Hektik, Spind und Jobfrust

Wer kennt das nicht? In der morgendlichen Hektik schnell noch die Kleinen versorgt, Schnitten für die Schule geschmiert – der obligatorisch gesunde Apfel darf da natürlich in der Herbstzeit nicht fehlen, schließlich sollen die Kinder ja lernen, was es heißt sich gesund zu ernähren ;-) – schnell noch den Blazer drüber gezogen und dann ab auf die Arbeit. Jeden Morgen geht das so. Mein Mann ist mir da meist keine große Hilfe. Er geht früher aus dem Haus, versorgt sich morgens selbst oder holt sich ein belegtes Brötchen beim Bäcker um die Ecke. Schließlich bleibt es wieder an mir hängen unsere dreijährige Tochter und unseren vierjährigen Sohn aus dem Bett zu holen, ihnen das Frühstück zu machen und sie zum Kindergarten zu bringen. Neulich gab es wieder einmal eine Situation, bei der ich hätte weinen können vor Frust. Ich hatte mir für ein wichtiges Kundenmeeting eine neue Bluse plus passende Hose dazu bei Zalando bestellt. Beides Designerteile, auf die ich echt stolz war. WAR wie gesagt!

Folgendes ist passiert: Natürlich war wie immer Hektik in der Küche und obwohl mein Mann noch zu Hause war, konnte ich ihm leicht an der Nasenspitze ansehen, dass er mit der Situation echt überfordert war. Also habe ich ihm gesagt, was er tun kann, um mir ein bisschen unter die Arme zu greifen. Gesagt getan und er versorgte die kleinen am Frühstückstisch! Ich schmierte währenddessen ein paar Brote. Wir lagen schon hinter der Zeit also bat ich ihn die Kleinen schon mal anzuziehen, was er auch prompt machte. Ich räumte das Gröbste weg und folgte in den Flur. Mein Sohn kam auf mich zugestürmt und umarmte mich in Hüfthöhe begleitet von den Worten: „Ich hab dich lieb Mama!“ Welcher Mutter geht da nicht das Herz auf? Ich nahm ihn hoch knuddelte ihn kurz, schickte ihn raus und zog mir Jacke und Schuhe an. Der Rest in relativ unspektakulär! Ich brachte die kleinen weg und fuhr zur Arbeit. Im Büro angekommen traf ich die letzten Vorbereitungen für das wichtige Kundenmeeting. Ich lief vor zum Konferenzraum, als mich plötzlich eine Kollegin ansprach: „Sag mal, was hast du denn da für Flecken am Po?“ Mein Herz rutschte augenblicklich eine Etage tiefer! Schnell ging ich auf Toilette, um den Schaden zu begutachten! Und jetzt kommt es!

Mein Mann hatte vergessen unserem Sohn die Hände abzuwischen, als dieser mit Essen fertig war – oder er hat es nicht gründlich genug gemacht. Dementsprechend, ihr erinnert euch, hat er beim Umarmen einige nette Flecken auf meiner Hose hinterlassen. Aber nicht irgendwelche Flecken! Nutellaflecken! ‚Super‘, dachte ich, ‚ausgerechnet vor so einem wichtigen Meeting habe ich braune Flecken am Hintern‘! Sieht ja auch gar nicht komisch aus oder? Das Ende vom Lied war dann, dass ich mir eine Strickjacke, die standardmäßig über meinem Stuhl hängt, aber schon etwas älter ist, um die Hüfte gebunden habe und dann so ins Meeting bin. Den Blazer musste ich auch leider drüber ziehen, weil mein Sohn den Rest, den er nicht mehr an der Hose abwischen konnte, auf meiner neuen Bluse verteilt hatte! Wer schon einmal im Kundengespräch war, weiß, dass Präsentationen immer nervenaufreibend sind und man dementsprechend auch schnell mal ins Schwitzen kommt. Der Horror kann ich nur sagen! Aber auch der Tag ging vorbei. Vergessen werde ich ihn allerdings nie und auch nicht die Gesichter der Vorstandchefs des Konzerns, die wir eingeladen hatten (mal ganz zu schweigen von dem Gesicht meines Vorgesetzten)!!!

Abends war ich immer noch gefrustet und vor allem sauer auf mich selbst, weil ich nicht darauf geachtet hatte. Ich erzählte meinem Mann das Debakel. Dann erzählte er mir etwas sehr interessantes dazu! Jeder Mitarbeiter bei ihm in der Firma hat einen Spind für Wechselkleidung (praktisch, wenn man an die Kundenmeetings denkt). Demnächst ist bei uns eine Mitarbeiterversammlung, in der die oberen 10 sich Feedback einholen wollen. Ich habe mir fest vorgenommen anzufragen, in weit weit diese Idee realisierbar ist. Schließlich bin ich nicht die einzige berufstätige Mutter in der Firma und auch wenn sie es verstecken, blitzt schon hier und da mal ein Fleckchen hervor, der potenziell von dem Kind verursacht worden sein könnte. Ich jedenfalls werde mich dafür einsetzten und hoffe, dass die anderen Mütter nachziehen, denn so eine peinliche Situation möchte ich wirklich nie wieder haben!

 

Die Autorin dieses Gastbeitrages ist Mutter und Redakteurin in einer Berliner Internet-Agentur.


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