Die Nachfrage an thermisch verwertbarem Holz vergrößert sich – mit steigender Tendenz. Deswegen sieht der nationale Biomasseaktionsplan Deutschlands vor, den Flächenumfang von sogenannten Kurzumtriebsplantagen (KUP) zur Erzeugung von Biomasse bis zum Jahr 2020 zu verdreifachen. Aktuell werden für den Energiepflanzenanbau, also für das Holz, verstärkt landwirtschaftliche Flächen genutzt.
Die Gefahr dabei ist aber, dass Flächen, die eigentlich der Nahrungs- und Futtermittelproduktion dienen sollten, nun vermehrt für die energetische Nutzung zur Verfügung stehen. Ein Forschungsprojekt an der Göttinger Fakultät Ressourcenmanagement der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen untersucht jetzt eine Alternative: stillgelegte Deponieflächen.
„Kurzumtriebsplantagen zur nachhaltigen Biomassebereitstellung auf Deponieflächen“, kurz: KUPAD ist der Titel des Forschungsprojektes, zu dessen Zielsetzungen eine ökonomische, ökologische und optisch sinnvolle Nachnutzung von Deponien gehört, das einen Beitrag zur nachhaltigen dezentralen Energieversorgung leistet und das eine Machbarkeitsstudie, Potenzialabschätzung und ein Managementkonzept für den Anbau von KUP auf Deponieflächen beinhaltet. „Geeignete Deponien sind solche, die an ihrer Gefährdungsklasse ablesbar keine gefährlichen Stoffe enthalten. Meistens handelt es sich um ehemalige Bauschuttdeponien, die mit einem kulturfreundlichen Boden abgedeckt sind und sich hervorragend für den Anbau schnellwachsender Baumarten eignen“, erklärt KUPAD-Projektleiterin Prof. Dr. Bettina Kietz vom HAWK-Fachbereich NEUTec (Nachhaltige Energie- und Umwelttechnik) an der Fakultät Ressourcenmanagement.
Doch wie sieht das für Holz aus? „Ein Problem ist, dass Pflanzen in der Lage sind, Schwermetalle aufzunehmen. Da muss man analysieren, welche Belastungen im Boden und in den Bäumen tatsächlich vorliegen, um hinterher sicherzustellen, ob aus dem auf einer Deponie gewachsenen Holz am Ende unbedenkliche Hackschnitzel produziert werden konnten“, erläutert Dr. Volker Zelinski, Leiter des Labors für Brennstoff-, Boden- und Umweltanalytik der HAWK.
Schwermetalle ändern sich nicht durch Verbrennung. Mit den Emissionen können sie von den Deponien in die Umwelt kommen. Dazu Dr. Zelinski: „So wie früher verbleites Benzin verwendet wurde und dadurch Blei in der Umwelt freigesetzt wurde, könnte das in analoger Weise hier auch der Fall sein. Um die Freisetzung schädlicher Emissionen zu verhindern, muss die Einhaltung der Grenzwerte für Holzhackschnitzel gewährleistet sein.“
"Geeignete Flächen haben wir im Raum Landkreis Göttingen, Werra-Meißner und Hannover gesucht und gefunden“, erläutert Prof. Dr. Kietz. So könnten durch die Berücksichtigung abgeschlossener Deponien zum Anbau schnellwachsender Hölzer einerseits bisher ungenutzte Flächenpotenziale für die Erzeugung von Energieholz genutzt werden. Andererseits stellt der Bewuchs durch die Stoffwechselaktivitäten der Pflanzen eine aktive Wasserhaushaltsschicht in der durchwurzelten Bodenzone dar, wodurch ein ökologisch und ökonomisch sinnvoller Beitrag zur Oberflächengestaltung von Deponieflächen geleistet werden kann.
Das Vorhaben sieht die exemplarische Bepflanzung ausgesuchter Altdeponien mit für eine Kurzumtriebsplantage geeigneten Baumarten vor. Neben der Untersuchung der Leistungsfähigkeit dieser KUP, steht dabei die Analyse der Ausgangssituation für die Pflanzen auf den Flächen, des Einflusses der eingebrachten Vegetation auf den Wasserhaushalt der Deponien sowie die Aufnahme von Schadstoffen in Pflanzenteilen und Sickerwasser im Vordergrund.
Was das Wachstum angeht, sind die ersten Ergebnisse recht vielversprechend. In nur einem Jahr sind auf einigen Standorten die im Rahmen von KUPAD angepflanzten Pappeln über drei Meter in die Höhe gewachsen. „Das ist schon enorm“, freut sich Iris Schmiedel, Doktorandin an der HAWK und gemeinsam mit Finn Ahrens vom 3-N-Kompetenzzentrum zuständig für die Organisation und Durchführung von KUPAD. „Die hohen Niederschlagswerte und günstigen Bodenverhältnisse auf den Deponien sind verantwortlich für das gute Pflanzenwachstum“, fügt Schmiedel hinzu. Konkreter möchte sie sich allerdings vor dem Projektende im Dezember 2014 noch nicht äußern.
KUPAD wird mit 275.000 für eine Laufzeit von 33 Monaten finanziert durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe. Projektpartner sind Dr. Martin Hofmann von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt, das Umweltamt Landkreis Göttingen, das Umweltamt Werra-Meißner-Kreis und die Abfallwirtschaft Region Hannover.