Im Haus der Zukunft wird nicht nur der Strom selbst erzeugt, auch die Wärme und vielleicht auch die Antriebsenergie für die Fahrzeuge werden vor Ort erzeugt. Was vor zehn oder zwanzig Jahren noch undenkbar war, kommt der praktischen Umsetzung heute immer näher. Energieautarke Häuser stellen die komplette Energieversorgung sicher. Dieser Vision kommen wir heute immer näher. Der Aufwand dazu ist jedoch noch recht hoch und weit weg von der Umsetzung in der Masse. Über Forschungsprojekte kommt man dem Ziel jedoch immer näher. Wo stehen wir heute und was gibt es an bekannten Projekten und Wege zur Umsetzung?
Ob der große Aufwand wirklich sinnvoll ist, bleibt umstritten. Von einer Wirtschaftlichkeit sind wir ohnehin weit entfernt. Vielleicht wird es in Zukunft mehr solcher Lösungen geben, vermutlich aber auch eine Umsetzung im Quartier. Über den Sinn oder eine eventuelle Wirtschaftlichkeit soll es hier nicht gehen, eher um aktuelle Beispiele.
Energieautarke Häuser als Haus der Zukunft
Plusenergie-Häuser sind über die Jahresbilanz betrachtet positiv, sie erzeugen im Jahresverlauf mehr Energie als sie verbrauchen. Ein energieautarkes Haus geht einen Schritt weiter und kann seine Energieversorgung selbst sicher stellen. Das Plusenergiehaus wird heute gefördert von der KfW, daher wäre es nur logisch in der Forschung einen Schritt weiter zu gehen und die Autarkie zu erforschen. Die Erfahrungen mit dem Plusenergiehaus sind allerdings noch nicht positiv.
Die Geschichte der energieautarken Häuser ist lang. Das erste energieautarke Haus wurde zwischen 1992 und 1996 als Forschungs- und Demonstrationsobjekt in Freiburg vom Fraunhofer Forschungszentrum für Solare Energiesysteme (ISE) betrieben. Die gesammelte Erfahrung war ernüchternd, es lohnt sich nicht und funktioniert auch noch nicht.
Intelligente Eigenversorgung mit der Sonne im energieautarken Haus
Danach war das Thema energieautarkes Haus fast zwanzig Jahre von der Tagesordnung verschwunden. Erst seit dem Projekt Energieautarkes Haus von Timo Leukefeld im sächsischen Freiberg spricht man wieder darüber. Dieses Haus wurde 2013 fertig gestellt.
Der Blog ecoquent-positions berichtet regelmäßig über dieses Projekt. Es setzt auf eine Kombination aus Photovoltaik und Solarthermie mit jeweils großer Fläche und großem Speicher:
- 48 m² Flachkollektoren mit einem 9m² Wärmespeicher für Heizung und Warmwasser
- Kaminofen zur Heizungsunterstützung
- 8,4 kWp Photovoltaikanlage mit einem 58 kWh Bleiakku
Weitere Details zum Projekt gibt es in diesem Beitrag von ecoquent-positions. Das Haus selbst entspricht einem KfW Effizienzhaus 55 und hat einen Stromverbrauch von unter 2.000 kWh/a. Überschüssiger Strom wird genutzt zum Laden eines Elektroautos.
Die Erfahrung, nach zwei Jahren, zeigt der solar Deckungsgrad für die Wärmeerzeugung beträgt 72 Prozent, mehr als erwartet. Beim Strom wurde jedoch keine vollständige Autarkie erreicht, es musste Strom hinzu gekauft werden.
Das Projekt zeigt einen alternativen Weg im Vergleich zu den stromgeführten Häusern mit Wärmepumpe. Aber bis zur vollständigen Autarkie ist auch hier noch ein Stück Weg zu gehen. Die Betrachtung der Mobilität fehlt noch in diesem Haus.
Projekt eMOBILie in München
Die häufiger eingesetzte Wärmepumpe für die Wärmeversorgung fand in München beim Projekt e-MOBILie Verwendung. Zusätzlich gehörte ein in Energiemanagement und ein Elektroauto dazu.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben gemeinsam mit den Partnern BMW und SMA Solar Technology AG ein Energiemanagement-System entwickelt, das dazu beiträgt die Anforderungen an ein energieerzeugendes Haus der Zukunft als Bestandteil in einem intelligenten Stromnetz zu erfüllen. In der Gemeinde Hallbergmoos nördlich von München testeten sie das Konzept in einem Energieplushaus der Krieger + Schramm Bauunternehmung (Dynahaus) mit Elektroauto.
