Stell Dir vor, Du lebst in einem Gebiet, in dem es als Kind wahrscheinlicher ist, dass Du vor den Altar trittst, als eine weiterführende Schule zu besuchen. Das ist die traurige Wahrheit für Mädchen in den folgenden 26 Ländern. Statistiken besagen, dass die Chance unter 18 Jahren verheiratet zu werden dort größer ist, als die, eine weiterführende Schule zu besuchen. Für sie bedeutet „in guten wie in schlechten Zeiten“ immer schlechte Zeiten, „in Armut und Reichtum“ immer Armut. Sie sind gezwungen, ein Armutsgelübde abzulegen. Daher leiden ihre Heimatländer unter einem verheerenden Defizit – der Chancen für Mädchen. Im Folgenden stellen wir Ihnen diese Länder vor, aufsteigend bis zu dem Land, mit den geringsten Chancen für Mädchen.
Teilweise machen die Gemeinden bereits große Fortschritte: die Mädchen werden zu einem späteren Zeitpunkt in ihrem Leben verheiratet und erhalten die Möglichkeit einer hochwertigen Ausbildung. Sie geben Hoffnung – und werden in Zukunft vielleicht nicht mehr auf dieser Liste stehen. Andere Länder haben hingegen nur kleine Fortschritte gemacht. Dort sind die schwierigsten Lebensumstände der Welt zu Hause, insbesondere für Mädchen. Lesen Sie unseren kompletten Report und erfahren Sie mehr über die Gründe von Kinderhochzeiten, die Barrieren von Ausbildung für Mädchen und die Schritte, die jeder machen kann, um diese Liste zu kürzen – und eines Tages zu eliminieren.
26. Tansania
25. Afghanistan: 40 Prozent der Mädchen werden vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet Nur 33 Prozent der Mädchen besuchen eine weiterführende Schule
Obwohl im Jahr 2009 ein Gesetz zum Verbot von Zwangsheiraten erlassen wurde, steht Afghanistan noch immer auf dieser Liste. Human Rights Watch zufolge versuchen jedes Jahr 2.000 afghanische Frauen und Mädchen sich umzubringen, indem sie sich selbst anzünden. Diese Fälle haben oft mit häuslicher Gewalt und/oder Zwangsheirat zu tun. Familien, die Probleme haben, das Schulgeld zu stemmen, schicken häufig eher die Söhne zur Schule. Eine CARE-Analyse von mehr als 1.000 Angriffen auf Schulen zwischen 2006 und 2008 ergab, dass diese öfter die Ausbildung von Mädchen zum Ziel hatten, als die der Jungen Kein Wunder also, dass dreimal mehr Jungs eine Schule besuchen.
24. Sierra Leone
23. Côte d’Ivoire
22. Madagascar
21. Äquatorialguinea
20. Bangladesch: 65 Prozent der Mädchen werden unter ihrem 18. Lebensjahr verheiratet Nur 51 Prozent der Mädchen besuchen eine weiterführende Schule
Bangladesch hat die höchste Kinderehenrate jenseits Subsahara-Afrika. Etwa 30 Prozent der Mädchen werden mit 15 Jahren oder bereits vor ihrem 15. Geburtstag verheiratet. Die vorherrschende Armut, soziale Normen, die den Status von Mädchen in der Gesellschaft abwerten aber auch eine nachlässige Durchsetzung von Gesetzen fördern Kinderehen. Extreme Witterungsbedingungen in manchen Teilen des Landes, die durch den Klimawandel verschlimmert werden, zwingen sogar noch mehr Mädchen, früh zu heiraten. Da einige arme Familien ihre Höfe durch Fluten und Schlammlawinen verlieren, verheiraten sie ihre Töchter früher. Dies tun sie, damit sie die Anzahl der zu Versorgenden geringer wird. So sichern sie aus ihrer Sicht eine sichere Zukunft für ihre Töchter.
19. Mauretanien: 34 Prozent der Mädchen werden vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet Nur 20 Prozent der Mädchen besuchen eine weiterführende Schule
Da Kinderehen in ländlichen Teilen des Landes eine lange Tradition hatten, wurden sie auch zu einem rentablen städtischen Geschäft für arme Familien und Händler, die junge Töchter über die Grenzen von Mauretanien hinaus an alte wohlhabende Männer in den Golfstaaten verkaufen. Zuhause, wo es kein Gesetz gibt, das dies verhindert, werden junge zukünftige Bräute durch Sondenfütterung zwangsernährt und sollen so zunehmen. Sie sind der Überzeugung, dass ein korpulenteres Mädchen eher aus einer wohlhabenden Familie kommt und somit attraktiver für den potenziellen Ehemann ist, wie Equality Now herausfand. Die Folgen sind genau so tragisch wie die Methode selbst: Herzversagen, Diabetes und Unfruchtbarkeit.
