Happy Birthday Reinheitsgebot: Vier bierische Aktivitäten in der Fränkischen Schweiz

Von Miriam Zöllich @bayern_reise

Kennt ihr diese Szene, in der Homer Simpson mit Lionel Richie den Bier-Song singt (wenn nicht: hier nachschauen)? „Beer you, beer me, beer us together…“ Den hatte ich nämlich ständig im Kopf, als ich im Oktober auf einer Bier-Reise in der fränkischen Schweiz war. Denn an diesem urigen Fleckchen Erde zwischen Forchheim, Bamberg und Bayreuth begegnet einem die Brauerei-Tradition wirklich an jeder Ecke. Zum 500. Geburtstag des Reinheitsgebots gibt es heuer außerdem ein paar besondere Bier-Specials.

500 Jahre Reinheitsgebot – Hoch die Tassen!

Es gibt eine Sache, da sind die Bayern absolut nicht kompromissbereit, und die betrifft das Bier. Hopfen, Malz, Wasser, Hefe. Mehr kommt nicht rein. Nicht niemals nie. Dafür sorgt das Reinheitsgebot – und zwar schon seit 500 Jahren. Es war am 23. April 1516, als Herzog Wilhelm der IV. die Zutaten für das Bierbrauen in Stein meißelte. Im übertragenen Sinn.

Kein Wunder, dass die Touristiker in Bayern im Jubiläumsjahr 2016 ganz aus dem Häuschen sind. Die Eventkalender im ganzen Freistaat sind dermaßen mit Veranstaltungen rund um den Gerstensaft gefüllt, dass man schon vom Durchlesen einen leichten Schwips bekommt: Bierseminare, Bierverkostungen, Bierbraukurse, Biermenüs, Biertheater …, ja sogar zum Hopfenbad-Wellness wird geladen. Kein Scherz.

Bierland Oberfranken und Bier-Paradies Fränkische Schweiz

Ein paar Bier-Fakten zum Bierland Oberfranken (was auch die Frage beantworten sollte, warum man dem 500. Geburtstag des Reinheitsgebots ausgerechnet hier huldigen sollte):

  • Mit mehr als 200 Brauereien auf rund 7200 Quadratkilometern hat der Regierungsbezirk Oberfranken die höchste Brauereidichte der Welt.
  • Damit hat Oberfranken doppelt so viele Brauereien wie alle anderen Regionen in Bayern.
  • Nicht mal ein ganzes Bundesland in Deutschland (außer Bayern natürlich) hat so viele Brauereien wie Oberfranken.
  • Auf eine Brauerei kommen gerade einmal 5500 Einwohner. Zum Vergleich: In Oberbayern kommen auf eine Brauerei 44.000 Einwohner.
  • Die über 200 Brauereien produzieren zusammen etwa 1000 verschiedene Biersorten.

Foto: FrankenTourismus

Die Fränkische Schweiz als ein landschaftlich besonders reizvoller Teil Oberfrankens erstreckt sich zwischen Forchheim, Bamberg und Bayreuth. Ihren Namen verdankt sie den bizarren Felsformationen, die teils senkrecht in die Luft ragen.

Allein hier gibt es 70 kleine, familiengeführte Brauereien und Brauereigasthöfe. Das Städtchen Aufseß bricht dann nochmal alle Rekorde: Hier kommen auf 1400 Einwohner vier Brauereien. Also eine Brauerei pro 3500 Einwohner.

Genug der Zahlen, Beweisführung abgeschlossen:

Die Fränkische Schweiz ist wirklich ein Bierparadies. Und wer dorthin reist, kann nicht nur stupide sein Seidla in sich rein schütten, sondern tolle Unternehmungen rund um das Kulturgut Bier in Angriff nehmen!

1. Ein Besuch im Forchheimer Kellerwald

Oberbayern hat Biergärten, Franken hat Bierkeller. Doch wer jetzt denkt, die Franken hocken zum Trinken in dunklen Felsenhöhlen, der hat weit gefehlt. Dort unten wird nur das Bier auf Temperatur gehalten – der süffige Genuss findet AUF dem Keller statt.  Direkt über den Felsgängen nämlich schenken Wirtschaften das Bier aus – damit es auf dem Weg vom Lagerraum zum Mund des Trinkenden auch ja kein Grad wärmer wird!

