Hier irrt Heribert Prantl (SZ)

An und für sich war die Diskussion bezogen auf die religiös motivierte Beschneidung längst überfällig. Dass Heribert Prantl (SZ) jetzt von den eigentlich Fragen ablenkt, ist für den gelernten Juristen etwas wohlfeil.

Es kann bei solch einer Diskussion bzw. rechtlichen Bewertung nicht darum gehen, ob sich Diskussionsteilnehmer geirrt haben oder über “Selbstverständlichkeiten” diskutierten, wie er es in der SZ schreibt.

Dabei hatte er wohlfeil (?!) den wesentlichen Aspekte ausgelassen, nämlich das Recht auf Unversehrtheit, das auch für das KIND zu gelten hat!

Herrn Prantl sollte eigentlich bekannt sein, dass das Grundgesetz in Artikel 2 Absatz 2 folgendes unmissverständlich festhält:

Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Der “Kenner” der Materie achtet dabei auf die Rangfolge der Paragraphen!

Man könnte auch etwas schärfer formulieren und den Befürwortern entgegenhalten, dass es für Kinder kein Gesetz (lex specialis) gibt, das dieses Grundrecht eindeutig aufhebt! Vielmehr wird mit juristischer und “logischer” Finesse abgeleitet, dass die “Religionsfreiheit” (vgl. Artikel 4 GG –> Rangfolge) das Recht auf Unversehrtheit des Körpers bezogen auf “altertümliche” religiöse Rituale einschränkt. Das ist ein willkürliche und kindesfeindliche Auslegung, die  der Rechtstradition bzw. der Rechtsfortentwicklung im deutschsprachigen Raum entspricht, eine schlimme Tradition.

Das Kind ist nicht der Besitz der Eltern! Das übersieht offensichtlich Heribert Prantl, der das Wohl des Kindes wieder der Familie bzw. dem Familienoberhaupt unterordnen will, ganz entgegen der Rechtsfortentwicklung der zurückliegenden wenigen Jahrzehnte. Das Kind ist nicht mehr “Objekt” sondern aus rechtlicher Sicht “Subjekt” und mithin Träger “eigener” Rechte!

Das uneingeschränkte Recht, auch im Sinne der abgewandelten (göttlichen) abrahamitischen Symbolhandlung, über Tod und Leben seines eigenen Kindes zu entscheiden (ius vitae et necis), sollte spätestens nach der kantischen Aufklärung eigentlich überwunden sein.

Die aktuelle Rechtsbeugung bezogen auf das oben angedeutete Kindesrecht besteht darin, dass der Gesetzgeber das Recht auf körperliche Unversehrtheit relativiert, sofern der “Schmerz” bzw. der gewalttätige, religiös motivierte Eingriff die mögliche psychische und körperliche Schädigung (anscheinend) minimiert, nicht auf den “freien Willen des Kindes im religionsmündigen Alter” abstellt, sondern auf die zwanghaft erscheinende religiöse Tradition, abgeleitet aus der Bibel und anderen religiösen Überlieferungen.

Gunnar Heinsohn hat bei ef eigentümlich frei das religiöse Ritual wie folgt beschrieben:

Nun jedoch gibt es „himmlischen Frieden“, wie die Chinesen sagen. Vorbei ist das „Zeitalter des Opfers“ der altindischen Texte oder – modern gesprochen – der Bronzezeit mit ihren grundstürzenden Katastrophen, auf die zuerst der Elsässer Claude Schaeffer 1948 aufmerksam macht. Die heilig-heilende Blutopfer-Medizin für die erschütterten Menschen wird überflüssig, verliert deshalb aber noch lange nicht ihren Zauber. Ohne Verhandlungen kommen die Pioniere der Opferverwerfung nicht voran. Der achte Lebenstag für die Hingabe Erstgeborener lebt in der Beschneidung, aber eben nicht mehr Tötung der Söhne weiter. Auch im letzten verbliebenen Tempel zu Jerusalem müssen die Lämmer und Zicklein sieben Tage unter der Mutter bleiben, bevor sie geopfert werden dürfen (2. Mose 22: 28f.).

Die Symbolhandlung dürfte nach moderner Interpretation als Ausdruck der Unterwerfung der Gläubigen unter die Herrschaft der Religionsoberhäupter zu verstehen sein, die den “wahren Glauben” verkünden und interpretieren dürfen. Nach Umfragen soll es selbst in Israel viele Gläubige geben, die lediglich dem “gesellschaftlich-religiösen Druck” nachgeben bzw. Furcht davor haben, dass ihre Söhne bei Ablehnung der Beschneidung ansonsten Nachteile erleiden könnten.

Dass sogar die Rechte der Kinder in Deutschland der Politik der uneingeschränkten STAATSRÄSON der Bundeskanzlerin gegenüber Israel “geopfert” werden, bestätigt die Kernaussage von Prof. Dr. Gertrud Höhler (Buch: Die Patin: wie Angela Merkel Deutschland umbaut), die der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bzw. ihrer Regierung vielfache Rechtsbrüche bescheinigt!

Es ist dem Namensvetter Reinhard Merkel, Prof. für Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Hamburg, m.E. uneingeschränkt zuzustimmen, wenn er folgendes formuliert (Ethikrat, Referat, siehe Wikipedia):

„Es wäre bizarr, hätten Religionsgemeinschaften eine autonome Definitionsmacht, wann und wie sie die Körper von Personen ohne deren Einwilligung verletzen oder auch nur ein Räsonnieren darüber (ggf. mit offenem Ausgang darüber) verlangen dürfen. … [2]

„Das Sorgerecht ist .., anders als das der Religionsausübung, kein genuines Freiheitsrecht der Eltern.[3]

„IV. Es ist ein treuhänderisches Mandat zur Pflege und Erziehung der Kinder, Pflicht mindestens ebenso wie Recht. Seine verbindliche Maßgabe ist deshalb das Wohl des Kinder, nicht die Autonomie der Eltern. Das Elternrecht, sagt das BVerfG, "ist wesentlich ein Recht im Interesse des Kindes."“

„V. An dessen Wohl findet es daher seine zwingende Grenze.[4]

 

Den klarstellenden rechtlichen Einordnungen ist an und für sich nichts hinzuzufügen.



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