Heute feiert South Sudan die Geburt des neuen Staates

Von Peter Broell
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Ladies & Gentlemen,
die Flagge des neuen Staates Südsudan, der heute offiziell seine Geburtsstunde erlebt, sieht schon einmal gut aus! - Sonst jedoch scheint die neu gegründete afrikanische Republik, die im Grunde nur auf dem Papier existiert, in ein schreckliches Desaster zu steuern.
Der Südsudan ist flächenmäßig fast doppelt so groß wie die Deutschland, hat aber nur ein Zehntel der Einwohnerzahl Deutschlands. Die Hauptstadt heißt Juba. Staatsoberhaupt und Regierungschef ist Salva Kiir Mayardit.
Südsudan besitzt Erdöl, hat aber keinen Zugang zum Meer. Deshalb müssen die Pipelines durch den ehemals verhassten Nordsudan verlaufen. Damit kann der Norden aber seinen neuen Nachbarstaat künftig nach Belieben kontrollieren.
Nach 21 Jahren Bürgerkrieg gegen den Norden des Sudan ist die Region ausgeblutet. 2 Millionen Menschen verloren in den Wirren des Krieges ihr Leben. Drei Viertel der Bürger des Südsudan haben nie eine Schule von innen gesehen. Die 'Verwaltungs-Beamten' des Landes, die den Staat nun strukturieren sollten, sind als Analphabeten mit der Aufgabe restlos überfordert. In der Hauptstadt Juba soll es kein einziges Baufahrzeug geben. Es gibt keine funktionierende Infrastruktur. So gut wie keine Straßen, keine Wasserleitungen, keine Kanalisation, keinen Strom, keine Müllabfuhr. Übrigens ist auch die Staatsgrenze zum Norden nicht markiert. Die Verwaltungen 'arbeiten' papierlos und natürlich ohne Computer. Für all das ist kein Geld vorhanden. Statt dessen liegt im Bürgermeisteramt eine Pistole auf dem leeren Schreibtisch. Ob der Bürgermeister wenigstens schon lesen kann, entzieht sich meiner Kenntnis. Der Etat für militärische Aufgaben soll mehr als doppelt so hoch angesiedelt sein, als der Etat für Bildung und Gesundheit zusammen.
Der Sudan leidet an dem Problem, an dem fast alle afrikanischen Regierungen leiden: Nach der schlimmen Kolonialzeit in die Unabhängigkeit entlassen. Fortan waren die Völker führungslos und kamen mit den auf sie zukommenden Aufgaben nicht mehr zurecht. Militär, statt Bildung. - Das kann nicht funktionieren.
Ich meine deshalb, dass es fast zynisch ist, South Sudan heute zur Staatsgründung zu gratulieren. --- Peter Broell