Heim-Fern-Weh?!

Es ist gar nicht so lange her, da dachte ich, ich sei angekommen. Hier im Rheinland, als Frau, als berufstätige Mutter und als Ehefrau. Das Gefühl war ziemlich stark und überzeugend. Nicht nur bei mir, sondern auch beim Vater. So sehr, dass wir immer wieder die Augen nach Eigentum offen hielten und uns ausmalten, wie wir in unserer neu gefundenen Heimat gemeinsam alt werden würden. Klar, manchmal kam die Hamburg-Sehnsucht durch, aber nur wenige Vernunft-Gedanken später, war sie auch schon wieder im Keim erstickt.

Nur auf der Durchreise?

Aber irgendetwas ist passiert. Was, das weiß ich noch nicht. Aber ich bin mir seit ein paar Tagen oder vielleicht auch Wochen nicht mehr so sicher, ob ich tatsächlich angekommen bin. Ob dies hier der Ort ist, an dem ich mir vorstellen kann, alt zu werden. Ob ich unseren Sohn in dieser Umgebung hier aufwachsen sehen will. Ob wir doch nicht mehr ländlich oder doch wieder in größere Stadtnähe ziehen wollen. Ich weiß es nicht. Das Schönste an der ganzen Sache ist, dass auch den Vater diese Zweifel plagen. Wir haben uns oft gefragt, was passiert ist, dass uns zum Umdenken bewegt hat. Aber wir kommen zu keinem Schluss. Wir sind uns noch nicht einmal sicher, ob überhaupt irgendetwas passiert ist. Vielleicht ist einfach die anfängliche Euphorie verflogen und die Zweifel sind die ganz normalen Begleiterscheinungen des Alltags. 

Gepackt von der Wanderlust

Trotzdem: Ein bisschen fühlen wir uns wie Nomaden, die nach einiger Zeit wieder weiter ziehen wollen oder müssen. In unseren Köpfen spukt der Gedanke, dass es uns irgendwo anders vielleicht doch noch besser gefällt. In den Bergen, in den Wäldern, am Meer. Es ist nicht so, dass uns etwas Bestimmtes stört – abgesehen von nervigen Düsenjets und einer gesperrten Brücke, die uns unsere Laufrunde seit ein paar Wochen versperrt. Aber die Überzeugung, dass wir „unseren“ Ort gefunden haben, die ist verloren gegangen. Ohne Grund, ganz klammheimlich und jetzt sind die Zweifel da.

Wir fühlen uns wohl und heimisch, wahrscheinlich sogar überdurchschnittlich. Aber das Gefühl reicht nicht mehr aus, um die Kaufoption weiter zu verfolgen. Mag am Ort liegen, mag am Job liegen oder daran, dass wir einfach nicht wissen, wie es mit uns als Familie weiter geht. Es sind auf einmal so viele Fragezeichen da, die geklärt werden wollen aber nicht können. Wir sind auf der Suche. Auf der Suche nach dem Wohnort, der ideal zu uns passt – wenn es so etwas überhaupt gibt. Auf der Suche nach der Unterkunft, in der wir uns bedingungslos wohl fühlen. Auf der Suche nach unserem Lebenskonzept, nach unserem Familienkonzept.

Mit jedem Lebensabschnitt beginnt die Suche

Eine Suche, die ich gut kenne. Jedes Mal, wenn ein Lebensabschnitt zu Ende ging, fing ich an, zu suchen. Zunächst unbewusst, später bewusst. Nach der Schule suchte ich nach dem passenden Studium für mich. Ich entschied nach Interessenlage und zog nach Münster um Germanistik und Philosophie zu studieren. Nach der dreijährigen Bachelorzeit war für mich klar, Münster war schön, aber die Zeit ist für mich gekommen, die Stadt zu verlassen und etwas Neues zu wagen.

So landete ich in Hamburg und studierte Deutschsprachige Literaturen. Je näher mein Masterabschluss rückte, desto größer wurde mein Bedürfnis, weiter zu ziehen. Berlin und Leipzig waren hoch im Rennen. Warum? Das weiß ich nicht, ich hatte das Gefühl, ich könnte gut einen Tapetenwechsel gebrauchen. Doch ich fand in Hamburg einen Job, der mich bleiben ließ. Zum Glück, denn sonst hätte ich meinen Mann nicht kennen gelernt. Meine Reise wurde unterbrochen. Hamburg bekam einen ganz neuen Reiz für mich. Aber es dauerte nicht allzu lange, da infizierte ich den Vater mit meiner Rastlosigkeit. Wir merkten beide, dass Hamburg nicht die Stadt ist, in der wir in beruflicher Hinsicht glücklich werden. In der wir unser Kind groß ziehen wollen. In der wir uns den Wohnraum leisten können, der unseren Vorstellungen entspricht. 

Neuanfang durch Wohnortwechsel

So trieb es uns ins Rheinland. Die Entscheidung bereuen wir keineswegs, sie war absolut richtig. Aber nun arbeitet es in uns: Wollen wir noch einmal weiterziehen? Wenn ja, wohin? Die Nähe zu meiner Familie, zu meinen alten und zu unseren neuen Freunden hat so viele Vorteile. Ein Neuanfang bedeutet auch immer viel Anstrengung. Eine Anstrengung, auf die wir überhaupt keine Lust haben. Und trotzdem sprechen wir immer wieder darüber, wo wir uns vorstellen könnten, zu leben. Dabei heraus kommt: Eigentlich überall, Hauptsache zusammen. Mit dieser schönen Erkenntnis, suchen wir nun nach unserem Weg. Mal mehr mal weniger intensiv, je nach Tagesform. Aber fest steht, wir sind auf der Suche und weit entfernt von „angekommen sein“.


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