Wie viel von dir selber steckt in deinen Büchern?
Und dazu habe ich dieses mal folgende 3 Autoren gefragt...
Ich bin überzeugt, dass jeder Autor seine Vorlieben hat, die man in den Büchern wiederfinden kann - das soll auch so sein, damit die Bücher das gewisse Etwas enthalten, doch würde sich der Autor ausschließlich einbringen und nur von sich erzählen, dann wären dies biographische Werke und hätten nichts mit Unterhaltungsliteratur/Romanen zu tun.. Ich bin Geschichtenerfinder, der das Leben beobachtet - Menschen beobachtet - Szenen beobachtet, vieles in sich aufnimmt, auch einiges erlebt/erlebt hat und ich habe eine überaus ausgeprägte Fantasie, die ich schon als Kind hatte - schwebe zeitweise über der Erde (wie die meisten Menschen meines Sternzeichens ;-) … aber autobiographische Romane schreibe ich persönlich nicht.
Was richtig ist, dass zuerst eine Idee da ist und Figuren sozusagen vor meinem geistigen Auge entstehen, die dann zu Papier gebracht werden wollen. Gründliche Vorarbeiten/Recherchen folgen. Ich versetze mich dann in meine erfundenen Figuren/Protagonisten, um sie und die Geschichte authentisch gestalten zu können, aber auch die Figuren entwickeln im besten Fall ein Eigenleben, diskutieren mit dem Autor, was sie wollen oder nicht wollen, welchen Weg sie gehen möchten usw. Ich mag und liebe auch alle meine Figuren, selbst die sogenannten „Bösen“. Hört sich sicher sehr schräg an, nicht wahr? Nun ja, ein wenig schräg muss man als Autor schon sein - spreche aber hier nur für mich.
Die Ideen entstehen überall: Bei einem interessanten Gespräch, bei einer Veranstaltung, Worte lieber Freunde können sehr inspirierend sein, Spaziergänge, Wanderungen, Reisen, im Supermarkt oder sogar durch banale Dinge - es gibt so viele Möglichkeiten - manchmal muss man sich aber auch an Verlagsvorgaben halten können.
Wenn man Spaß am „Stories“ erfinden hat, dann hat man oft so viele Gedanken im Kopf, die alle gehört werden wollen, sodass es manchmal sogar schwer fällt sie zu ordnen. Ich habe so viele Notizbücher, die voll sind von Gedanken, die mir begegnen, aber sehr wertvoll für die Stories sind.
In einem Interview fragte man mich, was mich zum Roman „Schmetterlinge lieben nicht“ inspiriert hätte. Es waren tatsächlich Schmetterlinge, deren Metamorphose ich faszinierend finde, und die Schmetterlinge im Buch sind „Hinweis, Symbol“, sowie sehr wichtige Metapher und gehören zum Psychogramm von Leon, dem Protagonisten im Roman. Eine Leserin fragte mich, ob es Leon tatsächlich gibt, weil sie ihn sehr mochte. Nun, er und Angelina sind fiktive Personen, doch beide Seelen gibt es mehr kann ich dazu nicht sagen.
Die Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten, denn oft merkt man selber ja nicht oder ahnt nur, wie viel man von sich in ein Buch hineingegeben hat - und plötzlich sagt jemand (und man erwacht aus dem Traum, eine Geschichte erzählt zu haben, die so gar nichts mit der eigenen Person zu tun hat): «Da war ich doch dabei», oder: «Typisch für dich - so etwas kann auch nur dir passieren.»
In meinem ersten Roman, «Vom Leben», steckte, und dies bewusst, sehr viel von mir selbst drin, denn ich habe mir darin nach all den Jahren des Schweigens und des Suchens und der Pläne für ein Buch in Lissabon, wohin ich seither regelmässig zurückkehre, alles von der Seele geschrieben, was sich in der langen Zeit aufgestaut hatte mit der immer ultimativeren, schliesslich nicht mehr überhörbaren Forderung aus dem tiefsten Inneren: «Erzähle es.»
Allerdings habe ich (fast) alles verfremdet, umgeformt, Gedanken und Überzeugungen und Aussagen anderen Personen zugeordnet (beispielsweise der fiktiven Geliebten des Erzählers), und dies nicht nur einmal, sondern zwei-, drei-, viele Male, bis mir das Private und das Allzuprivate auf ein akzeptabel geringes Mass reduziert zu sein schienen, denn ich habe in meinem Kopf auf- und dabei vieles weggeräumt, aber doch nicht in der Absicht, mit einer «Lebensgeschichte» (oder gar -beichte) langweilen zu wollen!
«SehnSucht» sodann geht auf einen Besuch in einem kleinen französischen Dorf zurück, der vor Jahrzehnten stattgefunden hat; die Geschichte, deren Kontur mir damals bereits einfiel, ist aber rein fiktiv (bis auf die Person der weiblichen Protagonistin, die ich bei einer real existierenden Frau entlehnt habe). Und noch weiter weg von mir selbst ist die zweite Erzählung, «Herzbluten», während der Roman «UnGlück» wiederum auf eine sehr kleine Sequenz zurückgeht, die ich einmal in London erlebt oder besser: beobachtet habe. Hier steckt insofern sehr viel von mir drin, als ich die Geschichte fast zwanzig Jahre in mir herumgetragen habe und sie reifen liess, bis ich sie so erzählen konnte, wie ich sie schliesslich erzählt habe.
Sehr persönlich wird erst wieder mein im Entstehen begriffener (noch ist es mein übernächster, da «Der Anschlag» zwar fertig, aber noch nicht publiziert ist) Roman «Die Zukunft der Zukunft» sein, dessen Veröffentlichung ich für 2011 plane. Er erzählt sich einerseits ganz leicht, da vieles sich förmlich vordrängelt, um niedergeschrieben zu werden (was sich, beispielsweise, in den, zirka bei «Halbzeit», bereits über 600 angesammelten Buchseiten niederschlägt), und andererseits sehr schwer, da ich mich bei jeder dieser kleinen Begebenheiten, die gleichwohl nur Rand- und Seitengeschichten in einem grossen Rahmen sein werden, immer wieder neu frage und fragen muss, ob und wie ich sie erzählen soll - und noch schwerer fällt manchmal das Schreiben, da manches mich erneut erfreut, vieles aber auch einen damals empfundenen Schmerz wieder wachruft oder alte Wunden aufreisst.
Was aber so oder so in jedem meiner Texte - und ich denke in allen ernstzunehmenden - drinsteckt, ist dies: Viel, viel, unendlich viel Herzblut - eigenes natürlich. . .
Dies war wieder mal eine super spannende und sehr interessante Runde, denn die Antworten und Sichtweisen sind doch sehr unterschiedlich.Danke euch für eure so ausführlichen antworten und den Einblick in eure Gedanken.