Man fragt sich manchmal, warum die spanischen Spezialdemokraten von der PSOE nicht mehr von der Krise der konservativen Parteien PP und CiU profitieren können, die beide in komplexe, ausgedehnte, langjährige Korruptionsskandale verwickelt sind, die täglich die Nachrichten füllen. Vermutlich wollen die Leute das alles gar nicht mehr hören und sehen?
Die Antwort ist ganz einfach. In dieser Frage hat in diesem Land kaum Einer eine weisse Weste! In der Tat hat die PSOE in Andalusien ebenfalls einen Korruptionsskandal von gigantischen Ausmaßen am Hals, der von einer energischen Richterin gegen heftigste politische Widerstände der seit dreissig Jahren regierenden Spezialdemokraten unerbittlich aufgedeckt wird, den sogenannten Betrugsskandal der ERE.
Keine Angst, ich werde hier keinen mit den zahllosen Details dieses Betrugs-, Fälschungs-, Bestechungs-, Steuerhinterziehungs-, Geldwäsche- und Korruptionsfalles belästigen, denn sonst hätte ich viel zu tun!
Hier dazu also nur eine kleine Geschichte:
Wenn Firmen in Schwierigkeiten geraten, dann muss leider sehr oft Personal abgebaut werden. Von dieser simplen Tatsache sind betroffen: Die Firmenleitungen, das Management, die Beschäftigten, die Gewerkschaften als deren Vertreter, die Politik, die in ihrem Gebiet Arbeitsplätze sichern will und dazu ein Heer von Anwälten und Unternehmensberatern und last not least, Versicherungen, die die Risiken des Lebens abdecken.
Konkret geht es darum, mit und für die Firmen Überlebensstrategien zu entwickeln. Das abzubauende Personal nach gesetzlichen und arbeitsrechtlichen Kriterien auszuwählen. Die Abfindungen und Pensionszahlungen festzulegen. Das Risiko dieser Zahlungen zu versichern.
Jetzt stelle man sich vor, vier, fünf Männer in den Schlüsselfunktionen arbeiten bei diesem Thema eng, diskret, phantasievoll und nahezu unkontrolliert für ein Jahrzehnt zusammen.
Man braucht A, den Politiker, der Gelder locker machen kann und der nahezu frei und unkontrolliert darüber verfügen kann. Dass dies so reibungslos läuft, benötigt es einiger flankierender nützlicher Maßnahmen.
Man braucht B, einen Gewerkschafter, der scheinbar als Gegenspieler von A darauf achtet, dass die Interessen der Arbeiter gewahrt bleiben.
Man braucht C und D, einige Beratungs- und Versicherungsfuzzies.
Man braucht natürlich auch X, den ersten Starter in einem notleidenden Unternehmen, der den Stein ins Rollen bringt und dann geht es endlich los:
Die Firma klagt durch X über große Schwierigkeiten. C stellt fest, dass Personalabbau die geeignete Medizin wäre. A verspricht öffentliche Gelder durch die in Andalusien seit 30 Jahren regierende PSOE. B macht sich zum Anwalt der Betroffenen Beschäftigten. C und D bringen ihren Sachverstand als Unternehmensberater und Versicherer ein. So weit so gut!
Was kam bei diesem andalusischen Geschäftsmodell wirklich heraus? Die ermittelnde Richterin nennt dazu folgende Zahlen:
Die Junta von Andalusien hat zwischen 2001 und 2010 insgesamt 68 Firmen gerettet. Sie hat dafür 721 Mio Euro aufgewendet, etwa 10 Mio im Durchschnitt pro Firma. Von den 721 Mio wurden 560 für die Abfindungen und Frühpensionierungen ausgegeben und 87 Mio für die Restrukturierung der Firmen. 18% der Gesamtsumme, etwa 136 Millionen Euro, wurden nach bisherigen Erkenntnissen „betrügerisch abgezweigt“.
Davon wurden etwa 50 Millionen durch konsequent überhöhte Provisionen von bis zu 20% hinterzogen. 12,3 Millionen wurden von falsch deklarierten Ruheständlern erschlichen, durch gefälschte, unberechtigte, erhöhte Dauer der Firmenzugehörigkeit oder überhöhte Qualifikationen oder gar durch die betrügerische Einschreibung verdienter Parteigenossen der PSOE, aber auch der PP, in die Mitarbeiterliste betroffener Firmen, die überhaupt niemals in diesen Firmen gearbeitet hatten. Damit alle schön die Augen schlossen wurden viele großzügig bedacht. Bei den Restrukturierungshilfen an notleidende Firmen traf es sich auf wunderbare Weise, dass Familien und Verwandte der Entscheider sowie ihnen politisch nahestehende Personen großzügig subventioniert wurden.
Der Gewerkschafter B etwa, soll über die Jahre 13 Millionen Euro kassiert haben. Sein Besitz wurde von der Ermittlungsrichterin mit 4 Häusern und einer Strandvilla veranschlagt. Bei seiner jüngsten Verhaftung wurde unter dem Bett seiner Eltern, die in einem seiner Häuser wohnen, ein Notgroschen von 82.000 Euro in bar, bestehend aus 164 Fünfhundert- Euro-Scheinen sichergestellt.
Die beiden großen Gewerkschaften CCOO und UGT sollen mit 4,3 Millionen Euro bedacht worden sein, wofür es offenbar eindeutige Hinweise gibt, was diese aber vehement bestreiten!
Ein anderer der Inhaftierten besass zu Beginn der Betrügereien 4 Immobilien. Als er erwischt wurde besass er 16 Immobilien und dazu zwei vollständig abbezahlte Hypotheken.
Die ermittelnde Richterin MA ist für ihre Ausdauer bekannt. Um Verdächtige, die ohne Haftbefehl maximal 72 Stunden festgehalten werden dürfen, in U-Haft nehmen zu können, verhandelt sie notfalls auch schon mal 24 Stunden am Stück durch, wie zuletzt bei der Operación Heracles geschehen, wo 20 Personen vorläufig festgenommen wurden und zwei Hauptverdächtige in U-Haft geschickt worden sind.
Die konservative Regierungspartei PP, des Ministerpräsidenten Rajoy, die in die Fälle Gürtel und Bárcenas verstrickt ist, behauptet, der Fall der ERE sei viel größer und betrage ein Volumen von weit über einer Milliarde Euro. Die abgezweigte Summe läge nicht bei 136 Mio sondern zwischen 150 und 200 Mio Euro. Bei der Sachkompetenz der PP in diesen Fällen muss befürchtet werden, dass sie Recht hat…
http://es.wikipedia.org/wiki/Esc%C3%A1ndalo_de_los_ERE_en_Andaluc%C3%ADa
http://es.wikipedia.org/wiki/Anexo:Casos_de_corrupci%C3%B3n_pol%C3%ADtica_en_Espa%C3%B1a
http://es.wikipedia.org/wiki/Corrupci%C3%B3n_en_Espa%C3%B1a