Gastbeitrag von Marie Lingner, KWB Deutschland – Kraft und Wärme aus Biomasse GmbH als Austausch zum Interview im KWB Blog.
Mit Biomasse zu heizen, senkt die CO2-Emissionen bei der Wärmeversorgung so stark wie mit keiner anderen energetischen Maßnahme. Deshalb werden Heizungssanierungen mit staatlichen Zuschüssen gefördert. Aber mit der steigenden Nachfrage an Pelletheizungen nehmen auch die Zweifel an der nachhaltigen Herstellung des Holzbrennstoffs zu. Wie wird also sichergestellt, dass die energetische Nutzung von Holz keine Gefahr für den Bestand des Waldes birgt?
Nachhaltigkeit ist ein sehr vielschichtiges Thema, das im Umfang dieses Beitrags nur als Teilbereich behandelt werden kann. Es soll in diesem Zusammenhang nicht der Beitrag von Holzbrennstoffen zur CO2-Senkung, sondern die nachhaltige bzw. langfristige Sicherung des deutschen Waldes im Vordergrund der Betrachtung stehen.
Dazu haben wir einige Argumente gegen die energetische Nutzung von Holzpellets einmal genauer unter die Lupe genommen:
Potential für Pellets aus Reststoffen der Holzverarbeitung noch lange nicht ausgeschöpft
Mythos 1: „Der deutsche Waldbestand reicht nicht aus, um der steigenden Nachfrage an Pellets gerecht zu werden.“
Für die Produktion von Pellets müssen keine Bäume gefällt werden.
Denn Pellets sind zylinderförmige Presslinge aus Sägespänen, die bei der Holzverarbeitung anfallen. Die Reststoffe der holzverarbeitenden Industrie sind in ausreichender Menge verfügbar, um den Bedarf an Pellets zu decken.
Erst kürzlich hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die aktuelle Bundeswaldinventur (BWI 3) veröffentlicht. Das wichtigste Ergebnis: Der Holzvorrat ist in deutschen Wäldern von 2002-2012 um 7 % gestiegen. Insgesamt 1.252 Millionen Vorratsfestmeter sind in den deutschen Wäldern in diesem Zeitraum gewachsen, nur 1.091 Millionen wurden stofflich genutzt. Das natürliche Absterben von Bäumen ist hier bereits eingerechnet. Um die übrigen 161 Millionen Festmeter ist der deutsche Waldbestand also gewachsen. Ein weiteres erfreuliches Ergebnis: Der deutsche Wald hat auch an Qualität zugelegt. Das heißt, es gibt mehr Laubbäume und Mischwälder, die Wälder werden älter und es gibt mehr Totholz im Wald.
Im vergleichbaren Zeitraum ist die Zahl der Pelletheizungen in Deutschland deutlich angestiegen: Im Jahr 2006 gab es noch unter 100.000 Pelletfeuerungen in Deutschland, 2012 bereits fast 300.000. Die Statistik zeigt: Obwohl Pelletheizungen in Deutschland immer beliebter werden, wird der Bestand des deutschen Waldes dadurch nicht gefährdet.
Laut dem Deutschen Pelletinstitut (DEPI) werden in den rund 60 deutschen Produktionsstätten zur Herstellung von Holzpellets fast ausschließlich Sägespäne und Resthölzer verwendet. Obwohl der Bedarf an Pellets seit Jahren langsam, aber kontinuierlich steigt, ist das Potenzial der anfallenden Reststoffe der holzverarbeitenden Industrie und der Forstpflege in Deutschland noch nicht annähernd ausgeschöpft:
Um den Pelletbedarf zu decken, muss das Potential an Holzreststoffen in Deutschland bisher nicht annähernd ausgeschöpft werden. Quelle: DEPI
Den Begriff der Nachhaltigkeit findet bei der Herstellung von Pellets auch in Bezug auf den Klimaschutz Beachtung: Bei der Pelletproduktion werden geringe Mengen Energie (etwa 3 % der Endenergie) zum Trocknen und Pressen des Holzbrennstoffs benötigt. Um die Holzpresslinge möglichst klimafreundlich herzustellen, wird bei der überwiegenden Mehrheit der deutschen Pelletwerke zusätzlich auf erneuerbare Energiequellen bei der Stromerzeugung gesetzt.
