Hat Verdächtiger im Fall Maddie auch mit Inga und René zu tun?

Es soll ein feucht-fröh­li­ches Zech­ge­la­ge im Jahr 2017 in einer Braun­schwei­ger Bar gewe­sen sein, als über den TV-Moni­tor ein ZDF-Bei­trag über den zehn­ten Jah­res­tag des Ver­schwin­dens von Made­lei­ne McCann im Algar­ve-Bade­ort Pra­ia da Luz flim­mer­te. Wie jetzt das por­tu­gie­si­sche Bou­le­vard-Blatt Cor­reio da Man­hã schrieb, soll sich der bereits ange­trun­ke­ne Chris­ti­an B., mitt­ler­wei­le wich­tigs­ter Ver­däch­ti­ger im Fall Mad­die, einem Bekann­ten gegen­über mit Kennt­nis­sen gebrüs­tet und ihm zuge­ru­fen haben: "Ich weiß alles dar­über, was mit Mad­die pas­siert ist!" Unter­des­sen wer­den immer mehr Details bekannt und auch Ermitt­lun­gen ange­stellt, ob der Mann auch mit ande­ren Ver­miss­ten­fäl­len in Ver­bin­dung gebracht wer­den kann.

Dem Tages­zei­tungs-Bericht zufol­ge hat Chris­ti­an B. dem Bekann­ten zwei Vide­os vor­ge­führt. Dem­nach zeig­te eins die Ver­ge­wal­ti­gung einer älte­ren Frau, das ande­re, wie ein Erwach­se­ner Sex mit einer Min­der­jäh­ri­gen hat­te. Der beun­ru­hig­te Bekann­te habe bei der Poli­zei Anzei­ge gegen Chris­ti­an B. erstat­tet, so die Zei­tung. Dar­auf­hin hät­ten die deut­schen Beam­ten erneut gegen den heu­te 43-Jäh­ri­gen ermit­telt - wie schon nach 2013, als bri­ti­sche Kol­le­gen dar­um baten. Damals gab es offen­bar kei­ne ver­wert­ba­ren Ergeb­nis­se. Auch bis heu­te gibt es bis­lang nur Indi­zi­en, aber kei­ne hand­fes­ten Bewei­se.

Verdächtiger im Fall Maddie: Ein Haar führte auf die Spur

Doch nun habe man DNA-Spu­ren aus­ge­wer­tet. Laut Cor­reio da Man­hã bewies ein Haar von Chris­ti­an B., dass er am Ort der bru­ta­len Ver­ge­wal­ti­gung einer ame­ri­ka­ni­schen Tou­ris­tin im Jahr 2005 in Pra­ia da Luz war. Aus wei­te­rem, von der por­tu­gie­si­schen Kri­mi­nal­po­li­zei bereit­ge­stell­ten Mate­ri­al und dem Per­so­nen­pro­fil - die deut­sche Poli­zei ord­ne den Mann als Gewalt­tä­ter ein, der bizar­re Din­ge möge - ergab sich nach Anga­ben des Blat­tes der Ver­dacht, Chris­ti­an B. ste­he mög­li­cher­wei­se auch mit dem Ver­schwin­den von Mad­die am 3. Mai 2007 aus der Feri­en­an­la­ge Luz Oce­an Club in Ver­bin­dung.

Die Zei­tung schreibt:

"Die Autos und das Haus, in dem er leb­te, wur­den foren­sisch unter­sucht, und es wur­den Bewei­se gesam­melt, um die Ermitt­lung zu kon­so­li­die­ren. Was ent­deckt wur­de, ver­an­lass­te die deut­sche Poli­zei und die Staats­an­walt­schaft, von einem Mord an Mad­die aus­zu­ge­hen".

Chris­ti­an B. ver­wei­gert gemäß Cor­reio da Man­hã in der Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt Kiel, wo er ein­sitzt, die Aus­sa­ge und ist nicht gestän­dig. Die Vide­os habe man bis­lang nicht gefun­den.

Sowohl das Bun­des­kri­mi­nal­amt in Wies­ba­den als auch die Staats­an­walt­schaft in Braun­schweig gehen davon aus, dass das bri­ti­sche Mäd­chen Made­lei­ne McCann einem Tötungs­de­likt zum Opfer gefal­len ist. Die neu­en Erkennt­nis­se sind offen­sicht­lich Resul­tat der jah­re­lan­gen Zusam­men­ar­beit zwi­schen bri­ti­schen, por­tu­gie­si­schen und deut­schen Ermitt­lern. Ers­te Hin­wei­se auf den Deut­schen, der vor 48 Jah­ren unter ande­rem Namen (Chris­ti­an F.) in Würz­burg gebo­ren wor­den ist, hat­te es schon 2013 gege­ben.

