Heute so beklemmend wie damals

Fallada ist ein Meister der Charaktere und der Handlungsstränge, ein Meister der Berliner Stimmen. Eine reiche, alte Jungfer ist eine „feste Rübe“, jemand Komisches ist eine „ulkige Pflaume“. Die oft seitenlangen inneren Monologe vermitteln eindringlich die psychologischen Qualen der Protagonisten.

„Jeder stirbt für sich allein“ ist einer von Falladas letzten Texten. Er kämpfte sein Leben lang mit Depressionen und Geldnöten. Seine Einnahmen gingen für Drogen drauf. Mit 18 Jahren hatte er einen Mitschüler erschossen, anschließend war er in psychiatrischer Behandlung. Als Dreißigjähriger saß er im Gefängnis wegen Unterschlagung, um seine Sucht zu finanzieren. Mit vierzig wurde er von der SA verhaftet. Mit fünfzig schoss er auf die Frau, von der er gerade geschieden worden war. Es wurde nicht besser. „Jeder stirbt für sich allein“ ist ein Roman der letzten Hoffnung. Er erschien kurz vor Falladas Tod und ist heute so beklemmend wie damals. / Christophe Fricker, Tagesspiegel

Hans Fallada: Jeder stirbt für sich allein. Roman. Aufbau-Verlag, Berlin 2011. 704 Seiten, 19,95 €. – Fallada-Abend mit Jan Josef Liefers und Regine Zimmermann am Mittwoch, 9. 3., im Berliner Maxim Gorki Theater (19.30 Uhr).



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