Herr Jämmerlich war einst erfolgreich

Erstellt am 10. Mai 2011 von Andramas

Riesengehalt, dickes Auto, Kreditkarten in schönem Platin, das Häusel dreistöckig, ein Parkplatz in der Bankzentrale (Schranke auf! “Was darf ich Ihnen anbieten: Wasser, Kaffee, Rotwein oder Sekt?”), ein persönlicher Berater fürs Depot, Dispo ohne Ende.

Bis eines schönen Tages der Absturz kam.

Herr Jämmerlichs Zug nach oben entgleiste auf halber Strecke, wurde – sozusagen – nach unten umgeleitet, wurde schließlich verschrottet. Dergestalt, dass sich Herrn Jämmerlich zu Fuß, dabei humpelnd und voller Blessuren in Richtung Hartz IV begeben musste.

“Dumm gelaufen!” hämen ehemalige Neider im Doppelsinn solcher Worte.

Und:

“Das hat der Jämmerliche nun von seinem Erfolg!”

Doch “was soll’s”, denkt sich demgegenüber Herr Jämmerlich, spuckt sich in die Hände und beschließt, von nun an so leben, wie Millionen andere Menschen auch. Von Amts wegen bescheiden, aber redlich und genügsam….

Zum Leben hilft ihm (noch) sein altes Konto. Hierherhin wird Jämmerlichs klitzekleines ALG-Zwo-Salär überwiesen. Womit, wer sparsam wirtschaftet, notfalls auskommen kann.

Was der zuständigen Bank natürlich missfällt.

Eine Bank ist doch nicht für Kunden da – ein Bank ist da, um Geld zu vermehren. Dabei stören derjenige Kunden, die monatlich nicht mehr als 8,90 Euro Gebühr abzudrücken in der Lage sind. Sich von solchen Leuten zu trennen ist für eine Bank verpflichtend, der Aufwand steht in keiner Relation zum Nutzen.

Aus einer Good Bank wird eine Bad Bank.

Blöde Gesetze schaden nur. Vielleicht Bestimmt kann man den Losern nicht so einfach das Konto kündigen. Man könnte verklagt werden, würde vielleicht sogar gewinnen – doch dann wäre es öffentlich. Was dem Ruf schaden könnte. Dem Image. Der Lüge, die da heißt: Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Der Bank bleibt daher nur das Mobbing.

Mehr noch: Sie ist im Interesse der Aktionäre geradezu zum Mobbing verpflichtet.

“Wenn’s diesem blöden Kunden nicht passt, kann er ja gehen! Soll er sich doch ‘ne andere Bank suchen oder nach China gehen! WIR brauchen den nicht!”

Nix mit Dispo für Herrn Jämmerlich, nix mit geduldeter Überziehung.

Die Bank bucht gnadenlos bei einem Kontostand von 9,60 Euro im Plus eine 14,30 Euro Belastung auch unmittelbar vor Monatsende zurück. Mit 20 Euro Strafzoll belegt. Wegen, schreibt sie Herrn Jämmerlich, maßloser Verfügung. Oder unzureichender Deckung.

“Um Unannehmlichkeiten zu vermeiden, empfehlen wir Ihnen, die Begleichung des Rechnungsbetrages auf anderem Wege sicherzustellen.”

Der Kunde soll lernen.

Das Konto könnte ja einen, vielleicht sogar zwei, Tag(e) lang mit 4,70 Euro im Minus sein. Wenn sich so etwas deutschlandweit summiert, kriselt es vielleicht bald wieder im deutschen Land. Dann müsste die Regierung erneut aushelfen – und wer kann das wohl wollen?

“Ich verstehe die Bank gut”, erklärt Jämmerlich abends seiner Gattin.

“Wenn nämlich nur ein einziges Ei faul ist, ist der ganze Kuchen versaut. Und wenn sich erst herumspricht, dass eine ansonsten nette, fleißige und erfolgreiche Bank auch ALG-Zwo-Empfänger beherbergt, ist deren Ruf ruiniert.”

Er schließt seinen Vortrag mit einem bemerkenswerten Satz:

“Wäre ich heute noch erfolgreich, würde ich wahrscheinlich auch so sein.”

Logisch: Die Welt ist nämlich inzwischen tatsächlich so geworden, wie sie ist. Chinesen, Globalisierung, Libyen und Lehman Brothers… – Herzlosigkeit ist einfach Pflicht!


Filed under: Bank, Дневник Tagged: Mobbing