Um zur Abwechslung mal nichts zu machen, sind der Abt, mein “Konkurrenzblogger” Andreas und ich am Freitag vor einer Woche zum Nyassa-See gefahren, in die allerhinterste Ecke Tansanias. Auf dem Rückweg haben wir in Litembo Station gemacht, dem Krankenhaus in den Bergen oberhalb des Sees. Beim Abendessen bei der stets gastfreundlichen deutschen Krankenschwester Hildegard hatte ich die Gelegenheit, neben einer echten Legende zu sitzen, nämlich neben Maria Meiss, die 1961 zum Gründungsteam des Krankenhauses gehörte und trotz ihrer 85 Lebens- und 51 Dienstjahre immer noch jeden Vormittag ein paar Stunden als Krankenschwester arbeitet und nachmittags Briefe an die Spender in Deutschland schreibt. Dr.Irmel Weyer, die als einzige Ärztin damals die Führung innehatte, und als “Mama mganga”, “Mutter Heilerin” bis heute eine Legende in der ganzen Gegend ist, ist dagegen “schon” mit 68 Jahren nach Deutschland zurückgekehrt. Maria Meiss weiß einige Geschichten aus der Vergangenheit zu erzählen, zum Beispiel von dem Tag, als alle Mikroskope aus dem Labor gestohlen worden waren. Dr.Weyer hat das Krankenhaus daraufhin geschlossen (“Aber Notfälle haben wir natürlich behandelt”). Nach kurzer Zeit wurden die Mikroskope am Rand einer Straße wiedergefunden; die Diebe hatten also offensichtlich ein Einsehen gehabt. Trotzdem hatte diese Geschichte noch ein schlimmes Ende: Ein einziger Zeuge des Diebstahls meldete sich, und der wurde wenig später tot aufgefunden.
Heute arbeiten tansanische Ärzte im Krankenhaus, der Verwalter ist ein tansanischer Priester, “Und der macht seine Sache sehr gut,” wie die lebendige weißhaarige Dame ausdrücklich betont. Normalerweise hat die ältere Generation ja eine gewisse Neigung dazu, die Jüngeren kritisch zu sehen, besonders, wenn es sich bei den Älteren um Deutsche und bei den Jüngeren um Afrikaner handelt. Schön, dass das in diesem Fall nicht so ist; schön besonders für die Menschen, die in der Umgebung leben, denn zwischen Peramiho und Litembo liegen 120 km, aber kein einziges gutes Krankenhaus.
Andreas hat nach einer Krankenhausbesichtigung in seinem Blog ziemlich kritisch geschrieben, und auch ich möchte lieber in Deutschland (oder noch besser: gar nicht) krank werden, aber auch nach Litembo kommen die Menschen von weit her, und auch dort werden die allermeisten Patienten gesund, auch dort gibt es inzwischen dank deutscher und amerikanischer Hilfe die modernen Medikamente, die AIDS-Kranken das Überleben ermöglichen.
Zwischen den beiden kirchlichen Krankenhäusern von Peramiho und Litembo scheint es einen gewissen friedlichen Wettstreit zu geben. Als Dr.Weyer noch in Litembo war, und Br.Dr.Ansgar noch nicht in Peramiho, hatte Litembo eindeutig den besseren Ruf, und die Brüder von Peramiho fuhren zur Behandlung nach dort. Manche fuhren auch dorthin, um Fasching zu feiern, denn auch die Karnevalsfeiern von Dr.Weyer waren legendär. So passt es, dass ihr 85. Geburtstag dieses Jahr auf den Rosenmontag fiel, den sie bei recht guter Gesundheit in Deutschland feiern konnte.
Das Foto zeigt Andreas (rechts) und mich vor dem Gipfelkreuz des Litembo-Berges; der spezielle Gruß geht aus diesem Anlass natürlich an Andrea und Christian.
Heiler
Autor des Artikels : rsk6400
Zum Original-ArtikelErlebnisse eines deutschen Mönchs im Alltag auf Kuba.