18. Senegal
17. Guinea-Bissau
16. Eritrea
15. Uganda: 40 Prozent der Mädchen werden vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet Nur 22 Prozent der Mädchen unter 18 besuchen eine weiterführende Schule
Ugandas Erfahrungen sind ein Fallbeispiel für die starke und komplexe Verbindung von Kinderehe, Armut und der Rate der Schulabbrecher. In Uganda spielt Bildung eine sehr große Rolle dabei, die Mädchen vor früher Heirat und den Gefahren früher Geburten zu schützen. Zwei Drittel der ungebildeten Mädchen werden mit 18 oder jünger verheiratet, während nur eins von sieben Mädchen, das die weiterführende Schule abgeschlossen hat, jung verheiratet wird.
14. Nigeria
13. Malawi: 50 Prozent der Mädchen werden vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet Nur 30 Prozent der Mädchen besuchen eine weiterführende Schule
In Malawi werden bereits sehr junge Mädchen von lokalen Kunden zu Sex ermutigt, eine hohe Anzahl der Mädchen scheidet in der Folge darauf wegen früher Schwangerschaft aus der Schule aus. In einem Report der Johns Hopkins University Bloomberg School of Public Health wird beschrieben, dass Männer als „Schritt ins Erwachsenenleben“ Sex mit Mädchen haben, um zu bestimmen, ob die Mädchen „wirklich erwachsen sind“. Aber diese gefährlichen Traditionen treffen nun auf heftigen Widerstand – teilweise von den Mädchen selbst, sie bringen neue Hoffnung, dass der Trend sich endlich gegen Kinderehe entwickelt. Unter dem Druck einer Mädchen-geführten Bewegung, verabschiedete das Parlament von Malawi Anfang dieses Jahres ein neues Gesetz, das das Mindestalter für Hochzeiten auf 18 festlegt.
12. Libyen
11. Mali: 55 Prozent der Mädchen werden vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet Nur 32 Prozent der Mädchen besuchen eine weiterführende Schule. Da viele jugendliche Mädchen beschnitten und zudem gezwungen werden, früh zu heiraten, sind Mädchen in Mali doppelt benachteiligt. Ein traditioneller kultureller Glaube besagt, dass die Beschneidung von Mädchen begehrenswerter für die Ehe mache, da sie ihren Männern eher gehorchen. Die Hochzeit, häufig mit älteren Männern, kann jede Hoffnung, eines Tages frei leben zu können oder den Kreislauf von Armut und Gewalt zu beenden, zerstören. Jugendliche Mädchen in ländlichen Gebieten Malis machen sich auf die weite Reise in die Hauptstadt Bamako. Dort suchen sie eine Stelle als Haushaltsgehilfinnen. Nur wenige kehren jemals wieder in einen Klassenraum zurück. Zu allem Unglück brach 2012 im Norden Malis ein bewaffneter Konflikt aus, der die Mädchen der Gewalt aussetzt und eine weitere Barriere für Ausbildung bildet.
10. Angola
9. Guinea
8. Äthiopien: 41 Prozent der Mädchen werden vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet Nur 11 Prozent der Mädchen besuchen eine weiterführende Schule
Da viele äthiopische Mädchen spät mit der Schule anfangen, heiraten sie oft schon, bevor sie überhaupt die Grundschule abgeschlossen haben. Sehr wenige junge Bräute kehren zurück in den Klassenraum. Dieses Problem ist vor allem in der Region Amhara im Norden Äthiopiens akut. Dort ist ein Drittel der Mädchen unter 15 Jahren verheiratet. Doch jüngste Anstrengungen, die sexuellen und reproduktiven Auswirkungen für verheiratete und verwitwete Teenager zu verbessern, zeigen Wirkung. Das Projekt TESFA erreichte beispielsweise 5.000 Mädchen und verbesserte nicht nur die Gesundheit, sondern half auch mit Bildung, unter anderem im Finanzwesen. Die Mädchen berichteten von mehr Schulbesuchen und fühlten sich besser wertgeschätzt im Haushalt und der Gemeinde. Während des Projekts – welches auch Väter, Ehemänner, Angeheiratete und religiöse Führer beschäftigte – konnten die Gemeinden mindestens 180 Kinderehen verhindern.
7. Mozambik: 48 Prozent der Mädchen werden vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet Nur 18 Prozent der Mädchen besuchen eine weiterführende Schule
Die Lebenserwartung liegt in Mosambik bei nur 50 Jahren. Die Müttersterblichkeit gehört zu den höchsten weltweit, genau wie die HIV-Infektionsrate unter jungen Menschen. Mädchen dienen teilweise als Währung, wenn verarmte Familien sie für Vieh verheiraten. Selbst, wenn Mädchen die Schule besuchen, hindert sie Mangelernährung oft daran, effizient zu lernen. Besonders in der „Hungry Season“ vor der Ernte ist das der Fall. Zu viele Mädchen in Mosambik sind gefangen in einem Kreislauf von schlechter Gesundheit im Kindesalter, früher Heirat und Geburten.
