Helene Fischer, Die Toten Hosen und Lena Odenthal – Folter-Alarm in Ludwigshafen: „Tatort: Die Sonne stirbt wie ein Tier“

Erstellt am 19. Januar 2015 von Bandrix @cityofcinema1
Nach 2 Minuten läuft im neuen Ludwigshafener Tatort Helene Fischers „Atemlos durch die Nacht“, später plärren die Toten Hosen mit „An Tagen wie diesen“ aus dem Off. Das grenzt an Folter. Auch der aktuelle Fall unserer Langweilerin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) ist die reinste Folter. Einmal mehr bewahrheitet sich: Auf Odenthal-Tatorte wartet man zurecht schon seit Jahren nicht mehr, und vor Freude tanzt auch schon lange deswegen niemand mehr über den Asphalt.
Kriminalistisch geht es in „Die Sonne stirbt wie ein Tier“ - warum der Film so heißt, weiß wohl nur Drehbuchautor Harald Göckeritz – derweil auch eher komödiantisch vonstatten. Ein stotternder Pferde-Ripper (einer der wenigen Lichtblicke: Ben Münchow) treibt schon seit Längerem sein Unwesen im Ludwigshafener Umland. Nur unweit von seinem Tätigkeitsfeld kuriert sich die zuletzt arg gebeutelte Lena auf einer Reha aus. Wobei die Reha eher an einen Outdoor-Urlaub in Skandinavien erinnert. Seis drum.
Jedenfalls liegt neben einem toten Pferd jetzt eine menschliche Leiche. Zeit für Lena, ihre Reha abzublasen und zurückzukehren zu Kopper (glänzt nur durch seinen Bart: Andreas Hoppe) und der erfrischenden Fall-Analytikerin Johanna Stern (der zweite Lichtblick: Lisa Bitter). Die drei ermitteln nun. Was der Zuschauer schon früh erahnt: Der Menschenmörder und der Pferde-Killer sind natürlich zwei verschiedene Figuren. Was Lena und Kopper denken: Traditionell sind sie auf dem Holzweg und gehen von einem und dem selben Täter aus. Ins Visier geraten der Pferdehofbesitzer – ein Anwalt - (Ercan Karacayli) und seine Gattin (Alma Leiberg). Das war´s dann auch schon wieder an Plot.

Den Gnadenschuss von Lena Odenthal (Folkerts) zu bekommen...das arme Pferd! ©SWR/Alexander Kluge

Großer Gott. Der Pferderipper stottert – aber er ist kein Psycho, wie er oft klar zu stellen versucht! -, kriegt dennoch im Handumdrehen eine ortsansässige Klammottengeschäfts-Verkäuferin ins Bett, direkt nach dem ersten Date versteht sich. Nach der Weinflasche im Hintern beim letzten Fall „Blackout“ steckt hier ein Messer im Hinterteil einer Leiche. Normal ist eben nicht gut genug für Ludwigshafen. Peinlich auch die Hintergründe des Mordes an dem sonntäglichen Toten. Er war irgendwie Pornoproduzent und die Pferdehofbesitzerin hat da mitgespielt unter dem Motto „Superscharfe Pälzer Hausfrauen warten auf dich“ - wem läuft da nicht das Wasser im Mund zusammen?! Keine weiteren Worte an dieser Stelle zu dieser abstrusen Story.
Weitere Fragen, die sich nach dem Abend auf tun: Wer um Himmels Willen winkt so ein Drehbuch durch? Hier mal ein paar Kostproben: „Man kann sich das Glück nicht nehmen, es muss passieren!“ (Lena Odenthal), „Man muss manchmal einfach auf den inneren Kompass hören“ (Lena Odenthal), „Der Mensch ändert sich und lass uns Freunde bleiben“ (Lena Odenthal). Lebensweisheiten, die niemand gebraucht hätte. Lustig auch die Erkenntnis von Frau Kommissarin: „Menschen, die Pferde sind verletzen, sind meist psychisch gestört.“ Ach, wirklich? Oder unser Pferde-Ripper: „Ich bade nicht so gerne, Wasser ist nass.“ Nein, dazu fällt einem echt kaum noch was ein. Auch die – mal wieder ohne Esprit und jegliche Spannung auskommende - Inszenierung von Regisseur Patrick Winczewski sprengt alle Fäden des guten Geschmacks.

Immerhin hat er einen schönen Bart: Kommissar Kopper (Andreas Hoppe) ©SWR/Alexander Kluge


Eine aufgebrachte Iniative von Wutbauern jagt nachts den Pferderipper. Eine Szene, so schlimm und peinlich fremdschämend inszeniert, die man nicht beschreiben kann, sondern einfach gesehen haben muss.(oder auch nicht) Kopper, der dabei ist, fällt hierzu auch nichts mehr Sinnvolles ein. Raushalten tut er sich auch, muss man als Staatsdiener ja in so einer Situation auch. Welch Glück, dass unsere wütenden Pferdebauern bloß auf eine Vogelscheuche einprügeln und nicht auf einen echten Menschen. Koppers Fazit am nächsten Tag: „Die waren wie die Tiere.“ Ja, und du, lieber Mario – ja, er heißt Mario mit Vornamen! Wusste ich auch vorher nicht -, warst wie ein feiger Hund in dieser Situation.
Letztlich bleibt nur die Hoffnung, dass Kopper zu seiner neuen Freundin Maria nach Italien zieht. Denn auch Lena hat den Abschied aus ihrer Alters-WG schon angekündigt. Schließlich käme es ihr manchmal vor, sie seien wie ein altes Ehepaar, sagt sie. Auf Koppers Nachfrage, was daran so schlimm sei, möchte man ihm am liebsten zurückrufen: So ziemlich alles. Ludwigshafen ist reif fürs Museum. Einmal mehr. 

©ARD

„Wir sind unzertrennlich, irgendwie unsterblich“ heißt es bei Super-Helene. Ich hoffe, sie irrt sich - zumindest in diesem Fall.



BEWERTUNG: 1,0/10Titel: Tatort: Die Sonne stirbt wie ein TierErstausstrahlung: 18.01.2015Genre: KrimiRegisseur: Patrick Winczewski
Darsteller: u.a. Ulrike Folkerts, Andreas Hoppe, Lisa Bitter, Peter Espeloer, Ben Münchow