Heftpflaster für Herzanfälle

Heftpflaster für Herzanfälle"Teurer Crash: Börsenpanik vernichtet 2,5 Billionen Dollar", rechnet der "Spiegel" vor, auf "fünf Billionen" hingegen kommt die "Welt". Es folgen diesmal "Rettungstelefongespräche" (Tagesschau) und Ehrenerklärungen für den Euro aus Brüssel. Gar nicht mehr genannt als Verantwortliche werden "Spekulanten" (Walter Steinmeier), auch die Rating-Agenturen sind raus aus der Schulddiskussion: Die USA abzustufen, das ist dann auch wieder okay.
Es ist vielleicht doch so: Eine eiternde Ganzkörperwunde lässt sich sowenig wie ein Herzanfall dadurch heilen, dass ein Heftpflaster darübergeklebt wird. Schon gar nicht hilft es, ein, zwei viele Heftpflaster hinterherzukleben, sobald eines durchnässt.
Die verletzte Stelle fault. Sie riecht schlecht. Und sie kann, bei konsequenter Verleugnung der richtigen Diagnose und Behandlung, den ganzen großen Kerl krankmachen, der an ihr dranhängt.
Dass die seit 16 Monaten in Permanenz geschnürten "Rettungspakete" und die aller paar Wochen aufgezogenen "Rettungsschirme" eher Heftpflaster sind, die die öffentliche Wahrnehmung der europäischen Schuldenproblematik blenden sollen, als Medikamente zu ihrer Heilung, daran zweifelt inzwischen kaum noch jemand außerhalb der auf Als-ob-Aktionen abonnierten Politik nebst ihrer Begleitorchester in den Medienhäusern. Längst ist klar, dass die angebliche "Euro-Rettung" (Merkel) nicht der Währung Euro gilt, sondern dem von europäischen Polit-Eliten als Lebenswerk begriffenen Projekt Europa.
Ein Ausscheiden eines Landes, so ahnen Merkel, Sarkozy und Co., könnte der gesamten EU einen Stoß versetzen, von dem sie sich in den nächsten fünfzig Jahren nicht erholt.
Heftpflaster für HerzanfälleDann lieber doch eine neue EU, aufgebaut immer noch ohne demokratische Legitimation, nun aber zusätzlich auch noch gegründet auf klaren Verstößen gegen die selbstauferlegten Grundlagen. Aus der Wohngemeinschaft wird eine Haftunggemeinschaft, aus dem Staatenbund ein Wirtschaftsstaat. Die nationalen Parlamente verlieren ihr Etatrecht an nie und von niemandem gewählte Kommissare, die nationalen Parteien regieren auf der Notruffrequenz: Alles Tun ist "alternativlos" (Merkel), alles vom Grundgesetz verbotene notwendig und folglich erlaubt.
Zwei Wochen nach der letzten Rettung, schreibt das Bankhaus Rott, "ist es vollbracht. Griechenland hat noch so viele Schulden wie vergangene Woche". Zusätzlich sind Italien und Spanien in den Strudel des Misstrauens geraten: Kann Deutschland, unterstützt von Österreich und Holland, wirklich alle Schulden aller 500 Millionen Europäer zurückzahlen?
Liest man deutsche Zeitungen, scheint das kein Problem zu sein. Fester Glaube darum, dass die Pflaster nur groß genug sein müssen, um zu heilen, einst die Kommentatoren von Hamburg bis München. "Wie man aus der steuerfinanzierten Stützung von Gläubigerbanken und Versicherungen eine „Rettung“ des Schuldners Griechenlands konstruiert hat, ist ein weiterer Meilenstein im Niedergang der deutschsprachigen Medienlandschaft", heißt es dagegen bei Rott.
Nicht erst heute, wo den Rettern ihr Pflasterberg um die Ohren fliegt. Sondern schon unmittelbar nach der gemeinhin für das Ende allen Rettens gehaltenen "Schnürung" (dpa) des Juli-Rettungspaketes. "Wer trotz vermutlich körperlicher Schmerzen in den letzten Tagen noch dazu in der Lage war, die teils unfassbaren Kommentare zahlreicher „Experten“ bis zum Schluss zu konsumieren, dem war so einiges an neuer Weisheit beschieden. So wurde die Freiwilligkeit der Banken gelobt, gewiss, sie sei gering, aber es sei schon ein starkes Zeichen. Ein starkes Zeichen? Wofür?
