"Ein kleines, lispelndes Mädchen von acht Jahren", so sieht André Herrmann die Stadt Halle, Metropole an der Straße der Gewalt. Hermann kommt aus Leipzig, und er ist voll von Hass, wie er dieser Tage auf einer Poetenkonferenz im sächsischen Dresden öffentlich machte. Hermann hasst Halle, die Stadt, die alles hat, was seiner Heimatgemeinde fehlt: Einen richtigen Fluss in der Mitte, nicht nur die Pleiße. Eine Oberbürgermeisterin, die zeigt, das auch Frauen in Spitzenfunktionen einiges anrichten können. Eine Fußballmannschaft, die in der vierten und nicht nur in der fünften Liga spielt. Leipzig hat kein innerstädtisches Gefängnis, kein bedeutsame Fliesenszene, keinen Händel und also auch keine Händelfestspiele, keine Halloren-Schokoladenfabrik, keine Kathi-Kuchenmehl-Bäckerei, ja, nicht einmal eine Erstliga-Damenbasketballmannschaft oder eine über die Saison hinaus haltbare Eishockeyvertretung vermag die deutlich größere, doch deutlich unbedeutendere Stadt auf die Beine zu stellen.
Diese Leere müsste Leipzig eine Lehre sein. Doch nein. Aller Hass, alle Wut und aller Zorn richten sich, ganz nach dem Vorbild der Fremdenfeinde überall auf der Welt, gegen "die Anderen", gegen "die da drüben", gegen erfolgreichen Vettern und deren hübschere Töchter. Die vielen Fehlstellen, die seine Heimatstadt auszeichnen, haben auch aus André Hermann einen Hassprediger gemacht. Neid auf die erfolgreichere Gemeinde hinter der sächsischen Landesgrenze zerfrisst ihn. Mit Hohn sucht er sich trösten angesichts der Tatsache, dass die "Diva in Grau" (Halle) Goethes gelobtes Leipzig längst aussehen lässt wie ein beliebiges Provinznest. An der Pleiße sind bis heute nicht alle Weltkriegsbomben geborgen. Der Bahnhof ist noch immer nicht fertig. Die einst weltbekannte Messe flüchtete aufs flache Land. Ein Cellospieler wurde Bürgermeister und Verkehrsminister und endete schließlich nicht im Kanzleramt, wie von allen Leipziger erhofft. Sondern als vergessener Vorsitzender des Forums Ostdeutschland der Sozialdemokratie.
Das schlägt durch, das verbittert selbst die jüngere Generation der Sachsen, als deren selbstbewusster Repräsentant André Hermann gelten darf. Aus Mangel an eigenen vorzeigbaren Leistungen richtet sich sein ganzes Wesen, sein Trachten und Sinnen aus nach dem Wollen und Können des vermeintlich übermächtigen Konkurrenten: Halle, eine Name wie Donnerhall, der, man erlebt es oben im Video gleich zu Anfang, selbst in Dresden, der gemütlichen Elbmetropole ohne jeden Welterbestatus, durch reine Nennung für bemüht höhnisches Gelächter sorgt.
Dessen Ursprung ist klar wie der Quell eines Bergbaches. Hesekiel schon beschrieb die Situation, auch er in seiner Zeit ein wandernder Alltagspoet, der Halle Trost zusprach."Es sind wohl widerspenstige und stachlige Dornen bei dir, und du wohnst unter Skorpionen; aber du sollst dich nicht fürchten vor ihren Worten noch vor ihrem Angesicht dich entsetzen, ob sie wohl ein ungehorsames Haus sind."
Halle, erste sozialistische Arbeiterstadt in Deutschland
Ode an das Gute: Wawerzineks Verneigung vor der schönsten Stadt Bimmelkopf im Zeitenschimmel