Plusenergiehaus mit Elektrofahrzeug im Energiemanagement
Neben den üblichen Anforderungen an en Plusenergiehaus wurde das Laden eines Elektro-Autos im Energiemanagement berücksichtigt
Von Januar 2015 bis Juni 2016 wurde das Haus auf seine Tauglichkeit für den Alltag untersucht und zahlreiche Meßwerte wurden dazu erfasst. In dieser Zeit wohnte die vierköpfige Familie von Franz Hagn, Professor für Strukturelle Membranbiochemie an der TUM in dem Haus. Seine Motivation:
„Ich denke, die Verbindung aus dezentralisierter Energieproduktion und Elektromobilität könnte sich innerhalb weniger Jahre durchsetzen. Dazu möchten wir unseren kleinen Beitrag leisten.“
Die Wärmepumpe nutzte den Solarstrom, wenn der Batteriespeicher voll war, zur Pufferung im Wörmespeicher für Heizung und Warmwasser. Damit konnte der Eigenverbrauch der PV-Anlage erhöht werden.
Das Fazit der Familie Hagn zur Bedienung der Technik im Haus:
„Es ist ein bisschen umständlich, die Laufzeiten der jeweiligen Geräte anzupassen“, erklärt Franz Hagn. „Wenn man versucht, ein Zeitfenster zu wählen, das bereits angebrochen ist, startet das Gerät erst einen Tag später. Dann muss man auf die Webseite gehen und die Einstellungen verändern.“
Erfahrungen im Projekt eMOBILie
Zum Abschluss der 18-monatigen Praxisphase, in der Familie Hagn in dem Haus wohnte, konnten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden:
- Mithilfe des Energiemanagements konnte die Deckung des Energiebedarfs mit der selbsterzeugten Solarenergie insbesondere der Elektrofahrzeugladung auf rund 30 Prozent erhöht werden. Wäre das Laden ohne integriertes Energiemanagement erfolgt, wäre nur ein Anteil von einem Prozent Solarstrom für die Ladung [des Elektrofahrzeugs] verbraucht worden.
- Die Eigenverbrauchsquote des erzeugten Solarstroms betrug 64 Prozent. Die restlichen 36 Prozent wurden ins Stromnetz eingespeist.
- Dieser Eigenverbrauch deckte real 42 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs des Gebäudes, der installierten Messtechnik und des Fahrzeugs.
- Rechnerisch erreichte die gesamte Stromerzeugung der Photovoltaikanlage in der Jahressumme 81 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs. Lässt man den Stromverbrauch der Messtechnik und des Elektrofahrzeugs außen vor, ergab sich für das Gebäude eine Erzeugungs-/Verbrauchsbilanz von 102 Prozent und damit ein Energieplus von 2 Prozent, das heißt die Photovoltaikanlage produzierte 2 Prozent mehr Strom als der Gebäudebetrieb verbrauchte.
„Ein großes Potenzial zeigte auch die Einbindung der Wärmepumpe in das Energiemanagementsystem zum Ende der Projektlaufzeit“, erklärt Projektleiterin Claudia Hemmerle vom TUM-Zentrum für nachhaltiges Bauen. So konnten die Laufzeiten der Wärmepumpe weitgehend in die energetisch günstigen Tagesstunden verschoben werden. Weiteres Verbesserungspotenzial sieht die Ingenieurin bei der Trinkwassererwärmung und –speicherung.
Häuser der Zukunft mit Eigenversorgung
Diese Beispiele zeigen wo die Zukunft der Häuser liegen kann. Der Energiebedarf und die Energieerzeugung wird insgesamt betrachtet, mit Wärme, Kühlung, Strom und Mobilität für die Fahrzeuge. Ein intelligentes Energiemanagement sorgt für die optimale Nutzung des selbst erzeugten Stroms. Dafür gibt es auch Beispiele außerhalb der Forschung, wie das Haus von Christian Brandes in München zeigt. Bei SMA und Stiebel Eltron in den Blogs wird dieses Haus ausführlich vorgestellt.
Was meint Ihr zu dieser Entwicklung der ganzheitlichen Betrachtung des Energieverbrauchs mit Eigenversorgung am Haus? Ist das ein Weg für das künftige Bauen im Einfamilienhaus-Segment? Lässt sich das auch umsetzen beim Mehrfamilienhaus?