6. Burkina Faso: 52 Prozent der Mädchen werden vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet Nur 20 Prozent der Mädchen besuchen eine weiterführende Schule
5. Somalia: 45 Prozent der Mädchen werden vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet Nur 5 Prozent der Mädchen besuchen eine weiterführende Schule. Konflikte und Bürgerkriege in dieser ostafrikanischen Nation führen zu Unsicherheit für alle, doch Mädchen haben oft am meisten damit zu kämpfen. Eltern, die eine Schulbildung eigentlich ermöglichen würden, behalten ihre Töchter oft zuhause, um sie vor Gewalt zu schützen – oder sie verheiraten sie an ältere Männer, die sie beschützen und versorgen sollen. Eine andere Barriere ist das Fehlen von Hygieneprodukte wie Damenbinden, was laut UNICEF zu Schamgefühl und geringerem Selbstbewusstsein führen kann. Das spiegelt sich meist in schlechter Unterrichtsbeteiligung, einer erschwerten Versetzung in die nächste Stufe, unregelmäßigem Schulbesuch und hohen Abbruchraten wider.
4. Südsudan
4. Zentralafrikanische Republik
2. Tschad
1. Niger: 76 Prozent der Mädchen werden vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet Nur 10 Prozent der Mädchen besuchen eine weiterführende Schule. Niger hat den höchsten Prozentanteil von minderjährigen Bräuten auf der Welt. Dem Human Development Index der UN zufolge ist es das am wenigsten entwickelte Land der Welt. Das ist kein Zufall. In manchen Regionen, wie Zinder und Maradi, heiraten neun von zehn Mädchen, bevor sie 18 sind. Das heftige Klima verschlimmert dieses Problem nur. Wenig Regen bedeutet „Dürre-Bräute“: für viele Familien sind frühe Hochzeiten eine Überlebensstrategie, sie bedeuten eine Person weniger zu versorgen und Geld vom Brautpreis, mit dem Nahrung gekauft werden kann. Niger hat außerdem eine der höchsten Populationswachstumsraten. Mädchen, die die Schule abbrechen müssen, haben selten eine Chance, über sexuelle und reproduktive Gesundheit aufgeklärt zu werden. Nur 4,4 Prozent der Mädchen im Alter von 15 bis 19 in Niger haben einen Zugang zu Verhütungsmitteln. Die nigrischen Frauen schließen sich trotzdem zusammen, um diese Entwicklungen zu stoppen und zum Guten zu wenden. Viele gründen kleine Unternehmen wie Bausparvereine, die das Fundament einer nationalen Bewegung namens „Mata Nasu Dubara“ (Frauen in Bewegung). Diese soll die finanzielle Kraft der Frauen in politische umwandeln. Die Hoffnung ist, dass Frauen eine lautere Stimme bekommen, sowohl zuhause als auch in der Gemeinde. Sie können den Kreis von Kinderehe und Armut ändern, indem sie mehr Mädchen die Chance gaben, zur Schule zu gehen und, eines Tages, eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
AUFRUF ZUM HANDELN Beziehen Sie Stellung mit den Mädchen und gegen diejenigen, die sie in die Ehe und aus der Schule zwingen.
Warum jetzt?
Eine Strategie für jugendliche Mädchen ist wesentlich dafür, zu versichern, dass die Weltgemeinschaft ihren Teil dafür tut, die Welt auf den richtigen Pfad zu bringen. So wollen sie die UN Sustainable Development Goals (SDGs) erfüllen, die letzten Monat verordnet wurden, um bis 2030 Armut weltweit zu bekämpfen, den Klimawandel zu stoppen und Ungleichheit der Geschlechter zu verbannen. Besonders SDG Nummer 5, „Geschlechtergleichheit erreichen, Frauen und Mädchen ermächtigen“, muss ehrgeizige und auf Grundrechten basierende Kennzeichen beinhalten, die es UN-Mitgliedsstaaten erlauben, die Entwicklung angemessen zu verfolgen, Strategien und Programme, die Kinderehe, Ausbildung von Mädchen, reproduktive Gesundheit und Gewalt betreffen. Nur dann können wir uns sicher sein, dass die SDGs wirklich die Rechte und Bedürfnisse von jugendlichen Mädchen im Fokus haben.
Um diese Liste zu ermitteln, haben wir Kinderehe-Daten bezogen, die hauptsächlich von UNICEF stamen und Zahlen zum Schulbesuch der United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) verwendet. Bei Ländern, für die Zahlen fehlten, haben wir andere Quellen bezogen: Die Organisation for Economic Cooperation and Development (Angola), UNICEF, „State of the World’s Children“ Report (Nigeria), United Nations Population Fund (Somalia), United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (Südsudan). Spezielle Zitate finden Sie im kompletten Vows of Poverty Report, der unter www.care.de heruntergeladen werden kann.