Sach­dien­li­che Hin­wei­se, die auf Wunsch ver­trau­lich behan­delt wer­den, nimmt das Bun­des­kri­mi­nal­amt auf zwei Wegen ent­ge­gen - im Inter­net über das BKA-Hin­wei­s­por­tal und tele­fo­nisch unter +49 611 5518444.

Hat Verdächtiger im Fall Maddie auch mit Vermisstenfällen Inga und René zu tun?

Unter­des­sen mel­de­ten meh­re­re deut­sche Medi­en, inzwi­schen prüf­ten die Ermit­ter wei­te­re Vor­wür­fe gegen den Ver­däch­ti­gen. Sie stün­den zum Bei­spiel in Zusam­men­hang mit dem Ver­miss­ten­fall Inga Gehri­cke vom 2. Mai 2015. Damals war das fünf­jäh­ri­ge Mäd­chen aus Schö­ne­beck in Wil­helms­dorf (bei Sten­dal/­Sach­sen-Anhalt) ver­schwun­den, als es im Wald Feu­er­holz für ein Grill­fest sam­mel­te. Selbst Spür­hun­de konn­ten Inga nicht wie­der auf­fin­den. Den Berich­ten zufol­ge wohn­te Chris­ti­an B. damals auf einem auf­ge­ge­be­nen Fabrik­ge­län­de in die­sem Groß­raum, der Bör­de, bei Neu­we­gers­le­ben. Ande­re Anga­ben spre­chen von einem Bau­ern­hof. Dort fand man 2016 Mäd­chen­klei­der und auf einem Spei­cher-Stick Kin­der­por­no-Fotos, die unter ande­rem den Miss­brauch von Klein­kin­dern und Säug­lin­gen zei­gen.

Wie der Köl­ner Stadt-Anzei­ger berich­tet, sind Ermitt­ler des Bun­des­kri­mi­nal­amts zudem dabei zu prü­fen, ob es auch einen Zusam­men­hang mit dem Ver­schwin­den des sechs­jäh­ri­gen René Hasee aus Els­dorf bei Berg­heim geben könn­te. Von dem Kind fehlt seit dem 21. Juni 1996 jede Spur. Mit sei­nen Eltern war es im Som­mer­ur­laub in Alje­zur. Der Algar­ve-Feri­en­ort liegt rund 40 Kilo­me­ter von Pra­ia da Luz ent­fernt. Dort ver­schwand elf Jah­re spä­ter Mad­die McCann aus dem Feri­en­ap­part­ment ihrer Eltern. Die Fra­ge, die sich die Ermitt­ler stel­len, ist nun: Hat der Ver­däch­ti­ge Chris­ti­an B., der zwi­schen 1995 und 2007 an der Algar­ve leb­te, womög­lich die­se Kin­der jeweils in sei­ne Gewalt gebracht? Und was ist danach gesche­hen?

Diese Ermittlungs-Schritte gab es in Portugal

An Por­tu­gals Süd­küs­te gab es inzwi­schen fol­gen­de Ermitt­lungs-Akti­vi­tä­ten und ‑Erkennt­nis­se:

