen und Abgrenzungen notiert. Von Beginn an ist jedem klar, was im Scope ist. Und was eben nicht. Für interne Aufgaben ziehst Du am besten einen Projektsteckbrief heran.

Maßnahme #2: Gespür für Scope Creep

Entwickle Antennen für ein Scope Creeper. Immer dann, wenn eine Person einen Wunsch äußert, der den Betrachtungs- und/oder Ergebnisumfang erweitert, solltest Du hellhörig werden. Doppelte Vorsicht ist bei Dir selbst geboten. Berater sind Helfernaturen. Schnell verspricht ein Consultant Zusatztätigkeiten – schließlich will man seinem Kunden nur Gutes tun. Alan Weiss spricht vom Scope Seep – dem vom Berater verursachten – einsickern von Scope.

Maßnahme #3: Diplomatie

Kein Kunde oder Vorgesetzte wird gerne schroff mit dem Verweis auf das Beratungsangebot zurückgewiesen. Lasse daher bei einem Scope Creeper diplomatisches Fingerspitzengefühl walten. Danke für den Vorschlag, immerhin steckt in dem Ideenpotential für Dich auch zusätzliches Beratungsgeschäft. Und lenke dann die Aufmerksamkeit auf Deine Consulting Offerte.

  • „Das ist eine gute Idee, profitieren dann auch die nicht-Deutschen Kollegen vom Trainingsmaterial. Was heißt das für unser Beratungsangebot?“
  • „Abteilung Y zu interviewen ist auf jeden Fall sinnvoll. Dieser Bereich besitzt ebenfalls Wissen und Anforderungen im Thema. Wie sollten wir den Zusatzquellen im Beratungsvertrag nachkommen?“
  • „Genau richtig. Wenn wir uns schon in Gremien-Rallye befinden, dann sollte Gremium B und C ebenfalls bedacht werden. Mit Blick auf unseren Consulting Mandat – was müssen wir hier tun?“

Maßnahme #4: Aufwände & Risiken

Fast immer sehen Scope Creeper ausschließlich die Vorteile ihres Vorschlags. Aber: „There is no free lunch.“ – keine Zusatzleistung ohne Zusatzkosten. Daher: Stelle den neu erwachten Bedarfen die finanziellen und zeitlichen Aufwände entgegen. Nenne auch die Risiken beim Namen.

  • „In der aktuellen Fassung umfasst das Trainingskonzept 150 Folien. Bei 15 Minuten Übersetzungszeit je Slide bedeutet eine Überführung ins Englische rund eine Arbeitswoche. Qualitätssicherung nicht einkalkuliert.“
  • „Derzeit sind fast alle Mitarbeiter von Abteilung Y im Urlaub, krank oder auswärts unterwegs. Die Interviews könnten frühestens Ende nächste Woche beginnen. Damit würden die finalen Ergebnisse über 2 Wochen später als geplant vorliegen.“
  • „Drei Gremien innerhalb der vorgesehen Zeit von 10 Tagen zu bespielen halten wir für riskant. Das Feedback von Gremium A muss zunächst eingearbeitet werden, dann erst kann der aktualisierte Satz an Gremium B gehen.“

Maßnahme #5: Wahlfreiheit 

Kunden sitzen gerne im Fahrersitz. Daher solltest Du ihnen am Schluss wieder das Zepter der Entscheidung zurückgeben. Drei Möglichkeiten stehen zur Auswahl:

  1. Idee fallenlassen – Scope Creep abgewährt. Alles bleibt beim Alten.
  2. Änderungsantrag stellen – Aufgaben und Ergebnisse werden umgewidmet.
  3. Zusatzprojekt vereinbaren – die neuen Leistungen werden durch ein extra Mandat oder der Erweiterung des bestehenden erbracht.

Option 1 verursacht keinen Mehraufwand für Dich, kann jedoch die Kundenbeziehung belasten. Option 2 ist ein administrativer Akt, der etwas Arbeit mit sich bringt, den Kunden jedoch zufrieden stimmt. Option 3 sorgt für Extrageschäft, was immer gut ist. Verhandle unbedingt die neuen Prioritäten mit dem Kunden. Schließlich sorgt mehr Arbeit – bei gleicher personeller Besetzung und Qualität – für mehr Zeitbedarf.


Fazit

Scope Creeper lauern an jeder Projektecke. Wehre Dich vehement gegen die Aufbläh-Attacken auf Dein Beratungsengagement mit professionellen Anti-Scope-Creep-Maßnahmen. Freundlich, bestimmt und mit drei konkreten Vorschlägen. Fallenlassen, Änderungsantrag oder Extrabeauftragung. Verteidige Deinen Scope. Viel Erfolg!


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