Hanoi, Endstation unserer Reise, lag vor uns und wollte entdeckt werden. Mit 3.7 Millionen Einwohnern ist Hanoi viel kleiner als der Bruder im Sueden (Saigon 5.38 Millionen) und es wirkt auch ganz anders als Saigon. In Hanoi kann man die Vergangenheit foermlich riechen und dies trifft vorallem fuer das Old Quarter zu, dem alten Hanoi, einem Schmelztiegel zahlreicher Handwerke seit ueber 1000 Jahren. Die Strassen sind eng und verzweigt und die Namen aendern sich alle paar hundert Meter, wobei sie sich an das dort ansaessige Handwerk anlehnen. Dem sprachunkenntlichen Touristen faellt dies natuerlich nicht auf, aber die Strassennamen lassen sich uebersetzen in Blech Strasse, Holz Strasse, Seiden Strasse usw und dementsprechend ist auch das Warenangebot. Heutzutage haelt man sich nicht mehr ganz so strikt an diese Trennung, aber frueher war dies ausnahmslos der Fall.
Im Old Quarter gehts zu wie im Bienenstock; dort pulsiert das Leben, es ist reich an Geschichte, vollgestopft mit Motorraedern und geschaeftig an jeder Ecke. Wie sonst auch auf den Maerkten kann man hier alles kaufen und kann sich dabei auch mal in Ruhe in einem Laden umschauen, weil man nicht sofort von 5 Meter Entfernung beworben wird.
Die Strassen sind dabei nicht immer sauber denn gerade zum Feierabend wird der Dreck einfach auf die Strasse gekehrt und die Muellsaecke vor die Tuer gestellt. Eine Muellabfuhr habe ich in Hanoi nicht entdecken koennen, geben muss es sie aber, denn der Muell ist am naechsten Tag verschwunden.
Ab dem fruehen Abend so gegen 17.30 Uhr geht verkehrsmaessig die Post ab. Die Strassen sind verstopft (noch mehr als tagsueber, obwohl man das nicht fuer moeglich haelt), es ist hoellisch laut (ja die Hupen!) und ein Durchkommen ist schwer moeglich. Das Strasse Ueberqueren sollte man sich gut ueberlegen, weil alle Verkehrsteilnehmer so frustriert und ungeduldig scheinen, dass man sein Glueck nicht auf die Probe stellen sollte. So gegen 20 Uhr hat sich der Verkehr dann meistens wieder beruhigt und man muss sich nur noch mit dem 'normalen' Wahnsinn arrangieren.
Den angeblichen Nachtmarkt gibt es uebrigens nicht mehr, wie wir nach ewigem Herumsuchen im Regen feststellen mussten. Auf dem Tagesmarkt haben wir dafuer noch mal richtig zugeschlagen und gleich am selben Tag noch ein Paket in Richtung Deutschland verschickt. Und das obwohl ich am Morgen noch meinte, dass ich nichts mehr brauche und wenn ueberhaupt nur Kleinigkeiten kaufen werde - daraus wurde natuerlich nichts. Auf der Post verbrachten die Angestellten eine gewisse Zeit, einen passenden Karton fuer all meine Habseeligkeiten zu finden. Hoffentlich kommen die Sachen auch an, schliesslich habe ich mir endlich mein geliebtes Tee Set gegoennt!
Was das Sightseeing betrifft, haben wir es in Hanoi etwas ruhiger angehen lassen; nach den vergangenen Wochen stellte sich langsam eine Muedigkeit ein und ich war ehrlich gesagt auch ein bisschen froh, dass der Urlaub fast vorbei war. Nichtsdestotrotz haben wir dem unseren Hotel naheliegenden Hoan Kiem Lake (ein See) und dem sich darauf befindlichen Ngoc Son Tempel einen Besuch abgestattet und dabei wieder ueber das weltweite Bruecken-Phaenomen gestaunt. Um zum Tempel zu gelangen, muss man eine Bruecke ueberqueren und das kann man nur im zickzag und Schneckentempo, weil jeder (wirklich jeder!) ein Bild von sich auf der Bruecke haben will. Ueber solch ein langweiliges Fotomotiv kann ich nur mit dem Kopf schuetteln. Die Einwohner verbinden mit dem See eine Legende, die ungefaehr folgendermassen geht: Im 15. Jahrhundert erhielt der Kaiser Ly Thai To ein magisches Schwert, das regelrecht vom Himmel fiel und er nutzte dieses, um die Chinesen aus Vietnam zu vertreiben. Als der Krieg vorbei war traf er eines schoenen Tages auf eine im See schwimmende Schildkroete, die sich das Schwert schnappte und in die Tiefen des Sees entschwand. Weder Schwert noch Schildkroete wurden je wieder entdeckt und seitdem wird der See als "See des wiederhergestellten Schwertes" bezeichnet, weil es von der Schildkroete an dessen heiligen Eigentuemer zurueckgegeben wurde.
Im Ngoc Son Tempel kann man uebrigens eine einbalsamierte Riesenschildkroete besichtigen und manche behaupten, dass es sich dabei um die Schildkroete der Legende handelt....
Am Besichtigen des toten Ho Chi Minh waren wir nicht interessiert (und ich glaube, dass es momentan sowieso zu Restaurierungszwecken geschlossen ist) aber wir liesen uns trotzdem zum Mausoleum fahren, wo Ho Chi Minh gegen seinen ausdruecklichen Willen wie auch Lenin, Stalin und Mao einbalsamiert und im Schaukasten ausgestellt wurde. Gleich nebenan befindet sich die
'One Pillar Pagoda' (die Pagoda auf einer Saeule), die einer bluehenden Lotusbluete aehneln soll und damit Reinheit darstellt und den Buddhismus verehrt (die Lotusbluehte gilt allgemein als Symbol des Buddhismus).