Wunderbares war geschehen. Die Welt war neu erstanden. Galt über hunderte von Jahren, dass ein Gläubiger einen Kredit, dafür Zinsen, also Risikoprämien kassiert. Und Pech hat, wenn der Schuldner nicht zahlen kann, weil sein Geld dann zumindest zum Teil fort ist, stellt sich das inzwischen anders dar.Der Kreditausfall gehört eben nicht mehr "zur Kreditvergabe wie der Wind zum Wetter", wie das Bankraus Rott noch reklamiert. Ist der Kredit groß genug und haben ihn staatliche Institutionen wie die EZB vergeben, der inzwischen der Großteil der griechischen Staatsschulden gehören, dann greift der Staat auch gern in die linke Tasche, um seine rechte auszubezahlen.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler, einer der letzten Parlamentarier, der die Dinge noch beim Namen nennt, schildert die Abläufe hinter den Kulissen der Retterei: "Mit dem 110 Milliarden Euro umfassenden Rettungsschirm verlängerten die Geberstaaten Griechenlands Zahlungsfähigkeit um etwa ein Jahr, wie wir heute wissen. An den strukturellen Problemen hat sich indes kaum etwas geändert. Mit dem Wissen, dass Griechenland Schulden bedienen konnte, solange der Rettungsschirm wirkte, kamen Banken auf ein Geschäftsmodell, das zu gut klingt, um wahr zu sein. Mit Geld, das sie sich von der Europäischen Zentralbank zu 1,25 % liehen, erwarben diese Banken griechische Staatsanleihen mit 18 % Rendite. Nach aller Erfahrung mit Bailouts und Rettungsschirmen in der jüngsten Vergangenheit durften die Banken erwarten, dass sie die Zinsen einer theoretisch hochriskanten Anlage ohne praktisches Risiko einnehmen konnten.
Inzwischen hat die EZB 75 Milliarden Euro an Staatsanleihen aufgekauft. Zusätzlich hat die EZB es Banken gestattet, Staatsanleihen als Sicherheit für frisches Scheingeld zu hinterlegen. In den Büchern der Europäischen Zentralbank, die die Sicherheit und Stabilität unseres Geldes garantieren soll, liegen so inzwischen 140 Milliarden Euro griechischer Staatsanleihen. Mit Staatsanleihen aus Griechenland, Portugal, Irland, Italien und Spanien haben die Banken ein Gesamtrisiko von 443 Milliarden Euro auf die EZB abgewälzt - der Staat ist jetzt sowohl Gläubiger als auch Schuldner, er ist die Wunde, das Pflaster, der Arzt und der Eiter.
Die Therapie gibt ein alter Witz vor, den PPQ neulich schon einmal zur Illustration der Situation anführte: Ein Mann kommt in ein Hotel auf Korfu und möchte sich ein Zimmer anschauen. Dafür muss er dem Hotelier 100 Euro Kaution hinterlassen. Als der Gast im Zimmer verschwindet, nimmt der Hotelier die 100 Euro und läuft zum Fleischer, dem er noch 100 Euro schuldet. Der freut sich, geht zum Bauern, gibt dem 100 Euro, die er ihm schuldet. Der Bauer bezahlt damit eine Prostituierte, bei der er noch mit 100 Euro in der Kreide stand. Die Dame hat es nun eilig, schnell rennt sie zum Hotel, um die 100 Euro für das Zimmer zu bezahlen, die sie dem Besitzer noch schuldet. Kaum liegt das Geld auf dem Tisch, erscheint der Gast wieder. Das Zimmer hat ihm nicht gefallen. Er nimmt seine 100 Euro und verlässt den Ort, in dem nun niemand mehr Schulden hat.
Allerdings hat auch niemand mehr Geld.
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