Das ENSI will wissen, wie es um sein Image bestellt ist und gibt dazu eine Meinungsumfrage in Auftrag. Überlegen Sie gut, was Sie antworten.
Das Telefon klingelt grundsätzlich, wenn Familie Schweizer sich zum Nachtessen hinsetzt Auf dem Display steht «Unbekannter Anrufer», und wenn man trotzdem auf die grüne Taste drückt, fragt eine trainiert nette Stimme, ob man denn wohl einen Moment Zeit habe? Antwortet man unüberlegterweise mit «Ja», so kann man in den folgenden Minuten seine Meinung zu allem Möglichen kundtun: Zeitschriften, Shampoo-Marken, Ausländerpolitik – und demnächst über das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI). Dieses will nämlich wissen, wie es um das Vertrauen in seine Arbeit bestellt ist. Der ENSI-Rat, das Aufsichtsgremium über das ENSI, hat an seiner Sitzung vom 3. November beschlossen, eine entsprechende Meinungsumfrage in Auftrag zu geben. Das geht aus dem Sitzungsprotokoll hervor, das angelisansichten.ch vorliegt. Das Vertrauen der Bevölkerung in das ENSI sei «eines der obersten strategischen Ziele», heisst es in dem Papier. Im Leistungsauftrag an die Befrager ist deshalb festgehalten, «dass die Zielerreichung bewertet werden soll».
Man muss kein Prophet sein, um die Schlagzeile auf der Website des ENSI zu erraten, mit der die Resultate der Umfrage dereinst verkündet werden: «Schweizerinnen und Schweizer vertrauen dem ENSI» oder zumindest sehr ähnlich dürfte sie lauten. Alles andere würde nicht auf die Website passen, die seit ihrer Neugestaltung im August zu einer virtuellen Gute-Nachrichten-Schleuder ausgebaut worden ist.
Beispiele gefällig?
30: November: «Angstbarometer – Die Gefahr einer radioaktiven Verseuchung in der Schweiz ist klein»
2. Dezember: «Gute Noten für Schweizer Atomaufsicht»
9. Dezember: «Umweltminister Untersteller teilt Entsorgungsphilosophie der Schweiz»
13.Dezember: «Kernkraftwerke sind gegen Sonnenstürme gewappnet»
Fortsetzung folgt, garantiert.
Mindestens zwei Mal pro Woche werden so atomare Good News verbreitet und wird Transparenz suggeriert. Die Wirklichkeit sieht anders aus, wie der «Beobachter» berichtet: Das ENSI versucht Interviews zu zensieren, lädt nur ausgewählte Journalisten zu Mediengesprächen ein, hält eigentlich öffentliche Dokumente unnötig lange zurück und rückt andere gar nicht mehr heraus – etwa die für AKW-Kritiker wichtige «Liste der Geschäfte» (sprich: Pendenzen in den AKWs).
Überlegen Sie deshalb gut, was Sie antworten, wenn demnächst abends das Telefon klingelt und eine nette Stimme fragt, ob Sie wohl einen Moment Zeit hätten.
Den vollständigen Artikel aus dem Beobachter finden Sie hier.