Kurzumtriebsplantagen stehen nicht in Konkurrenz zur Lebensmitteproduktion
Weiteres Rohstoffpotential bieten sogenannte Kurzumtriebsplantagen. Diese gelten von der Definition her nicht als Wald, sondern gehören zur Agrarwirtschaft. Das Ziel einer KUP ist, durch den Anbau schnellwachsender Baumarten (z. B. Pappeln oder Weiden) in kurzer Zeit möglichst viel Holz zu produzieren.
Kurzumtriebsplantagen werden i. d. R. auf Flächen angebaut, die keinen anderen agrarwirtschaftlichen Nutzen haben. Das heißt: Sie stehen nicht in direkter Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion. Werden Energiepflanzen richtig eingesetzt, d. h. die Arten gut gemischt und wenig Pflanzenschutzmittel verwendet, können KUPs sogar zur natürlichen Anreicherung von Nährstoffen auf agrarischen Flächen verwendet werden.
Herstellung von Pellets belastet nicht das Ökosystem im Wald
Mythos 2: „Das Restholz, das bei der Waldpflege anfällt, ist wichtig für die Gesundheit des Waldes und darf deshalb nicht verwendet werden.“
Die nachhaltige und multifunktionale Forstwirtschaft in Deutschland ist gesetzlich verankert. Damit wird sichergestellt, dass sowohl die Erbringung des wirtschaftlichen Potenzials als auch die Leistungen des Waldes für Umwelt- und Naturschutz sowie die Nutzung als Erholungsraum auf der gleichen Fläche stattfinden und im gleichen Maße für kommende Generationen zur Verfügung stehen. Bei der Holzernte ist die Sicherung des nachhaltigen Waldbestands also gesetzlich vorgeschrieben. Dies beinhaltet unter anderem,
- dass nur die Menge an Holz geschlagen werden darf, die im gleichen Zeitraum nachwächst. An den Ergebnissen der Bundeswaldinventur konnten wir bereits erkennen, dass dieses Potenzial in Deutschland noch nicht ausgeschöpft ist. Also, dass mehr Holz nachwächst als geerntet wird.
- dass der Waldboden mit ausreichend Nährstoffen versorgt ist, um den natürlichen Bestand zu sichern. Dazu ist die Artenvielfalt der Bäume genauso wichtig wie genügend Totholz.
Ein gewisser Anteil an Restholz ist wichtig für die Nährstoffversorgung des Waldbodens. Totholz entsteht durch den natürlichen Prozess des Absterbens oder durch Umwelteinflüsse (z. B. Sturm), aber fällt auch bei der typischen Waldpflege an. Das sogenannte Totholz fungiert praktisch als natürlicher Dünger und bietet zudem einen wichtigen Lebensraum für zahlreiche Lebewesen der Tier- und Pflanzenwelt.
Zur Produktion von Pellets wird aus Kostengründen nur Holz eingesetzt, das ansonsten nicht zur stofflichen Nutzung im Sägewerk geeignet ist. Aus qualitativen Gründen können außerdem nicht alle Teile eines Baumes zur Herstellung von Pellets verwendet werden. Deshalb werden beispielsweise Wurzeln oder Astmaterial für die Pelletherstellung nicht aus dem Wald entfernt und dienen somit der Erhaltung des natürlichen Ökosystems.
Mythos 3: „Die steigende Nachfrage hat Pelletimporte zur Folge. Dadurch kann die nachhaltige Produktion nicht sichergestellt werden.“
In Deutschland werden mehr Pellets exportiert als importiert, denn die Pelletproduktion liegt seit 2007 regelmäßig über dem Pelletverbrauch. Dies äußert sich in der positiven Außenhandelsbilanz, die im Jahr 2014 rund 300.000 Tonnen betrug. Das bedeutet: Pelletimporte nach Deutschland sind zur ausreichenden Versorgung nicht notwendig.
