Heute frage ich: Arno Strobel, Lara Wegner und Siegfried Langer

Heute frage ich: Arno Strobel, Lara Wegner und Siegfried LangerUnd schon darf ich euch die nächste Fragerunde vorstellen. Dieses mal wollte ich wissen wie es um die Emphatie steht. Schliesslich muss ein Autor ja auch ein gewisses Mass an Einfühlungsvermögen haben wenn er Menschen beschreibt, aber ich denke es ist sicher schwieriger sich in das andere Geschlecht einzufühlen oder gar ein anderes Wesen. Also, wie machen das die Autoren? Und genau diese Frage hab ich gestellt...
Wenn du ein Buch schreibst, in der die Protagonisten vom anderen Geschlecht oder gar ein völlig anderes Wesen ist, wie fühlst du dich in dieses hinein? Was braucht es um es realistisch rüber zu bringen?

Und das haben die 3 Autoren geantwortet.
Heute frage ich: Arno Strobel, Lara Wegner und Siegfried LangerArno StrobelAls ich den Charakter von Sibylle, meiner Hauptprotagonistin in "Der Trakt", angelegt und entwickelt habe, ging das erst einmal nur über Vergleiche. Wenn Sibylle agieren musste, habe ich versucht, mich an ähnliche Situationen zu erinnern, an Raktionen, die ich bei Frauen beobachtet habe, um so zumindest einen gedanklichen Ansatz zu haben. Ein oder zwei Mal bin ich sogar soweit gegangen,  eine Bekannte bewusst zu provozieren, um zu sehen, wie sie reagiert. :-)
Doch letztendlich kann es immer nur der Versuch sein, sich in die Gefühlswelt eines andersgeschlechtlichen Protagonisten hineinzuversetzen. Zu einhundert Prozent gelingen wird es wohl nie. Deshalb war es mir speziell beim Manuskript von "Der Trakt" wichtig, dass meine Frau während der gesamten Schreibphase immer wieder mitgelesen und Sibylles Handlungsweisen kommentiert hat. Auch gab es nach der Fertigstellung fast ausschließlich Testleserinnen, von denen dann auch noch die eine oder andere Anmerkung kam.
Grundsätzlich ist die Beobachtungsgabe, die Fähigkeit, auch kleine, alltägliche Dinge bewusst wahrzunehmen und sich zu merken, für AutorInnen wohl eine der wichtigsten Eigenschaften überhaupt. Versucht man aber, aus der Sicht einer andersgeschlechtlichen Figur zu schreiben, wird sie substantiell.
Heute frage ich: Arno Strobel, Lara Wegner und Siegfried LangerLara WengerDas ist eine schwere Frage. Wie schwierig sie für mich war, zeigt sich daran, dass ich bereits eine Antwort darauf zu haben glaubte, damit dann aber letztendlich nicht zufrieden war, so dass ich einen neuen Anlauf nehmen musste. Eigentlich habe ich keine bestimmte Methode, um mich in meine Figuren hineinzuversetzen. Es erfolgt eher instinktiv und in kleinen Schritten während der Entwicklung meiner Story. Je weiter ich komme, je mehr meine Figuren erleben, desto klarer stehen sie mir vor Augen und kristallisieren sich ihre Eigenschaften heraus. Erst bei der Überarbeitung weiß ich genug über sie, um bestimmte Eigenschaften auszufeilen, deutlicher zu zeigen, enger mit dem Verlauf der Story zu verweben, so dass daraus ein großes Ganzes wird. Mir hilft es natürlich immens - und ich denke, anderen Autoren ergeht es nicht anders - mich in Situationen und Gemütszustände versetzen zu können, auch wenn ich sie persönlich nicht erlebt habe. Einfühlungsvermögen ist für mich ein sehr wichtiges Handwerksmittel. Ohne wäre ich sehr schnell auf mich selbst zurückgeworfen. Aber ich habe in meiner Story nichts verloren und würde nur stören. Es geht also nicht darum, wie ich mit einem Konflikt umgehe, sondern wie meine Figur damit umgeht. Was  entspricht ihr und was nicht.
Um es realistisch rüberzubringen, braucht es eine gewisse Stringenz. Eine Figur, die eher unschlüssig ist, trifft nicht plötzlich felsenfeste Entscheidungen und hält hartnäckig daran fest. Sie vollführt ihrer Natur entsprechend gelegentliche Schwenks und braucht etwas länger, um sich über ihr Ziel klar zu werden. Eine ängstliche Figur kann nur langsam auf mutige Taten hingeführt werden, bspw. indem ich den Druck durch weitere Konflikte auf sie so erhöhe, dass sie gar nicht anders kann, als etwas zu wagen.
Dann gibt es noch die Gefahr von Stereotypen oder sperrigen Charakteren, die ein plötzliches Eigenleben entwickeln. Von Figuren, die sich in den Vordergrund drängen, obwohl sie da nichts zu suchen haben Von anderen, die immer blasser werden und sich nicht zum "Star" eigenen, dabei war diese Rolle ihnen zugedacht. Aber schlafende Hunde wecke ich jetzt nicht. Sonst beißen sie mir nur wieder in die Waden.
Heute frage ich: Arno Strobel, Lara Wegner und Siegfried LangerSiefried LangerEine wichtige Voraussetzung, um eine glaubwürdige Geschichte zu schreiben, ist Empathie; eine andere ist, eine gute Beobachtungsgabe zu besitzen. Dies gilt genreunabhängig. Schreibe ich von einer Frau als Protagonistin, so hinterfrage ich die Gemeinsamkeiten zwischen Frauen und Männern genauso wie die Unterschiede. Klischees sind mir ebenfalls wichtig, auch sie sorgen für Identifikation. Und nur wenn zuweilen Klischees bedient werden, kann man sie an anderer Stelle wirkungsvoll brechen. Schließlich müssen die handelnden Akteure für Leserinnen und Leser glaubhaft wirken.
Bisher habe ich noch nichts über ein 'völlig anderes' Wesen geschrieben, aber da die Frauen bekanntermaßen ja von der Venus stammen, würde ich es in dem Falle genauso handhaben: Ich würde Identifikationsmöglichkeiten herausarbeiten; im zweiten Schritt ließe ich Fremdartigkeiten in die Beschreibung einfließen, um eine etwaige Erwartungshaltung zu brechen und einen Aha-Effekt zu erzeugen.
Ich bedanke mich an dieser Stelle für die ausführlichen und interssanten Antworten, ich freu mich auf die nächste Runde, es macht wirklich Spass mit euch allen!!!
Heute frage ich: Arno Strobel, Lara Wegner und Siegfried Langer

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