Hat man überhaupt noch eine Chance auf gerechte Benotung in der Schule?

Von Lilia

Wenn man eine Studienkombination von Germanistik und Geschichte hat, dann teilt man sich die Vorlesungen mit jeder Menge Lehramtstudenten. Und als konsequenter Verfechter der Einstellung man müsste auch selber Interesse an dem Fach haben um es später Schülern näher zu bringen, macht man sich sowieso Feinde. Aber wehe du sprichst die Benotung an! Dann gibt es Halligalli!

Nun ist es doch so, dass eine Schülerin, die im Fach Chemie eine totale Tieffliegerin ist, in der mündlichen Ausfrage jede Menge Hilfestellungen erteilt bekommt. So weit so gut. Wenn dann aber direkt am gleichen Tag die schriftlich beste Schülerin ausgefragt wird, eindeutig wesentlich mehr weiß als ihre Kameradin und das ohne Hilfe, dafür aber dieselbe Note bekommt, dann stimmt irgendetwas nicht.

Lehrer sind nun mal niemals objektiv und vollkommen neutral bei Benotungen. Schüler, die als Musterbeispiel bekannt sind, bekommen ihre Noten oft genug leichter. Denn schließlich sind sie Einserschüler und nur weil sie einmal bei einer Ausfrage ins Hängen gekommen sind, heißt das nicht, dass sie das nicht wissen. Wenn aber der Durchschnittsschüler ins Stottern kommt, weil er nicht mehr weiter weiß, dann muss genauer nachgefragt werden, weil man muss ihm ja zeigen, was er nicht kann.

Und dann ist der Lehrer auch noch mit dem falschen Fuß aufgestanden. Er hat sich heute den Kaffee schon über die Hose geschüttet und die ständigen Anrufe seiner Exfrau wegen des Sorgerechts gehen ihm auf die Nerven. Also frage ich heute doch mal eine Chantal aus, von der erwarte ich eh nichts und unbewusst hätte ich richtig Lust zu sehen wie es auch anderen Menschen schlecht geht.

„Aber ich habe doch alle Fragen richtig beanwortet.“ Wird Chantal am Ende der Stunde sagen. „Ja, aber es hätte mehr von dir selber kommen müssen.“ In dem Hagelfeuer von Fragen, die in 5-10 Minuten Unterrichtszeit passen müssen, weil man ja die restlichen 35-40 Minuten endlich mal im Stoff weiterkommen will und nicht wieder extra Minuten mit Fairness gegenüber der Zukunft eines Schülers verschwenden möchte, ist das ja auch so einfach möglich.

Heute mag ich Schinken als Pizzabelag, morgen Salami. Heute mag ich nur in zwei kurzen Fragen feststellen, ob mein Schüler letzte Stunde anwesend war und morgen möchte ich detailgenau wissen was er aus der letzten Stunde noch weiß und was er darüber hinaus kann.

Das Leben ist nicht fair. Das ist es, was die Schule lehrt.