Ella hat sich seit ihrer Schwangerschaft stark verändert. Nicht nur das sie völlig unkontrolliert isst, sie entwickelt auch eine regelrechte Zwangsneurose gegen alles, was ihrem ungeborenen Kind schaden könnte.
Ihr Mann Peter reagiert auf diese Stimmungsschwankungen mit einer gewissen Gelassenheit, aber auch Hilflosigkeit. Bis es eines Abends zu einer tötlichen Katastrophe kommt. Schade eigentlich, denn genau an diesem Abend hat Peter seiner Frau ein Geschenk mitgebracht: Eine Spieluhr mit einer kleinen Jungenfigur, die das Kinderlied „Hänschen klein“ abspielt.
Fast 30 Jahre später: Eigentlich hätte er nach dem Willen seiner Eltern deren Pferdehof übernehmen sollen, aber Sebastian Schneider zog es vor, Jura zu studieren und versucht nun, sich als Anwalt seine ersten Sporen zu verdienen. Eines Tages erhält er einen Brief von einem unbekannten Absenders, der die ersten Zeilen von „Hänschen klein“ beinhaltet.
Dieser Brief wird sein bis jetzt sehr behütetes Leben auf den Kopf stellen und ein Alptraum beginnt.
Andreas Winkelmann
Andreas Winkelmann, Jahrgang 1968, gehört wohl zu einem der fleißigsten Schreiber seiner Zunft. Seit dem Erscheinen seines Debutromans „Der Gesang des Scherenschleifers“ (2007) hat er insgesamt 10 Krimis und Thriller veröffentlicht. Den Thriller „Deathbook“ habe ich bereits im letzten Jahr auf sabienes.de vorgestellt.
Der Autor lebt mit seiner Familie in der Nähe von Bremen.
Hänschen Klein – Meine Meinung
Was mich an diesem Buch sehr interessiert hat (und was zugleich der Grund ist, dass ich die Rezension hier auf meinem Frauenblog veröffentliche) ist das Thema Mutterliebe.
Wie weit geht die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind und wie weit darf sie gehen?
Und welche unsichtbaren Bande gibt es zwischen Mutter und Kind?
Mutterliebe
Wenn ihr selber Kinder habt, werdet ihr mir zustimmen, dass die Liebe zwischen Mutter und Kind so ziemlich unendlich ist. Man würde für sein Kind meilenweit auf den Knien irgendwo hin robben, alle seine Nieren opfern und mehr. Hätte man mir – aus welchen Gründen auch immer – meine Kinder entrissen, wäre für immer und ewig ein tiefer Schmerz geblieben und ich hätte mich ständig mit der Frage beschäftigt, ob und wie ich meine Kinder wieder zu mir nehmen könnte.
Mutterliebe bedeutet aber natürlich auch, dass man seine Kinder irgendwann mal frei lässt, erwachsen sein lässt und ihre Lebenswege akzeptiert.
Von einem Menschen mit Psychosen, so wie Winkelmann die Mutter Ella schildert, kann man das natürlich nicht erwarten.
Unsichtbare Bande und anderer Hexenkram
Natürlich gibt es auch diese unsichtbaren Bande zwischen Mutter und Kind, ohne dass ich diese allzusehr mystifizieren möchte. Sie sind in diesem Buch natürlich sehr übertrieben dargestellt worden, ich musste immer wieder an Oma Wetterwachs von Terry Pratchett denken, die sich in das Gehirn anderer Wesen einpflanzen kann.
Aber dem Spannungsaufbau schadet es natürlich nicht, wenn Sebastian immer wieder das Gefühl hat, dass da eine andere Wesenheit in seinem Kopf herumspuken würde.
Ella bedient sich dabei allerlei Hexenrituale, die immer etwas mit magischen Zeichen, Kerzen und Blut zu tun haben. Diese Inhalte sind bei manchen Rezensenten sehr schlecht aufgenommen worden. Ich fand diese Schilderungen ganz passend, wenn auch übertrieben. Aber man kann sich sehr gut vorstellen, wie sich ein entsprechend disponierter Mensch durch ein solches Tun in eine bestimmte Welt hineinsteigert.
Biedere, heile Welt
Im Vergleich zu den Thrillern, die wir aus den USA oder Skandinavien kennen, haben deutsche Thriller immer eine etwas biedere Note und ganz besonders dann, wenn Winkelmann sie schreibt. Man erlebt hier die heile Welt auf einem Ponyhof Pferdehof, mit all der schönen Natur und den netten Menschen und die Vögelein zwitschern auch. Sebastian als Protagonist wirkt ein bisschen übersensibel und fast schwach; die Liebesszenen mit Saskia konnte ich ihm kaum abnehmen. Und dann ist der Bub auch noch Jurist! Dabei ist aber auch der Fall eines Vatermörders, den er zu bearbeiten hat, auch viel zu wenig ausgearbeitet, so dass man diese Episode hätte streichen können.
Fazit
Ich glaube, dass mich diese Biederkeit am meisten gestört hat. Denn ansonsten ist „Hänschen Klein“ ein sehr spannender und handwerklich gut gemachter Thriller mit einigen mystischen Elementen, welche die Spannung ordentlich gesteigert haben.
Winkelmann entlässt die Leser mit einem Cliffhanger, der einem ein bisschen an „Rosemaries Baby“ denken lässt. Und deswegen ist diese Rezension auch ein abgehakter Punkt von Daggis Buchchallenge 2016, Aufgabe 8.
Bibliografisches:
- Titel: Hänschen Klein
- Autor: Andreas Winkelmann
- Taschenbuch: 416 Seiten
- Verlag: Goldmann Verlag; Auflage: Ungekürzte Lizenzausgabe, (11. Januar 2010)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3442471257
- Preis: 7,99 € (Kindle), 8,95 € (Taschenbuch)
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Viel Spaß beim Lesen!