Inhalt
Bei einem Flugzeugabsturz über einer unbewohnten Insel sterben sämtliche Erwachsene. Nur einige wenige englische Schuljungen überleben und versuchen sich in der Wildnis zu organisieren. Doch was passiert, wenn jegliche Zivilisation verloren ist?
Von diesem Klassiker habe ich mehr erwartet, als ich bekommen habe.
Durch ein Instagram-Bild bin ich auf die Leserunde von Susen lives zu „Herr der Fliegen“ aufmerksam geworden. Das Buch liegt schon geraume Zeit auf meinem SuB und wollte nun endlich gelesen werden. Kurzerhand habe ich mich der Leserunde angeschlossen und in fünf Tagen das Büchlein gelesen.
Ich muss gestehen, dass mir der Einstieg etwas schwer gefallen ist. Die Geschichte beginnt irgendwann nach dem Flugzeugabsturz. Wann genau wird nicht geklärt. Man bekommt zwei der Jungen direkt am Anfang vorgestellt. Ralph, einer der 12jährigen, der auf der einen Seite noch recht kindlich ist, auf der anderen Seite aber die wichtigen Dinge teilweise im Kopf behält. Und Piggy, dessen wahrer Name nie genannt wird, der mit leichtem Übergewicht, Asthma und einer Brille leicht zum Opfer von verbalen Attacken wird aber immer das ausspricht, was der Wahrheit entspricht.
Gemeinsam schaffen die zwei es, eine Versammlung aller überlebenden Jungen einzuberufen und versuchen irgendwie eine Struktur in ihr neues Dasein zu bringen. Ralph wird zum Anführer gewählt, ein Signalfeuer wird errichtet, Hütten gebaut und auf die Jagd gegangen.
Zunächst scheint es den Kindern gut zu gelingen zwischen Spiel und Ernst zu unterscheiden, doch nach und nach verlieren sie die Realität aus den Augen. Ralph und auch Piggy fällt es zusehends schwer den Überblick über die Jüngeren, aber auch die Älteren, zu behalten. Jack macht es Ralph außerdem immer ungemütlicher, als Anführer zu fungieren und will selbst die Zügel in die Hand nehmen. Die Situation eskaliert und die Kinder beginnen ihre innere Mordlust auszuleben.
Golding schildert die Geschehnisse aus der Sicht von Kindern. Es ist teilweise wirklich schwer der Handlung zu folgen, weil teilweise ganze Ereignisse einfach ausgespart werden. Die Hütten sind vom einen zum nächsten Kapitel einfach da. Wie sie gebaut wurden wird einfach ausgelassen.
Ebenso der Flugzeugabsturz an sich. Ist es selbst 12jährigen so ohne weiteres möglich, zu verdrängen, was ihnen passiert ist? Kann das Unterbewusstsein die schrecklichen Ereignisse eines solchen Absturzes einfach perfekt aus dem Gedächtnis löschen? Und dann auch noch so, dass sich kein einziges Kind an den Ort des Absturzes wagt? Nicht einmal wird das Wrack aufgesucht, als wäre es gar nicht da. Ich kenne mich zwar mit 6-12jährigen Kindern nicht sehr gut aus, würde aber eher vermuten, dass sie sich irgendwann auf dieser einsamen Insel ihren Erlebnissen stellen.
Sehr eindringlich sind vor allem die letzten hundert Seiten. Die Situation hat sich zugespitzt und die inneren Monster sind aus den Kindern herausgebrochen. Sie haben jeden Sinn für die Realität und die Zivilisation verloren und wollen nur noch Blut sehen. Dabei ist es völlig irrelevant von wem das Blut stammt.
Die eigentliche Botschaft von Golding, dass sogar in vermeintlich unschuldigen Kindern, Monster stecken, die Gewalt, Mord und Schrecken verbreiten können, kommt dabei sehr gut zum Ausdruck. Sie verlieren jegliche Kontrolle und geben sich ganz dem Tier in ihnen hin. Gerade das Ende hat mich sehr mitgerissen und auf gewisse weise auch entsetzt. Die Vorstellung, dass Kinder zu so etwas fähig wären, ist furchterregend.
Fazit
Golding hat eine besondere Art zu erzählen an den Tag gelegt. Nicht alles davon war für mich nachvollziehbar und ich hätte mir gewünscht, dass einige der Leerstellen gefüllt werden. Gleichzeitig hat er aber die Botschaft, die er mit diesem Buch senden wollte, perfekt getoffen und das Böse, das in jedem Menschen sitzt und jederzeit die Oberhand gewinnen könnte, wunderbar dargestellt. Das Buch ist auf seine ganz eigene Weise etwas Besonderes, hat in meinen Augen aber noch Luft nach oben. Wer dennoch neugierig auf die Geschichte ist, sollte sie sich einmal anschauen.