Ich zähle sicherlich nicht zu den Helikopter-Moms, die ständig um ihr Kind kreisen und ihnen jede Lebenshürde aus dem Weg schaffen. Oder das Kind sogar gar nicht erst mit Gegenwind konfrontieren. Aber so ganz offen zugeben, dass man gerne helikoptert, würde wahrscheinlich keiner von uns. Man ist als Elter ja auch ein klein wenig betriebsblind, nicht? Außenstehende würden vielleicht sogar sagen, dass es bei allen Eltern Situationen gibt, in denen der Helikopter ganz leise vor sich hinbrummt.
Warum ich keine Helikopter-Mom bin, ist ganz einfach gesagt: mir wäre das einfach zu anstrengend. Ich bin zwar auch mal besorgt und behüte meine Jungs, aber wenn sie sich zutrauen, etwas alleine zu machen, dann freue ich mich, mache mir einen Kaffee und lehne mich entspannt zurück. Denn wenn ich mich so an meine Kindheit erinnere, waren die Momente ohne Eltern doch am spannensten. Alleine zu Freunden gehen, Rad fahren oder draußen rum bummel mit der Ansage “zum Essen bist du daheim” war einfach ein Gefühl der Freiheit, die man nur als Kind so richtig genießen konnte. Wir hatten damals keine Handys und es hat funktioniert.
Helikopter-Eltern sind vor allem eins: nervig!
Als Nicht-Helikopter-Mama habe ich mich daher so gar nicht im neuen Spiegel-Online Taschenbuch “Verschieben Sie die Deutscharbeit – mein Sohn hat Geburtstag!” wiedergefunden. Zum Glück, denn die vielen Anekdoten über überbesorgte Mütter und Väter haben es echt in sich. Schmunzeln konnte ich meistens trotzdem nicht: Ich war meist einfach zu entsetzt – und zwar auf verschiedene Arten.
Eltern, Kinder, Hebammen, Erzieher, Lehrer, Professoren und Studienberater haben ihre besten Episoden an die Redaktion von Spiegel Online gesandt und erzählen, was sie mit Heli-Eltern erlebt haben. Die Eltern machen dabei oft ihrem Umfeld das Leben zur Hölle und sind vor allem eins: nervig. Herausgekommen ist eine Realsatire, wie Kinder vom Säuglings- bis ins Erwachsenenalter von ihren Eltern überwacht werden. Ein schonungsloser Frontbericht aus dem Familienleben.
Das sagt Mutter – Entsetzten über asoziale Eltern
Ich muss sagen, das Buch war doch recht kurzweilig und schnell gelesen, denn die vielen kleinen Episoden aus dem wahren Leben sind doch interessant und zeigen vor allem eins: was andere über uns Eltern denken. Und das ist in diesem Fall wenig Gutes. Manchmal war ich sogar richtig entsetzt. Entsetzt davon, wie asozial manche Eltern doch sind, die nach dem Motto “mein Kind first” die Ellbogen ausfahren und keine Sekunde an andere denken:
Die Frau ließ nicht locker und packte den Arzt sogar an de Händen, als er unseren Sohn behandeln wollte – bis er sie wegschubste. Und als ich dabei zusehen musste, wie mein Zweijähriger an den Maschinen hing und die Sauerstoffsättigung immer wieder absackte, tobte sie immer noch (Anmerkung: weil ihr Kind in der Notaufnahme mit Schnupfen warten musste).
Ich bin entsetzt, wie dreist manche Eltern ihr Kind über alles andere stellen:
Am Tag des Tests erhielt ich eine E-Mail von einer Mutter. Darin bat sie mich, den Prüfungstermin zu verschieben, ihr Sohn habe sein Französischbuch übers Wochenende in der Schule vergessen und sich deshalb “nicht adäquat auf den Test vorbereiten können”.
Ganz schön viel Eltern-Bashing
Und ich bin entsetzt, wie viel Eltern-Bashing unterschwellig an der ein oder anderen Stelle mitschwingt. Denn manche Situationen, die von Außenstehenden subjektiv geschildert werden, sind eben nur eine Seite einer Medallie. Und so ganz reflektiert betrachtet, kann uns das allen passieren. Ein Dialog mit dem Kind oder eine Frage, die man aufschnappt, hat manchmal einen ganz bestimmten Hintergrund. Oder sind einfach normal:
Ein Vater interessiert sich sehr für das Mittagessen in der Grundschule: Ist das Essen denn auch Bio? Wer ist der Caterer? Wie oft in der Woche gibt es Fleisch?
Ja, auch ich finde krankhafte Helikopter-Eltern gruselig und nervig. Aber manchmal, da sollte man nicht “Helikoptern” mit dem Interesse und der Fürsorge am Kind verwechseln, die eben liebevoll gemeint ist. Auf eine Frage, was die Kinder in der Schule zu Essen bekommen, als Helikopter abgestempelt zu werden, finde ich nun wirklich krass. Denn, mal Hand aufs Herz, eine desinteressierte Mama, die ihr Kind bis spät abends alleine im Dunkel spielen lässt, mittags die Dosenravioli aufwärmt und sich null um Hausaufgaben oder Hobbies schert, ist am Ende des Tages ja auch nicht recht.