Heldenhaft

Von Beautifulvenditti

Wäre ich nicht bereits mit ihm verheiratet, dann wäre heute der Tag, an dem ich ihm einen Heiratsantrag machen würde. Das Erste, was ich heute Morgen sah, als ich gegen neun Uhr die Augen aufschlug, war „Meiner“, der den abgeschmückten Tannenbaum aus dem Fenster beförderte. Als ich deutlich später endlich widerwillig das Bett verliess, dämmerte mir rasch einmal, dass der Tannenbaum erst der Anfang gewesen war und dass mein Herr Gemahl das allgemeine Chaos zum Kampf herausgefordert hatte. Da stand er mit Möbelpolitur und Staublappen und holte das Beste aus unseren alten Fensterbrettern heraus. Und so ganz beiläufig auch aus unseren Kindern: „Ich geh’ mal nach oben und räume mein Zimmer auf“, verkündete Karlsson nach dem Mittagessen, das für einmal ganz gesittet in einem sehr aufgeräumten Esszimmer stattfand. „Luise und ich haben vorgestern Abend noch gespielt und jetzt sieht es ein wenig unordentlich aus“, erklärte unser Ältester, als ich ihn erstaunt ansah. Ich hatte dann aber keine Zeit mehr, mich länger um den Gesundheitszustand unseres Sohnes zu sorgen, denn am Nachmittag fegte die allgemeine Aufräumwut mit solcher Wucht durch unsere vier Wände, dass ich mich im Büro in Sicherheit brachte.

Als ich irgendwann spät abends wieder nach Hause kam, glaubte ich zuerst, ich hätte mich in der Adresse geirrt. Jedes Zimmer piekfein aufgeräumt, das Prinzchen und der Zoowärter im neuen gemeinsamen Schlafzimmer friedlich schlummernd, das Elternschlafzimmer dort, wo ich es immer gerne gehabt hätte und dazu noch in jedem erdenklichen Winkel Kerzen, Blumen, Schnickschnack – die Wohnung, die ich mir immer mal wieder erträume, die ich aber nie so hinkriege, wie „Meiner“ das mit Leichtigkeit und vor allem ohne schlechte Laune und Gemotze schafft. Ein wahrer Held, wenn ihr mich fragt. Ob ich ihn fragen soll, ob er mein Haushälter werden will?