Ganze 24 Wirtschaften schenken im Forchheimer Kellerwald ihre regionalen Biersorten aus. Bevor man sich aber ein kühles Seidla und ein paar Bratwürste einverleibt, lohnt sich eine geführte Tour durch den rund 500 Jahre alten Kellerwald. Lies hierzu am besten meinen ausführlichen Beitrag zum Forchheimer Kellerwald!

2. Eine Brauereiführung mit Bier-Verkostung

Eine Brauereiführung mit Bierverkostung möchte ich wirklich jedem ans Herz legen – egal ob man das Zeug nun mag oder nicht. Denn diese uralte Kunst ist einfach unglaublich interessant.

Wie zum Beispiel schafft es ein Braumeister, aus nur vier Zutaten – nämlich Wasser, Hopfen, Hefe, Malz – Biere zu kreieren, die leicht nach Karamell duften? Was ist der Unterschied zwischen untergärig und obergärig?

Ich habe im Brauereigasthof Drei Kronen Memmelsdorf bei Bamberg besucht. Der Braumeister Hans-Ludwig Straub ist echt ein fränkisches Original; auf seinem Weg durch die Produktionsstätten haut er eine Pointe nach der anderen raus. Und natürlich jede Menge spannendes Wissen rund um’s Bier und dessen Verkostung.

Man lernt, welche Sinne man zum Degustieren braucht (Augen, Nase und Mund) und wie man sie einsetzt. Man hört zum ersten Mal den Begriff der retronasalen Aromawahrnehmung – was nichts anderes bedeutet, als dass man Düfte erst über den Mund und Rachen in der Nase riecht. Man erfährt, dass Hopfen zu den Hanfgewächsen gehört und damit doch tatsächlich die „kleine Schwester vom Hasch“ ist, wie der Braumeister so schön sagt.

Vor und nach der Brauereiführung gab es noch ein Bier-Menü – jeder Gang geschmacklich passend zum jeweils kredenzten Bier. „Food-Paring“ heißt das dann und sorgte bei mir tatsächlich dafür, das gewöhnungsbedürftige Bamberger Rauchbier zusammen mit leckerem Schinken aus einer ganz neuen Perspektive zu erschmecken.

Foto: FrankenTourismus

Der Braumeister und die bunte Welt der Biere

Food-Paring beim Biermenü: Zu jedem Gang gibt’s das passende Gebräu.

Eine Brauereiführung der etwas ungewöhnlichen Art gibt es auf dem Hallendorfer Kreuzberg. Das Brauhaus an sich ist schon wirklich sehenswert, doch richtig abgefahren wird es erst im Keller. Dort wartet nämlich ein 5D-Kino auf die Besucher.

Mit 3D-Brille, vibrierenden Kinosesseln, Wind und Sprühnebel unternehmen die Besucher eine rasante, virtuelle Fahrt durch den Braukessel. Alles etwas überdreht, alles ein bisschen verwirrend, und der Informationsgehalt des 15-minütigen Animationsfilms ist so naja. Aber es ist definitiv ein Erlebnis. Vor allem Kinder werden begeistert sein.

Übrigens wird im Brauhaus am Kreuzberg nicht nur Bier produziert – auch jede Menge Schnäpse und fränkische Whisky Tully Cross werden hier gebrannt. Und wer es ganz experimentell mag, sollte das in Whiskyfässern gelagerte Bockbier versuchen.

Sehenswert und gemütlich: Das Brauhaus auf dem Kreuzberg

Der Chef erklärt Brennerei und Brauerei

Rasante Bier_Fahrt in fünf Diemensionen

Experimentell: Bockbier im Whiskyfass gereift

 3. Bierwanderung oder „Seidla-Pilgern“

Wanderer sieht man in der Fränkischen Schweiz ja viele, das Gebiet ist bei Outdoor-Urlaubern ziemlich beliebt. Wegen der großen Brauereidichte kommt man dabei früher oder später immer an irgendeinem Gasthof vorbei. Wieso also nicht gleich die Wanderwege entlang der Einkehrmöglichkeiten planen?

