Hartz IV: Immer mehr brauchen psychologische Beratung
„…Die möglichen psychischen Folgen von Arbeitslosigekeit seien unbestritten und wissenschaftlich belegt, so die Berater. Ängste, Gefühle der Hoffnungslosigkeit, ein sinkendes Selbstwertgefühl, Perspektivlosigkeit, Probleme bei der Bewältigung des Alltags oder sogar eine existentielle Verunsicherung seien Aspekte der psychischen Krisen, in die Menschen ohne Arbeit geraten könnten. Seit der Einführung von Hartz IV wird dem Rechnung getragen: Die psychologische Betreuung ist als eine “flankierende”, also unterstützende Leistung im Sozialgesetzbuch II festgelegt. Mit diesem Schwerpunkt ist die SPSH einzigartig in Hamburg. “Die große Nachfrage nach Beratung zeigt, daß solche Angebote notwendig sind”, so Schumak.
Rund 50 Prozent der SPSH-Klientel sind Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Auffällig ist, daß 56 Prozent Abitur haben: “Das Bildungsniveau ist also durchschnittlich ziemlich hoch”, sagt Schumak. Das sei ein Beleg dafür, daß Bildung nicht vor Erwerbslosigkeit schütze…“
http://www.abendblatt.de/hamburg/article372587/Hartz-IV-Immer-mehr-brauchen-psychologische-Beratung.html
Krankenkasse: Hartz IV macht krank
Die Angst vor Hartz IV verursacht bei vielen Arbeitslosengeld I Beziehern psychische Erkrankungen. Seit Einführung der Arbeitsmarktreform “Hartz IV” ist die Krankheitsrate bei Psychischen Erkrankungen um 44 Prozent gestiegen.
…
Laut Auswertungen der Techniker Krankenkasse (TK) nehmen die Krankheitstage von Arbeitslosengeld I Bezieher kontinuierlich seit der Einführung der Hartz-IV Gesetzgebungen zu. Sie stieg die Rate der Arbeitsunfahigkeits-Bescheinigungen seit 2006 um 28 Prozent auf im Durchschnitt 22,5 Krankheitstage. Dabei ist auffällig, dass vor allem im Bereich der Psychischen Erkrankungen die Krankheitsrate deutlich zugenommen hat. So hat sich die Krankheitsrate aufgrund psychischer Belastungen fast verdoppelt und ist um 44 Prozent angestiegen.
…
Eine DGB- Studie von Anfang 2010 belegt zudem, dass etwa eine halbe Million Menschen aufgrund der Erwerbslosigkeit & Hartz IV von gesundheitlichen Einschränkungen betroffen sind. Nach Angaben der Agentur für Arbeit meldeten sich alleine in den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres 1,7 Millionen Erwerbslose krank. Das sind etwa 13 Prozent mehr als bei Beschäftigten.“
http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/krankenkasse-hartz-iv-macht-krank-8765.php
Hartz IV: Gesundheitsrisiko Arbeitslosigkeit
„Massenarbeitslosigkeit ist seit Jahrzehnten ein zentrales Problem von Industriegesellschaften. Nationale wie internationale Studien zeigen gleichermaßen, dass Arbeitslose im Vergleich zu Erwerbstätigen nicht nur materiell, sondern auch gesundheitlich und psychosozial weit stärker belastet sind. Zwischen dem Gesundheitszustand der Betroffenen und deren verminderten Eingliederungschancen besteht zudem ein sich selbstverstärkender Zusammenhang.
…
Der Verlust des Arbeitsplatzes selbst aber auch die Phase der Arbeitslosigkeit werden dabei als eigenständige Risikofaktoren eingestuft. Auch Arbeitsplatzunsicherheit führt zu einer Verschlechterung der Gesundheit, da die psychischen Belastungen bereits vor dem konkreten Arbeitsplatzverlust beginnen. Prozesse der betrieblichen Umstrukturierung, die bei einem Teil der Beschäftigten zur Entlassung führen, hinterlassen auch bei den Beschäftigten, die nicht zu den Entlassenen gehören, psychische Folgen. Bei Eintritt in die Arbeitslosigkeit sind die Betroffenen mit umfassenden Anforderungen konfrontiert: Sie müssen unter Unsicherheitsbedingungen entscheiden und
handeln, gehäuft Misserfolgserfahrungen verarbeiten und zu weit in die Zukunft reichenden Konzessionen bereit sein. Die mit dem Arbeitsplatzverlust und der Arbeitslosigkeit einhergehenden psychosozialen Belastungen betreffen verschiedene Ebenen: Die mit der Erwerbstätigkeit verbundene wirtschaftliche Sicherheit, die soziale Einbindung, das Selbstwertgefühl und die Tagesstruktur verringern sich oder gehen gänzlich verloren. Der Verlust der Kollegenschaft, als bedeutendsten Anteil des persönlichen Netzwerks, und auch aus Scham bedingtes Rückzugsverhalten bedeuten
häufig soziale Isolation. Die Belastungen werden durch Alltagsprobleme aber auch existenzielle Zukunftssorgen verstärkt. Mit dem Arbeitsplatzverlust und der Erwerbslosigkeit sind auch heute noch für die Betroffenen soziale Stigmatisierungsprozesse verbunden.
…
Bei allen gut gemeinten Ansätzen zur psychosozialen Stabilisierung und zum Aufbau von Gesundheitskompetenzen sollten aber die damit verbundenen Erwartungen an Arbeitslose realistisch bleiben: Von Erwerbslosen in einer prekären Lebenssituation – unter schwierigen finanziellen Bedingungen, in unsicherer Zukunftsperspektive, in einem Klima sozialer Diskriminierung – sollte im Hinblick auf ihr (Gesundheits-) Verhalten nicht mehr erwartet werden als von Menschen in stabilen Lebensverhältnissen. Auch bedarf es eines sensiblen Umgangs mit solchen Angeboten, um nicht zu einer weiteren Stigmatisierung der Betroffenen beizutragen. Der Fokus auf die individuelle Selbstbestimmung und -verantwortung in Sachen Gesundheit darf letztendlich nicht dazu verleiten, die gesundheitlichen und psychosozialen Belastungen der Erwerbslosigkeit allein als individuelles Problem zu definieren. „Bestandteil gesellschaftlicher Strategien der Primärprävention im Bereich der Arbeitslosigkeit muss (…) die Ent-Stigmatisierung des Themas Arbeitslosigkeit sein, die darauf hinwirkt, dass Arbeitslosigkeit – in der Selbst- und in der Fremdbewertung – nicht
länger als individuell verschuldet wahrgenommen, thematisiert und behandelt wird.“
Quelle und gesamte Studie:
http://www.sozialpolitik-aktuell.de/tl_files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Arbeitsbedingungen/Dokumente/arbeitsmarkt-aktuell-Gesundheitsrisiko-Arbeitslosigkeit-1.pdf