Hilfe, ich bin ein Scanner!

Von Miriam Schaefer @chamailion

#Persönlichkeit Ich beneide Menschen, die immer genau in eine Richtung gehen. Die einen Weg verfolgen. Entweder einer Leidenschaft aus der Kindheit oder einfach immer den gleichen Job machen und abends den immer gleichen Hobbies nachgehen. Deren Leben nur eine Existenz zulässt.

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Das sich das bei mir anders verhält, weiß ich bereits seit meiner frühen Kindheit. Ich akzeptiere diesen Wesenszug von mir und wurschtel mich so durch mit meinen (scheinbar) sprunghaften Interessen. Trotz und gerade durch diese „Unbeständigkeit“ bin ich froh über meinen abwechslungsreichen Beruf. Ich bin froh über meinen Partner, der jetzt schon über 14 Jahre an meiner Seite ist. Er hat schon einige Interessen und Leidenschaften von mir kommen und gehen sehen – unkommentiert und geduldig. Bis jetzt.

 „Machst du das denn wenigstens dieses mal zu Ende?“

Ich musste doch stark schlucken und es machte sich ein ganz großes Gefühl von „in die Fresse“ bei mir breit. Er, der bisher alles in meinem Leben unterstützt und stets meine Zweifel weggewischt hat, sagt diesen Satz. Der Satz, der alle meine Zweifel nach oben spült und meinen Kopf zu einem Schlachtfeld macht.

Aber nur kurz. Denn schließlich mache ich doch alles fertig, auch wenn fertig bei mir heißt: Bis ich mich langweile oder bis ich weiß, was ich wissen wollte.

Fertig ist ein dehnbarer Begriff.

Die vielen Interessen, die Möglichkeiten, die Ziele und die Chancen die sich ständig bieten – sie überschlagen sich in meinem Kopf.  Bevor ich dann vor Schreck gar nichts mache, bewege ich mich schnell in eine Richtung.  Das ist mein Taktik.

Das ich die schier unendlichen Möglichkeiten nicht nur habe, sondern sie auch nutzen will – das ist eine unlösbare Aufgabe. Das weiß ich auch und doch versuche ich es ständig – und verzettel mich. Bisher hat mich meine Taktik: „Alles was ich mache, will ich JETZT machen.“  bereits als durchaus supoptimal erwiesen, aber es war nie ein großes Problem.

Irgendwie scheint es für meinen Partner aber gerade jetzt eines zu sein. Denn er ist einer dieser Menschen mit den geraden Lebensläufen und den immergleichen Hobbys.

Wohin das Herz mich zieht

Quelle: pixabay

Trotz dieses emotionalen Rückschlags habe ich im vergangenen Jahr (also genau vor 13 Monaten) mit meinem Fernstudium Journalismus begonnen. Und nein, es ist noch nicht abgeschlossen. Aber das ist auch gar nicht so schlimm.Es zählt, dass ich den ersten Schritt gegangen bin um mir den lang gehegten Wunsch nach diesem Fernstudium zu erfüllen.

Ungefähr zur gleichen Zeit habe ich bei 1. Online Bildungskongress ein interessantes Interview mit Sebastion Thalhammer  gesehen. Er ist ein Scanner und berichtet in diesem Interview über eben diese Eigenschaft.

Im Anschluss daran habe ich in zwei  Tagen wohl alles über Scanner-Persönlichkeiten gelesen und jedes Video zu diesem Thema gesehen.

Und dann war das Thema für mich schon wieder gegessen. Ich habe alles nötige Wissen zu einem Thema angeeignet. Zu diesem Zeitpunkt.

Brauche ich so eine Schublade?

Was ich gelernt habe ist, dass es Scanner und Taucher gibt. Scanner sind schnell interessiert, neugierig, enthusiastisch und aufgeschlossen. Alles ist toll. Jede idee, jedes Projekt. Jedes Themengebiet.

Und so werden viele Dinge schnell begonnen…aber auch genauso schnell wieder fallengelassen. Oder man verzettelt sich. Gemeinsam haben wir wohl alle, dass wir uns getrieben fühlen. Das wir nicht die Möglichkeiten haben, alle tollen Dinge auf dieser Welt zu erforschen, zu testen oder zu verfolgen. Der Taucher dagegen wird der Experte. Er taucht in ein Thema ein und blendet alles andere aus.

