Diesen Rikshafahrer fotografierte ich 1982 in Old Delhi.
Vor wenigen Wochen kaufte ich dieses Buch auf einem Flohmarkt um läppische 3 Euro, obwohl es praktisch neuwertig ist. Eine Perle im sonst nur mittelmäßigen Angebot dieses Flohmarkts, die mir der Betreuer ganz offensichtlich nur schweren Herzens verkaufte. Er sei selbst ein Fahrradenthusiast und bedaure, dieses Buch nicht selbst bei der Vorbereitung entdeckt zu haben. Ich hätte es ihm überlassen, aber er sagte dann, es gebühre dem Entdecker, also mir. Auch gut.
Es erzählt die wahrhaft abenteuerliche Radreise rund um die Welt von Gustav Sztavjanik und F. J. Davar, die 1924 bis 31 dauerte und folgende Route hatte:
Wien – Nordkap – Marseille – Algier – Sahara – Tamanrasset – Nigeria (Lagos) – Senegal – Überfahrt nach Rio de Janeiro – Sao Paolo – Montevideo – Andenüberquerung – Valparaiso – Santiago de Chile – Titicacasee – neuerliche Andenüberquerung – längs des Amazonas bis zu dessen Mündung – per Schiff nach New York – Washington – San Francisco – per Schiff nach Hawaii und Japan – China – Schiffspassage nach Süden (politische Wirren machten das Radfahren zu gefährlich) – Singapur – Burma – Kalkutta – Benares – Agra – Bombay – Arabien – Suezkanal – per Schiff nach Triest – Wien.
Wie kam es zu der Reise: Sztavjanik war ein 17jähriger Arbeitsloser Wiener, der zufällig in der Gumpendorferstraße in Wien auf den indischen Journalisten Davar traf, der eine Fahrradpanne hatte. Davar war bereits von Bombay bis Wien geradelt und hatte darüber in indischen Zeitungen berichtet. Sztavjanik freundete sich mit ihm an, beherbergte ihn und beschloss dann, mit ihm die Reise fortzusetzen. Die beiden gingen miteinander durch dick und dünn, mehrmals in akuter Lebensgefahr – und dennoch erfährt man aus den Aufzeichnungen Sztavjaniks nur wenig über den Reisegefährten.
Sztavjanik und Davar vermarkteten ihre Reise, um sich das Fortkommen zu finanzieren: Davar schrieb Artikel und ein Buch, Sztavjanik lebte vor allem nach der Reise einige Jahre von Diavorträgen, die er in ganz Österreich hielt. Außerdem gab er Interviews und publizierte Reiseerinnerungen in Zeitungen. Seine Reisenotizen, Autogrammbücher (mit Autogrammen hoher und höchster Persönlichkeiten wie des amerikanischen Präsidenten Hoover, der die beiden empfing), Zeitungsausschnitte und sonstigen Reiseerinnerungen sammelte er sorgfältig. Nachdem Sztavjanik 1944 gefallen war, gelangte die Sammlung schließlich über seine Nachfahren an den fahrradbegeisterten Künstler Hermann Härtel, der nun gemeinsam mit Maria Rennhofer dieses Buch herausgab.
Zwischen Sztavjaniks Reiseberichten sind ergänzende Kapitel über die Aspekte, die Sztavjanik nicht beschreibt, eingefügt. Sehr viele Abbildungen aus Sztavjaniks Sammlung machen das Bild zu einem anschaulichen Leseerlebnis.
Tolle und anregende Lektüre.
Hermann Härtel, Maria Rennhofer: Mit dem Zweirad um die Welt. Die sensationelle Reise des Gustav Sztavjanik 1924 – 1931. Haymon-Verlag, Innsbruck 2000. 160 Seiten.