Herr Ribbeck von Ribbeck im Havelland…

Von Cordula Kerlikowski


Wohl jeder hat schon einmal Fontanes Gedicht gehört oder gelesen. Es geht um einen Gutsherrn, Nächstenliebe, Habgier und um einen.. Birnbaum. Doch wer weiß schon, dass dahinter eine wahre Geschichte und ein tatsächlich existierender Ort bestehen?

Ribbeck

Das Gedicht von Theodor Fontane

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit

Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn’s Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: »Junge, wiste ’ne Beer?«
Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick hebb ’ne Birn.«

So ging es viel Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.

Er fühlte sein Ende. ’s war Herbsteszeit,
Wieder lachten die Birnen weit und breit;
Da sagte von Ribbeck: »Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne mit ins Grab.«
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen von Ribbeck sie hinaus,
Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
Sangen »Jesus meine Zuversicht«,
Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
»He is dod nu. Wer giwt uns nu ’ne Beer?«

So klagten die Kinder. Das war nicht recht –
Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht;
Der neue freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was damals er tat,
Als um eine Birn‘ ins Grab er bat,
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.

Und die Jahre gingen wohl auf und ab,
Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet’s wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung‘ übern Kirchhof her,
So flüstert’s im Baume: »Wiste ’ne Beer?«
Und kommt ein Mädel, so flüstert’s: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick gew‘ di ’ne Birn.«

So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.

Die Familie

Die Familie Ribbeck wurde erstmals 1237 erwähnt und erhielt 1485 Ribbeck als Lehen und bewirtschaftete es bis 1944. Dann wurde das Gut auf Grund eines Haftbefehls gegen den letzten Herrn, Rittmeister Hans von Ribbeck, unter Verwaltung des NSDAP gestellt und der Familie entzogen. Hans von Ribbeck wurde ins KZ Sachsenhausen verbracht und starb dort 1945.

Der Widerstand Hans von Ribbecks

Gedenkstein

Familiengrab der letzten Ribbecks

Konnte die Familie nach dem Krieg zunächst in Ribbeck verbleiben, wurde sie 1947 as politischen Gründen ausgewiesen.

Nach zermürbenden Gerichtsverfahren wurde die Familie entschädigt und einige Mitglieder kehrten nach Ribbeck zurück. Sie sind heute aktive Mitglieder der kleinen Dorfgemeinde.

Quelle: http://www.vonribbeck.de/ueber-uns/

Der Ort

Per Zufall kam ich kürzlich in der Nähe vorbei, erinnerte mich an das Gedicht und folge den Wegweisern für einen kurzen Abstecher nach Ribbeck im Havelland.

Das Dorf hat gerade mal etwas über 130 Einwohner und liegt abseits der großen Reiserouten. Ein Abstecher zu diesem kleinen Flecken lohnt sich auf alle Fälle, nicht nur wegen der Birnen. Hier ist es noch ganz beschaulich: man kann den Herren von Ribbeck auf dem Friedhof einen Besuch abstatten, den originalen Baumstumpf oder den neu gepflanzten Birnbaum besichtigen. Ein kleines nettes Cafe lädt ebenfalls zum Verweilen ein.

Dominiert wird das romantische Ensemble vom Gutshaus und der kleinen  Kirche. Beides liebevoll restauriert und und in Ehren gehalten:

Gutshaus zu Ribbeck (c) Reise Leise

Die Kirche von Ribbeck (c) Reise Leise

Neugierig sind natürlich alle Besucher, ob es tatsächlich einen Birnbaum gab oder gibt. Ja, der stand ganz nah an der Kirche , ist jedoch 1911 von einem Sturm gefällt worden und war nicht mehr zu retten. Den Stumpf hat man belassen und eine Gedenktafel angebracht. Auch das Gedicht ist hier zu lesen.

Der (neue) Birnbaum zu Ribbeck

Reste des alten Birnbaums

Gleich daneben: der neue Birnbaum

Der Familienfriedhof derer von Ribbecks

Gegenüber der Kirche befindet sich der liebevoll gepflegte, schlichte Friedhof der Familie:

Eingang zum Familienfriedhof

Informationstafel

Foto (c) Reise Leise

Foto (c) Reise Leise

Foto (c) Reise Leise

Foto (c) Reise Leise

In der Umgebung

Wenn man schon mal in der Gegend ist, kann man auch noch einige andere schöne Ecken besuchen: Nauen, Radrundweg Nauen – Ribbeck -Groß Behnitz oder einfach nur noch ein wenig im Ort herumschlendern. Es gibt noch mehr zu entdecken.

Also – Auf ins Havelland!