
Dieses mal geht es um das Verhalten an sich der Autoren. Bei Schauspielern ist es ja so, je mehr sie sich in die Rolle hineinbegeben, also den zu spielenden Charakter, je realistischer wird die Figur. Nun hab ich mich natürlich gefragt, wie es bei den Autoren aussieht und hab deshalb folgende Frage gestellt...
Näherst du dich während des Schreibens den Personen (Protagonisten) an? Wie Charakterzüge, Macken u.s.w

Das ist eine interessante Frage. Nicht, dass mir dabei sofort eine pauschale Antwort einfiele, vielmehr finde ich die Vorstellung, die Macken und Charakterzüge einiger Charaktere – oder auch nur des Protagonisten – meines aktuellen Romans „Niemand“ zu übernehmen, als amüsant.
In der Tat geschieht es sehr häufig, dass mich eine starke Empathie mit meinen Charakteren verbindet. Ich fühle ihren Schmerz, freue, leide und weine mit ihnen. Besonders bei problematischen Themen, bin ich manchmal tagelang „mitdepressiv“, zumindest war das früher immer so in den akuten Schreibphasen, wie z.B. bei »Firnis«, »Anam Cara«, »Ciara«, oder »Philipp und Melanie«.
In den letzten Monaten, vielleicht auch schon in den letzten Jahren, schreibe ich anders. Das ist eine Entwicklung, die ich noch nicht näher benennen mag.
Fakt ist: Ich habe noch nicht, oder zumindest nicht, dass es mir bewusst wäre, eine Macke oder einen Charakterzug übernommen. Eher umgekehrt. Ich gehöre zu den Autoren, die bewusst oder unterbewusst den Protagonisten den ein oder anderen Charakterzug meiner Wenigkeit aufdrücke. Wie gut, dass sie sich nicht wehren können.
Ansonsten muss ich ja sagen, ich nähere mich meinen Protagonisten an, sehr sogar. Und manchmal ist es mehr als Freundschaft oder mütterliche Gefühle. Manchmal ist es fast so etwas wie Liebe. Die Vorstellung sie zu töten, sie zu verlassen, sie mit einem „Ende“ in eine ungewisse, noch nicht geschriebene Zukunft, zu entlassen, ist manchmal schwer erträglich.

