In einer Zeit, wo immer mehr der Gründungsväter des Nachkriegsblues sterben, ist es wichtig, sich nicht nur an die noch lebenden Musiker zu erinnern und sie entsprechend zu würdigen. Notwendig ist es auch, die auf Platten dokumentierte Geschichte des Blues nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Als 1988 "Lucky Man" von Henry Gray erschien, da war das komischerweise das amerikanische Solodebüt dieses Pianisten. Dabei hatte er seit den 50er Jahren schon auf zahllosen Platten mitgespielt von Jimmy Reed, Howlin Wolf und anderen Giganten des Chicago-Blues. Und er zählte genauso zu den Musikern, die bei Excello Records den "Swamp"-Blues Louisianas definiert hatten. Doch danach hatte er sich aus dem Musikerdasein insofern zurück gezogen, als dass er tagsüber in "normalen" Jobs arbeitete, um seine Familie zu ernähren. Klavier spielte er damals nur im lokalen Umfeld Louisianas. Unter anderem war er bislang Gast auf sämtlichen New Orleans and Jazz Heritage Festivals. Und dort war er Mitte der 70er Jahre vom deutschen Promoter Rolf Schubert entdeckt und zu Tourneen nach Europa geholt worden. Und wie so viele Blueskünstler damals war er in Europa damit für lange Jahre populärer als in seiner Heimat. Das änderte sich erst Mitte der 80er Jahre durch Auftritte in landesweiten Fernsehprogrammen und beim Chicago Blues Fest 1987.
"Lucky Man", eingespielt mit Chicagorer Bluesmusikern wie Willie Smith am Schlagzeug, zeigt Gray voller Spielfreude bei eigenen und fremden Titeln. Hier rollt sein heftiger Boogierhythmus wie damals, als er Bandleiter bei Howlin Wolf war. Und man kann auch noch die Einflüsse seines Mentors Big Maceo und der ganzen Generation der Boogiepianisten vor ihm hören. Und zu keinem Zeitpunkt stellt sich die Frage nach dem Alter des Solisten. Denn der ist offensichtlich auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft. Wer nach zeitlosem Pianoblues sucht, hier ist er an der richtigen Stelle!
Und so war es auch folgerichtig, dass das Album ihm endlich eine neue Karriere als Solist und Bandleader auch in Amerika ermöglichte. Gemeinsam mit Henry Gray & The Cats war er aber auch jedes Jahr wieder in Europa, wo er etwa auf Einladung von Mick Jagger bei dessen 55. Geburtstag gespielt hat. Sein bislang letztes Album erschien 2009 und enrhält unter anderem den "Barack Obama Boogie". Allerdings ist das in Deutschland zur Zeit leider nicht lieferbar.