  • Die Kri­mi­nal­po­li­zei befrag­te meh­re­re Zeu­gen. Dies bestä­tig­te die Gene­ral­staats­an­walt­schaft der Algar­ve. In der Mehr­zahl han­del­te es sich um Per­so­nen, die in der Nähe von zwei Häu­sern wohn­ten, die vom Ver­däch­ti­gen mit Sicher­heit benutzt wur­den.
  • Es wird eine Durch­su­chung aller von dem Ver­däch­ti­gen benutz­ten Häu­ser geprüft, sobald kon­kre­te­re Anhalts­punk­te vor­lie­gen.
  • Die Poli­zei bit­tet die Bevöl­ke­rung, vor allem auch Deut­sche, erneut um Mit­hil­fe, damit her­aus­ge­fun­den wer­den kann, was genau am 3. Mai 2007 pas­siert ist. Die Ermitt­ler benö­ti­gen noch wei­te­re Bele­ge zum Tat­nach­weis und für eine Ankla­ge oder aber für einen Ver­dachts­aus­schluss. Strand­auf­nah­men, Häu­ser­fluch­ten, Fotos von Feri­en­an­la­gen, Land­schafts­auf­nah­men, Fotos, die im Hin­ter­grund Fahr­zeu­ge oder Per­so­nen zei­gen - alles könn­te in die­sem Zusam­men­hang nütz­lich sein für die Beam­ten.
  • Der­zeit sind die Ermitt­ler vor allem auch auf der Suche nach einer der Ex-Freun­din­nen des Haupt­ver­däch­ti­gen. Medi­en­an­ga­ben gemäß soll sie zum Zeit­punkt der Bezie­hung min­der­jäh­rig gewe­sen sein und Wur­zeln im Koso­vo haben. Die Frau könn­te hel­fen, mehr über die Bewe­gun­gen von Chris­ti­an B. rund um das Algar­ve-Dorf zu erfah­ren.
  • Inter­es­san­tes Detail: Am Tag nach dem mys­te­riö­sen Ver­schwin­den des damals fast vier­jäh­ri­gen Urlau­ber-Kin­des aus Groß­bri­tan­ni­en an der Algar­ve wur­de ein auber­gi­ne­far­be­ner Jagu­ar XJR 6 des Ver­däch­ti­gen mit deut­schem Kenn­zei­chen - zeit­wei­se Mün­che­ner und Augs­bur­ger - auf eine ande­re Per­son zuge­las­sen.

Verdächtiger im Fall Maddie könnte zunächst nur Raub geplant haben

Chris­ti­an Hop­pe, als lei­ten­der Kri­mi­nal­di­rek­tor feder­füh­ren­der Ermitt­ler beim Bun­des­kri­mi­nal­amt, wird in der por­tu­gie­si­schen Bou­le­vard-Zei­tung mit der Aus­sa­ge zitiert, es sei mög­lich, dass der Ver­däch­ti­ge in die Feri­en­woh­nung der Fami­lie McCann ein­ge­bro­chen sei, um die­se aus­zu­rau­ben: "Spon­tan könn­te er [durch das Sehen des Mäd­chens, das in sei­nem Zim­mer schläft] eine sexu­el­le Moti­va­ti­on ent­wi­ckelt haben". Als Beloh­nung für sach­dien­li­che Hin­wei­se haben die bri­ti­sche Metro­po­li­tan Poli­ce (Lon­don) 20.000 Pfund und das deut­sche Bun­des­kri­mi­nal­amt 10.000 Euro aus­ge­setzt.

Dem Ver­neh­men nach bestä­tig­te die Aus­wer­tung von Mobil­funk-Daten, dass der Ver­däch­ti­ge Chris­ti­an B. sich am 3. Mai 2007 im Raum des Dor­fes Pra­ia da Luz auf­ge­hal­ten habe. Durch die Ana­ly­se der Ein­wahl bei ent­spre­chen­den Mobil­funk-Mas­ten sei sein Han­dy bis auf 200 Meter genau loka­li­siert wor­den. Man kön­ne ihm fer­ner ein 30-minü­ti­ges Tele­fo­nat mit einem ande­ren Mobil­te­le­fon nach­wei­sen. Ergän­zend berich­tet die por­tu­gie­si­sche Zei­tung Jornal de Notí­ci­as am Frei­tag, Chris­ti­an B. habe sich in der Nähe der Feri­en­an­la­ge Luz Oce­an Club befun­den, "von wo aus Mad­die ver­schwand, als er zur Essens­zeit einen Tele­fon­an­ruf an eine Tele­fon­num­mer tätig­te, die auf den Namen Dio­go Sil­va regis­triert war".

Verdächtiger im Fall Maddie 17 Mal in Deutschland und Portugal verurteilt

Den ver­däch­ti­gen Deut­schen, der in einem Gefäng­nis in Kiel der­zeit eine sie­ben­jäh­ri­ge Haft­stra­fe wegen bru­ta­ler Ver­ge­wal­ti­gung einer 72-jäh­ri­gen US-Urlau­be­rin Anfang Sep­tem­ber 2005 in Pra­ia da Luz ver­büßt, beschreibt das in der Regel gut infor­mier­te Blatt als einen umher­ir­ren­den Sexu­al­straf­tä­ter, Pädo­phi­len, Dro­gen­händ­ler, Gele­gen­heits­dieb und Gewalt­tä­ter. Laut "Spie­gel" wuchs Chris­ti­an B. in einem Heim auf, mach­te den Haupt­schul­ab­schluss und und brach danach sei­ne Leh­re ab.