Ein Scanner wird sich niemals ein Leben lang nur mit einem Forschungsthema beschäftigen können.

Diese Erkenntnis lässt mich traurig zurück, obwohl ich mir dessen schon sehr lange bewusst bin. Ich dachte, ich hätte mit dieser Sehnsucht abgeschlossen und sie akzeptiert. Und obwohl für mich immer klar war, dass ich nie Experte sein möchte!, treibt mir diese Erkenntnis einen Splitter der Sehnsucht ins Herz. Verrückt!

Ohne Tauchgang keine Karriere?

Ich wäre gerne Polarforscherin. Und Pathologin. Und würde gerne als Journalistin um die Welt reisen. Und wäre gerne Künstlerin. Und Botanikerin im Dschungel…Ich würde gerne hunderte Leben gleichzeitig führen.

Quelle. Pixabay

Ich habe ein paar Semester Geologie und Bio studiert und war beim AWI. Ich absolviere gerade mein Fernstudium Journalismus und veröffentliche hin und wieder in Magazinen. Ich war phasenweise in meinem Leben extrem in Kunst/Photografie vertieft und habe sogar einige Monate an einer privaten Kunsthochschule studiert. Meinen Traum von der Medizin habe ich nicht aufgegeben und werde in diesem Jahr eine Zugangsprüfung fürs Studium absolvieren.

Ich werde niemals irgendwo eine Karriere machen können, aber das ist auch gar nicht schlimm. Denn ich habe meine Baseline fürs Leben.

„Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast!“

Barbara Sher schreibt in ihrem Bestseller über Scanner „Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast!“ *  Und so ist es auch.  Ich konnte mich in ihrem Buch nicht einer Gruppe von Scannern zuordnen. Aber das musste ich auch nicht. Ich habe bereits intuitiv und seit vielen Jahren das gemacht, was sie ihren Klienten empfiehlt.

Tu was du willst, aber tue es!

Ich weiß bereits zu Beginn der Lektüre, wie ich mit meiner „eigenartigen“ Persönlichkeit umgehen kann und bin damit schon ein  gutes Stück weiter, als so manch anderer. Viele müssen sich mühsam einen Weg aus einem Leben mit einem vermeintlichen Stigma graben.

Ich habe mir mein Fundament schon gegossen. Ich habe einen interessanten „Brot-Job“, der mir sogar Spaß macht. Er gibt mir genau das: täglich neues Lernen und Experimentieren. Und in diesem, bin ich sogar ein wenig Experte 😉

Ich habe mir ein gutes Polster an Selbstakzeptanz zugelegt, mir Strukturen geschaffen meine Neugier auszuleben und diesem Drängen in meinem Kopf nachzugeben.

Mein Umfeld ist so bunt gemischt, dass sich die Frage nach Akzeptanz gar nicht stellt.

Ich habe mir den Luxus geschaffen mich gut zu finden und so mein eigenes Ding zu machen.

Und der Mann, der sich vor einem Jahr so kritisch äußerte und einen Samen von Unsicherheit gesät hat? Den habe ich nun geheiratet.

Die Verunsicherung, die er in mir ausgelöst hat, hat zu einer enormen Entwicklung meines Selbstbewusstseins geführt. Ich brauche diesen Gegenpol: der Ruhige, der Beständige, der Hinterfragende.

Ist das eine Erkenntnis oder kann das weg?

Ich brauche keine Schublade, keine Pathologisierung oder eine Ausrede.  Die Strategien, wie ich mit meinem Leben glücklich werde, habe ich schon lange gefunden.

Bei all dem habe ich aber auch ein paar kleine Punkte, die durchaus noch ausbaufähig sind: ich wäre gerne organisierter, weniger sprunghaft und mutiger. Ich würde gerne noch häufiger meine Komfortzone verlassen.

Kommt Zeit, kommt Rat. Bis es soweit ist, schwimm ich einfach weiter im Meer der Möglichkeiten und suche nach den Perlen.

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