Heute feiert das dritte Album von GREGOR McEWAN mit dem Titel FROM A TO BEGINNING seinen Release und da der bekannte Musikjournalist und Autor Linus Volkmann den Pressetext verfasst hat, gebe ich den jetzt einfach mal so wieder:
Auch wenn er einen der begabtesten hiesigen Singer/Songwriter darstellt, ist die genre-eigene Limitierung seine Sache nie gewesen. Gregor McEwan ist viel eher sein eigenes 16:9-Format als bloß ein weiterer Junge mit Gitarre. Mit dem dritten Album nun erfüllt sich alles, was in seiner Musik immer angelegt war. Hier kommt Honig auf die Wunden.
An die unbeschwerten Tage auf Alderaan erinnert man sich gern. Ein friedlicher Planet, doch dann verdunkelt sich der Himmel, das Imperium knallt einfach drauf und jetzt sitzt man da auf einem Stück Weltraumschrott und treibt ziellos durch das All. F*ck Dich, Todesstern!
Gregor McEwan lässt den Heimatplaneten von Prinzessin Leia im gleichnamigen Song noch mal aufblitzen – aber auch ohne im „Krieg der Sterne“-Franchise drinnen zu sein, kann man das hier beschworene Gefühl nachvollziehen. Der haarige Wahl-Berliner erzählt auf „From A To Beginning“ an vielen Stellen davon, wie es ist, sich der Zeit und der ewigen Veränderung ausgesetzt zu sehen. Gutes wie Schlechtes zerfällt zu Staub – und wie zur Hölle geht man damit um?
Zum Glück ist Gregor McEwan dabei nicht nur Chronist des Schwermuts, sondern bleibt bei all seiner Brillanz in Moll immer auch ein hoffnungslos romantischer Typ. Der Song „On Her Radar“ schafft es, ohne jeglichen Kitsch dem Thema love die vielleicht schönste Songentsprechung dieser Tage zu geben. Auch wenn man hundert Mal gesehen oder gar miterlebt hat, wie auch ganz große Lieben von der verdammten Zeitverfluggeschwindigkeit zersetzt wurden, bedeutet das längst noch nicht, dass “Du und Ich“ es diesmal nicht doch schaffen könnten. Ein einziger Kuss gegen die Endlichkeit.
Gregor McEwan selbst hatte es zuletzt nicht leicht, nach der zweiten Platte kam die talentierte Ein-Mann-Armee mit den vielen musikalischen Freunden ins Stocken. Der ewige Kreislauf kreativer Selbstausbeutung führte an kein Ziel mehr. Der 35-jährige verwarf neue Songs und Texte und sah sich gezwungen, doch einmal rechts ranzufahren – also für mehr als einen Tankstopp, für mehr als eine Nacht in einem Hostel am Wegesrand.
Die daraus resultierende Pause machte sich dabei als genau das aus, was der Kunst Gregor McEwans gerade noch gefehlt hatte. Die Stücke auf „From A To Beginning“ stellen in jedem Fall seine persönliche Meisterschaft dar, die Liebe zum Detail und die investierte Zeit hört man deutlich. Wobei das große Panorama an Sounds und Ideen ohnehin schon immer zu seinen Stärken gehörte – unglaublich aber, was für einen Effekt das nun hat, wo es dermaßen Raum bekommt.
Denn wenn Gregor McEwan eins nicht ist, dann der hermetische Barhocker-Songwriter, der sich und seinem Solosound im Studio halt noch mal ein, zwei Geigenflächen gönnt. Nein, hier fließen unterschiedlichste Strömungen, Ansätze und Instrumente zusammen: Emo von The Get Up Kids oder The Promise Ring ist für ihn ein Thema, genauso wie das Liedermachertum selbst, aber auch Folk, Dance, große Filmmusikmomente bis hin zu Country. Jedes Stück erhält seine eigene Instrumentierung, dennoch sind die vielen Details nie Selbstzweck, der Song bleibtimmer stets ganz bei sich.
Auf diesem spleenigen und gleichsam pointierten Planeten McEwan möchte man einfach Zeit an sich vorbeiziehen lassen. Hier ist noch nicht alles verloren, hier klingt die Musik manchmal, als hätte Evan Dando nach „Come On Feel The Lemonheads“ noch so eine bittersüße Großtat im Ärmel gehabt. Hier ist es warm, intim und trostreich, oft auch lustig und laut. Hier findet einen das Imperium so schnell nicht.
Linus Volkmann