Ich bin mir bewusst, dass dieses Buch zur Weltliteratur gehört. Und ich weiß außerdem, dass es den Zeitgeist traf, der bei der Erstveröffentlichung 1851 (als Buch 1852) herrschte. Und doch…
Ich habe das Werk gelesen, an manchen Stellen war ich auch berührt davon. Aber ich habe – je länger das Buch war – eine gewisse Abscheu entwickelt. Nicht wegen der “in den USA seit langem heftige Kritik aufgrund der von vielen als zu unterwürfig bezeichneten Darstellung der Sklaven”(wikipedia) – die ich so gar nicht erkennen kann, da es viele starke Figuren im Buch gibt, die dem widersprechen. Sondern wegen der alles übertünchenden Religion.
Es mag ja sein, dass mich meine eigene Geschichte und die eigene Behandlung dieses Themas besonders empfindlich macht; aber mich macht diese “gottgegebene” Schicksalsergebenheit einfach nur wütend.
Anfangs glänzt das Buch durch eine relativ genaue Beschreibung des Lebens der Protagonisten. Allerdings kommt mir das, was über das Leben der Sklaven erzählt wird, oft sehr oberflächlich vor. Das Leid wird beschrieben. Aber nie so, dass es der Leser nacherleben, nach- und mitempfinden kann. Beecher-Stowe kennt – das ist zu spüren – das Leben der Sklavenhalter besser. So wie heute die “Wilmersdorfer Witwen” beim Kaffekränzchen sich über “die armen Neger in Afrika” unterhalten, dabei Nestlé-Kaffee trinken und sich über Schnäppchen unterhalten.
Es wirkt unecht. Es ist unecht.
Hier sind Bücher wie “Eine Zusammenkunft alter Männer” von Ernest J. Gainesville oder Harper Lees’ “Wer die Nachtigall stört” einfacher und ehrlicher. Sie sind glaubwürdiger, weil die Perspektive stimmt. Und das fehlt mir an “Onkel Toms Hütte”.
Wie gesagt: und dann noch die christliche Soße über Allem. (So wie in der DDR die “utopischen Romane über gute Plots die “rote Soße” gegossen bekamen.) Elend zu krepieren im Schuppen und dafür dem “Herren” Dank zu sagen ist nichts, was ich für erstrebenswert halte. Oder überhaupt nur für glaubwürdig. Auch wenn ich weiß, dass ich das aus meiner Sicht so empfinde, glaube ich nicht, dass Menschen jemals gern so gestorben sind.
Heutzutage könnte man solch ein Buch nicht mehr auf diese Art schreiben. Schon allein der dramaturgische Aufbau hält keiner Kritik mehr stand (die zwei Erzählungsstränge laufen nicht einmal zeitlich so recht parallel).
“Onkel Toms Hütte” war Weltliteratur, hat aber heute kaum noch die Kraft, aufzurütteln. Es war ein wichtiges Buch, ist es aber nicht mehr.