David Vann, im Zielfernrohr eines FAZ-Kritikers
Liest noch einer Bücher? Liest noch einer Buchbesprechungen? Vor allem die in der FAZ, die manchmal so lang und ausführlich scheinen, als wollten sie das rezensierte Buch ersetzen.
Eine Literaturkritik dieser Art ist die Besprechung von Thomas David des neuen Romans von dem US-amerikanischen Schriftsteller David Vann, " Goat Mountain", der jetzt auf Deutsch erschienen ist (FAZ, 1. August 2014, Nr. 176). Da der Autor für kurze Zeit in Berlin weilte, ergänzen Interview-Passagen die Interpretation.
Sollte irgendjemand in der Feuilleton-Redaktion der FAZ nicht nur Bücher, sondern auch Rezensionen lesen, müsste ihm ein eklatanter Widerspruch in der Inhaltsangabe im Bericht von Thomas David aufgefallen sein.
Hier hilft nur wörtliches Zitieren:
"Als der Vater den Sohn durch das Zielfernrohr seiner 300 Magnum einen Wilderer auf ihrem Land betrachten lässt und der Junge den Mann ins Fadenkreuz nimmt, seinem Instinkt folgt und den Wilderer erschießt , geht ein Riss durch die Zeit ...)"
Einen Absatz später zitiert der Kritiker den Autor wörtlich (die widersprüchliche Stelle wird hier VERSAL wiedergegeben):
"Als mich mein Vater dann durch das Zielfernrohr seines Gewehrs einen Wilderer betrachten ließ, packte mich ein Schwindel, so als stünde ich am Rande einer Klippe, und etwas in mir, irgendetwas, von dem ich damals nicht wusste, dass es in mir ist, WOLLTE ABDRÜCKEN. ICH HABE MICH OFT GEFRAGT, WAS MICH ALS KIND DAVON ABGEHALTEN HAT, ES ZU TUN UND DEN AUGENBLICK VORÜBERZIEHEN ZU LASSEN, STATT DEN WILDERER ZU ERSCHIEßEN."
Was denn nun?
Egal, wer liest schon Bücher? Wer liest schon Buchbesprechungen?