Aber Pelletimporte sind nicht verboten und im Ausland gelten nicht die gleichen gesetzlichen Regelungen für die Forstwirtschaft. Bei importierten Pellets sollte deshalb unbedingt darauf geachtet werden, dass sie qualitativ den Ansprüchen der gängigen ENplus-Zertifizierung gerecht werden und dass das zur Produktion verwendete Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammt.
Für den europäischen Handel gibt es seit 2013 zudem eine Verordnung zur Einfuhr von Holzprodukten (EUTR). Die EUTR verbietet, dass illegal geschlagenes Holz auf dem europäischen Markt in Verkehr gebracht wird. Sie stellt also sicher, dass importierte Pellets nicht aus unklaren Quellen stammen, um Raubbau der Wälder auszuschließen. Deshalb werden alle Händler verpflichtet, Informationen über Holzlieferanten (auch bei Importen außerhalb der EU) aufzubewahren, um eine Kontrolle der Herkunft zu ermöglichen. Zudem werden die Händler durch die EUTR verpflichtet, bei Holzimporten das Risiko von illegal geschlagenem Holz selbst zu bewerten und zu minimieren.
Allerdings hat in den letzten Jahren auf dem globalen Markt auch der Import von Pellets aus Kanada und der USA zugenommen. Die Importe aus Übersee machen in Deutschland bisher nur einen geringen Anteil aus. In Bezug auf die Nachhaltigkeit der Holzpresslinge liegen die Nachteile gegenüber heimischen Holzpellets allerdings auf der Hand: Denn die importierten Pellets müssen über lange Wege transportiert werden und eine nachhaltige Forstwirtschaft kann nur schwierig kontrolliert bzw. gewährleistet werden.
Heizen mit Pellets aus heimischer Produktion macht Sinn
Kurz gesagt…
Mit heimischen Pellets zu heizen, macht Sinn. Denn der Holzbrennstoff schafft Unabhängigkeit von internationalen Ölexporteuren und ist nahezu CO2-neutral. Wirklich ökologisch ist das Heizen mit Holz aber nur, wenn der Bestand des nachwachsenden Rohstoffs gesichert ist. Und hier ist, wie bei allen Konsumgütern, auch der Verbraucher gefragt. Zertifikate wie das ENplus-Siegel helfen, nachhaltig produzierte Brennstoffe zu finden.
Der Bestand des deutschen Waldes ist durch die Prinzipien der nachhaltigen Forstwirtschaft gesichert. Diese ist fest im Bundeswaldgesetz und in den entsprechenden Landesgesetzen verankert. Die deutsche Pelletproduktion basiert auf der Verwendung von Resthölzern, deren Wert für die heimische Forstwirtschaft durch die Holzenergie deutlich zugenommen hat. Holzbrennstoffe aus der Region schaffen zudem Arbeitsplätze in der heimischen Forstwirtschaft und stärken die regionale Wertschöpfung. Und selbst der Import von Pellets ist gegenüber dem internationalen Handel mit fossilen Brennstoffen sowohl aus umwelt- als auch aus klimaschutzpolitischer Sicht deutlich besser einzustufen.
Mehr Infos zum Thema Nachhaltigkeit von Holzbrennstoffen gibt es hier:
- Information des Deutschen Pellletinstituts zur Holznutzung in Deutschland (pdf-Datei)
- Deutsches Pelletinstitut zur Rohstoff- und Versorgungssicherheit
Über Andreas Kühl
Energieblogger aus Leidenschaft mit großem Faible vor allem für effiziente Energienutzung im Strom- und Wärmebereich. Aber auch die kostenlose Energie, die uns die Natur zur Verfügung stellt ist faszinierend und Herausforderung zugleich.