Der "Spiegel" blieb besonnen. "Gestern Griechenland, heute Irland, morgen vielleicht Portugal", skizzierte er ein beruhigendes Bild. Alles im Lot im Euro-Boot! "Europa brennt", hieß es Anfang Dezember, aber da war ja auch noch kein Schnee und die Leser wollen unterhalten werden. Warum also nicht mal Schwarzmalen und genau erklären, "Warum Europa den Schuldenschnitt braucht"? Wenn man nicht erwähnt, dass 70 Prozent aller griechischen Staatsanleihen von griechischen Rentenversicheren gehalten werden, ein Schuldenschnitt um 50 Prozent also bedeuten würde, dass griechische Rentner mehr als ein Drittel ihre Rente verlören, geht das schon.
Scharfmacher, Aufrührer, Schwarzmaler, das sind von Hamburg aus gesehen ja ohnehin immer alle anderen. "Deutschland ergeht sich in Euro-Pessimismus, Untergangspropheten warnen vor dem Zusammenbruch der gesamten EU", beschreibt das Blatt die eigene Tätigkeit der vergangenen zwölf Monate jetzt in einer neuen, unterhaltsamen Volte, die nichts mehr wissen will von früheren "Spiegel"-Schlagzeilen wie "Europa riskiert die Euro-Schmelze" (28.10.2010), "Showdown im größten Pokerspiel aller Zeiten" (10.05.2010) oder "Notenbanker in Not" (09.05.2010).
Ist denn "die Lage wirklich so dramatisch?", fragt das Fachblatt für angewandte Augenblicksweisheit nun lässig. Und antwortet sich gleich selbst: "Keineswegs - unser Geld steht mindestens so gut da wie der Dollar: Der Wechselkurs ist stabil, die Inflation gering".
Der Zusammenbruch der Eurozone, seit mehr als einem Jahr liebevoll gepflegtes Ammenmärchen aller Europa-Euphoriker von Hamburg bis München, ist damit quasi amtlich abgesagt. Die Zahlen sprechen ja auch eine eindeutige Sprache. Seit Angela Merkel dem Rest Europas am 8. Mai, dem früheren "Tag des Sieges über den Hitlerfaschismus", dabei half, den Euro und damit Europa in "Stunden hektischer Krisendiplomatie" (FAZ) zu retten, "bevor die Märkte in Fernost öffneten" (Tagesschau) und das "Wolfsrudel" (dpa) der Spekulanten wieder lospreschte, erlebte die "Gemeinschaftswährung" (dpa) eine imposante Wiederauferstehung.
Das hektisch entfachte Papiergeldfeuer, genährt von obszönen Mengen an neugedruckten Scheinen, bescherte dem Euro bis heute ein beeindruckendes Kursplus von fast vier Prozent. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. "Europas Wundergeld", hat der "Spiegel" nachgerechnet, "trotzt den Schwarzmalern", denn "weltweit gibt es keine Alternative zum Euro".
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