Hauptsache Macht?

Von Stefan Sasse
Das "Missy Magazine" hat in einem Artikel mit der Überschrift "Hauptsache Frau?" harsche Kritik an der Anwendung der Frauenquote in der Redaktion der Zeit geübt. Zur Erinnerung: Chefredakteur Giovanni di Lorenzo hatte eine Frauenquote von 30% versproche, weil dies die Homogenität der Redaktionen aufbräche und die Zeitung "interessanter" mache. Nun steigt mit Sabine Rückert die erste Frau in die Chefredaktion auf. Für das "Missy Magazine" ist das Anlass zu schwerer Klage: 

Eine Journalistin also, die sich während ihrer gesamten Karriere nur mit antifeministischen Positionen profilierte. Die die feministische Bewegung diskreditierte, wo sie nur konnte. [...] Jetzt geht es um die Wurst, liebe Kolleginnen. Reicht euch das? Gebt ihr euch damit zufrieden, einfach mehr Menschen mit einer Vagina in leitender Position in den Redaktionen installiert zu sehen? Oder steht ihr mit “Pro Quote” für eine tatsächlich feministische Kritik, die dann zwingend auch beinhalten müsste, für einen Journalismus einzutreten, der Sexismus und Ungleichbehandlung anprangert und für bessere Lebensbedingungen von Frauen eintritt?
Damit spricht das "Missy Magazine" offen aus, was ich schon vor Jahren geschrieben habe: die ganze Diskussion um die Frauenquote ist ein reines Machtinstrument, und zwar nicht zur Durchsetzung der Interessen "der Frau" (eine so diverse Gruppe, dass allein die Idee einer einheitlichen Vertretung wahnwitzig ist), sondern einer sehr schmalen Schicht von Profiteuren. Die Forderung nach einer Frauenquote in den DAX-Vorständen hilft vor allem der schmalen Schicht Frauen, die eine solche Karriere anstreben - dem überwältigenden Rest hilft es überhaupt nicht. Die Frauenquote in den Chefredaktionen dagegen wird vom "Missy Magazine" offen als Möglichkeit gesehen, eigene Truppen an die entscheidenden Schaltstellen der öffentlichen Meinung zu bringen. 
Es geht den Autorinnen überhaupt nicht um eine "Frauen"quote. Das ist lediglich das Label, mit dem man es verkaufen will, denn sich gegen die Frauenquote zu stellen ist eine gewaltige Schwierigkeit, da man leicht als Frauenfeind abgestempelt werden kann. Würde man eine entsprechende Quote, wie das "Missy Magazine" sie anstrebt einfach "Feministinnenquote" nennen, würde es niemals Unterstützung finden. Zurecht, übrigens, denn genausowenig gibt es eine "Liberalenquote", "Sozialistenquote" oder sonstige Quotierungen von Meinungen. 
Wird eine Quote als reines Machtmittel verstanden, um Anhänger und Vorkämpfer einer Minderheitenbewegung an die Schaltzentralen der Macht zu bringen, entbehrt sie völlig jeglichem Nutzen. Schon so ist zweifelhaft genug, ob sie irgendeinen positiven Effekt haben wird; sicher ist, dass sie negative hat. Als reines Machtinstrument eingesetzt aber ist sie nur noch schädlich. Bekämen die Damen vom "Missy Magazine" ihren Willen, so könnte der Journalismus gleich einpacken. 30% der Chefredakteursposten mit jemandem zu besetzen, der qua Quote gezwungen ist, eine bestimmte Meinung zu vertreten, ist blanker Irrsinn. Es wäre an der Zeit, dass jemand aus der Politik die Quotenforderungen als genau das benennt, was sie sind - Lobbyismus einer verschwindend kleinen Minderheit.

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