Die kri­mi­nel­le „Kar­rie­re" des 1,80 Meter gro­ßen gebür­ti­gen Würz­bur­gers mit kur­zen, blon­den Haa­ren habe im Alter von 15 Jah­ren mit einem Raub­über­fall begon­nen. 1995 sei Chris­ti­an B. mit sei­ner Freun­din an die Algar­ve gezo­gen. Er arbei­te­te bis 2007 gele­gent­lich als Bar­kee­per und Kell­ner in Knei­pen und Restau­rants im Raum Pra­ia da Luz und Lagos, sam­mel­te Golf­bäl­le auf oder beschaff­te Anzei­gen­kun­den für Zei­tun­gen.

Der Deut­sche leb­te bei Bekann­ten, in einem Schre­ber­gar­ten, aber auch in einem Wohn­mo­bil oder ange­mie­te­ten Häu­sern. Wäh­rend sei­nes zwölf­jäh­ri­gen Auf­ent­halts in Por­tu­gal und auch nach der Rück­kehr nach Deutsch­land habe er fort­ge­setzt Straf­ta­ten began­gen, zum Bei­spiel Dro­gen­han­del. Zu sei­nen Auf­ent­halts­or­ten in Deutsch­land gehör­ten unter ande­rem Augs­burg, Dres­den und Han­no­ver. Ins­ge­samt sei der Mann wegen sei­ner Delik­te 17 Mal in Deutsch­land und Por­tu­gal ver­ur­teilt wor­den.

Die Nach­barn an der Algar­ve erin­nern sich laut einem bri­ti­schen TV-Bei­trag an einen jun­gen Mann, der "aggres­siv" und "immer wütend" war und oft Autos mit hoher Geschwin­dig­keit "die Stra­ße rauf und run­ter" fuhr. Bevor Mad­die ver­schwand, habe er eilig sein Haus ver­las­sen, das in absto­ßen­dem Zustand gewe­sen sei. Unter ande­rem haben man auch Perü­cken und Kos­tü­me gefun­den. Bei der foren­si­schen Unter­su­chung der bei­den sicher­ge­stell­ten Autos von Chris­ti­an B. hät­ten die deut­schen Kri­mi­nal­tech­ni­ker weder Blut noch ande­re DNA gefun­den, heißt es.

Verdächtiger im Fall Maddie: Deutsche an der Algarve erinnern sich

Wie in regio­na­len Face­book-Grup­pen zu lesen ist, schaff­te der Deut­sche es offen­bar, Men­schen zu beein­dru­cken. Ein Grup­pen­mit­glied teil­te mit, dass ihm damals ein Jagu­ar XJ auf­ge­fal­len sei, der oft in Lagos in der Mari­na stand und sehr vie­le Lack­schä­den durch Son­nen­ein­wir­kung gehabt habe. Ein wei­te­rer Face­book-Nut­zer aus der Algar­ve konn­te sich erin­nern, dass die Poli­zei nach dem Ver­schwin­den von Mad­die vie­le wei­ße Trans­por­ter ange­hal­ten habe, auch sei­nen eige­nen, mit dem er sich gera­de 100 Kilo­me­ter von Pra­ia da Luz ent­fernt auf­ge­hal­ten habe. Die Beam­ten hät­ten den Trans­por­ter aus­ge­räumt, sei­en danach aber unver­rich­te­ter Din­ge wie­der wei­ter­ge­fah­ren.

Jemand ande­res pos­te­te, der Ver­däch­ti­ge habe zu jener Zeit eine "Pop­per­fri­sur" getra­gen, sei häu­fig im Jacket her­um­ge­lau­fen und habe von sei­nem Jagu­ar berich­tet. Bei Frau­en habe er "Chan­cen" gehabt. Laut Pro­filing des Bun­des­kri­mi­nal­amts hat er offen­bar Charme und Cha­ris­ma ein­ge­setzt, um an Geld und Sex zu kom­men. Der Spie­gel zitiert einen Bekann­ten, wonach Chris­ti­an B. sehr ein­neh­mend, domi­nant und gesel­lig gewe­sen sei und gewirkt habe wie ein hoff­nungs­lo­ser Träu­mer, der immer gros­se Plä­ne hat­te. Der Bekann­te habe gewusst, "dass er Dreck am Ste­cken hat­te. Dro­gen und so. Aber dass er Kin­der sexu­ell miss­braucht hat­te, davon hat­te ich kei­ne Ahnung."


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