Bei Bier- und Brauereiwanderungen marschieren die Anhänger des goldenen Gerstensafts von einem urigen Bierkeller oder Brauereigasthof zum nächsten, um ein jeweils ein frisch eingeschenktes Seidla (fränkisch für halben Liter Bier) zu genießen. „Seidla-Pilgern“ ist ein ganz passender Begriff dafür, finde ich!

Ein Dutzend verschiedene Touren und Kombinationsmöglichkeiten zum Thema Bierwandern werden in der Fränkischen Schweiz angeboten. Der 18 Kilometer lange Fünf-Seidla-Steig ist eigentlich der bekannteste Wanderweg, der bei schönem Wetter auch ziemlich gut besucht ist.

Ich selbst habe mich auf den 14 Kilometer langen Brauereienweg aufgemacht. Eingekehrt wird unter anderem bei Kathi-Bräu in Heckenhof, einem beliebten Biker-Treff. Damit die auch unversehrt wieder heim kommen, wird dort extra ein „Fahrerbier“ mit nur 2,5 Umdrehungen gebraut.

Das dunkle Fahrerbier von Kathibräu hat nur 2,5 Prozent. Safety first!

Foto: FrankenTourismus

4. Rollende Bierverkostung in der historischen Dampfbahn

Während man Brauereiführungen, Bier-Wanderungen und den Forchheimer Kellerwald eigentlich immer machen kann, haben sich die Touristiker zum 500. Geburtstag des Reinheitsgebots auch ein paar Specials überlegt. Eins davon ist die rollende Bierverkostung in der historischen Dampfbahn Fränksiche Schweiz.

Während vor dem Fenster die bizarren Felsformationen vorbeiziehen und die Dampflock regelmäßig schnauft, genießt man unter Anleitung eines echten Biersommeliers ein paar schmackhafte Gerstensäfte. Geplante Termine sind 29. Mai und 21. August 2016, Treffpunkt am Bahnhof Ebermannstadt um 13:30 Uhr. Kostenpunkt: 19 Euro pro Person.

Aber auch ohne Bierverkostung ist eine Fahrt mit der Dampfbahn ein tolles Erlebnis und unbedingt empfehlenswert! Lies am besten hier die ausführliche Reportage zur Zeitreise in die 50er Jahre mit dem Oldtimer-Zug.

Foto: Museumsbahn e.V.

Informationen kurz und knackig

  • Lage: Die Fränkische Schweiz liegt zwischen Bamberg, Bayreuth und Forchheim. Bekannte Orte sind Ebermannstadt, Pottenstein, Aufseß, Gößweinstein oder Waischenfeld.
  • Anreise mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln: Nach Forchheim kommt man sowohl mit Bahn als auch Fernbus. Von dort aus fährt die Regionalbahn bis Ebermannstadt. An Sonn- und Feiertagen zwischen Mai und Oktober hat sie Anschluss an die Museumsdampfbahn nach Behringersmühle. Zwischen den Orten verkehren außerdem ein paar Buslinien.
  • Übernachtung: In der Fränkischen Schweiz gibt es hauptsächlich kleinere Gasthäuser, Pensionen und Ferienwohnungen. Eine Übersicht gibt es hier.
  • Preise: Unfassbar günstig. Ein Bier kostet selten über 2,50 Euro, ein Hauptgericht selten über 10 Euro.

Hilfreiche Links

  • Das große Festival zum 500. Geburtstag des Reinheitsgebots
  • Große Terminübersicht zu 500 Jahre Reinheitsgebot für ganz Bayern
  • Terminübersicht für die Fränkische Schweiz
  • Forchheimer Kellerwald
  • Dampfbahn Fränkische Schweiz
  • Übersicht zu Bier- und Brauereiwanderungen in der Fränkischen Schweiz
  • Brauhaus am Kreuzberg
  • Brauereigasthof Drei Kronen