Mit dem Taxi gings zurueck ins Old Quarter und dabei wollte man uns das erste Mal so richtig dreist abzocken. Katrin bemerkte als Erste, wie der Zaehler des Taxometers alle 100 oder 150 Meter teurer wurde und nach einer Weile bemerkten wir auch, dass der Fahrer so ungefaehr alle Umwege fuhr, die ihm irgendwie moeglich waren. Wir wussten, wie lange wir bei der Fahrt 1 Stunde vorher unterwegs waren und dafuer hatten wir nur 60.000 VND bezahlt (so ungefaehr 3 USD). Als wir dann letztenendes an einer komplett falschen Stelle abgesetzt wurden mit der Begruendung, dass er nicht ins Old Quarter faehren duerfte und er dann auch noch allen Ernstes 1.3 Millionen VND (65 USD!) verlangte, platzte uns beiden der Kragen. Mit dem Geld haetten wir 4 Mal zum Flughafen fahren koennen (der ist ungefaehr eine Stunde vom Stadtzentrum entfernt und das Hotel berechnete uns 15 USD fuer das Abholen). Er meinte, das sei die offizielle Gebuehr der vietnamesischen Taxis, 200.000 VND fuer 1 km, aber das war natuerlich Humbug. Ich meinte zu Katrin, er kann 100.000 VND (5 USD) haben und damit waere er mehr als gut bedient. Der Typ scheint das oefter zu machen, denn die Tuer auf Katrins Seite hatte ne Kindersicherung und konnte nur von aussen geoeffnet werden und meine Tuer lies sich zwar oeffnen, aber er hatte ganz galant direkt neben einem Baum gehalten. Er wollte uns einschuechtern und hatte bereits das Telefon in der Hand um jemanden anzurufen (keine Ahnung wen) aber das war mir egal. Ich drueckte ihm das Geld in die Hand und wir stiegen einfach aus. Er beehrte uns mit einigen Fluechen, die wir sowieso nicht verstanden und dann verschwand er. Falls dies jemand liest, der irgendwann mal nach Hanoi reisen wird, den Namen der Firma haben wir leider nicht, aber versucht die kleinen Taxis zu vermeiden und nehmt lieber die grossen, die scheinen serioes zu sein. Wir hatten zumindest kein Problem mit denen. Nach diesem Aufreger goennten wir uns erstmal ein Stueckchen Kaesekuchen und nen Kaffee um unsere Nerven zu beruhigen.
Um Hanoi gibt es zahlreiche besichtigungswuerdige Orte, aber leider lies uns die Zeit im Stich. Einen Tagesauflug konnten wir aber trotz alledem noch reinquetschen und zwar zur Perfume Pagoda. Diese befindet sich 60km suedwestlich von Hanoi und um dorthin zu gelangen, sitzt man erst 2.5 Stunden im Bus (inkl. dem obligatorischen Stop in einer Touristenfalle) und wechselt dann in My Duc Transportmittel. Dieses Transportmittel wird ganz allgemein als Boot bezeichnet, auch wenn es sich tatsaechlich nur um ein als Boot zurecht gebogenes Stueck Metal handelt. Diese Boote bieten offiziell 6 Touristen Platz (+ einem Reiseleiter) und werden von hageren kleinen Vietnamesen gerudert, sehr oft sogar Frauen. Dieser Trip dauert gefuehlsmaessig einen halben Tag, aber tatsaechlich handelt es sich um ungefaehr 1 bis 1 1/2 Stunden durch friedvolles und ruhiges Flussgebiet und einer kleinen Siedlung hier und da. Mit den Ruderern kann man einfach nur Mitleid haben, denn Rudern in der Hitze mit sovielen Leuten im Boot ist harte Arbeit und wirklich ergonomisch geformt sind die Boote auch nicht, um sie schneller zu machen. Fuer uns war der Trip keinesfalls ein Vergnuegen, denn wie bereits schonmal erwaehnt, sind die Transportmittel hier fuer westliche Leute viel zu klein und selbst ich hatte fuer meine kurzen Beine keinen Platz.
Das Gebiet nennt sich Huong Tich Mountains (das Huong Tich Gebirge), in dessen Sandsteinfelsen sich zahlreiche Pagodas und buddhistische Schreine befinden. Um die Hauptpagoda zu erreichen, muss man einen ca. 4 km steilen Aufstieg beschreiten, oftmals ueber grosse Stufen und vorbei an hunderten von Strassenverkaeufern, die einem zur Hauptsaison den Aufstieg zur Hoelle machen mit ihren Kaufangeboten. Wir befanden uns noch in der Nebensaison und so waren vielleicht 10% der ueblichen Verkaeufer vor Ort. Angeboten werden neben dem ueblichen Kram auch Eichhoernchen in winzig kleinen Kaefigen, die man kaufen und freilassen kann (fuers gute Karma) und dann sofort wieder eingefangen und wiederverkauft werden. Man kann wohl viel Geld mit gutglaeubigen Touristen verdienen. Fuer die Lauffaulen bzw Cleveren (wer will schon bei der Hitze und hohen Luftfeuchte einen Berg besteigen?!) gibt es seit einigen Jahren auch eine Gondola und fuer 6 USD kann man damit hoch- und spaeter auch wieder runterfahren. Die Vorteile musste man mir nicht erst verkaufen, man spart Zeit und die Aussicht war auch nicht zu verachten. Von der Pagoda selbst war ich ehrlich gesagt etwas enttaeuscht, schliesslich handelte es sich dabei lediglich um einen Schrein in einer Hoehle. Glaeubige besuchen die Pagoda in Herrscharren im Maerz/April (je nach Mondphasen) und draengen sich alle in die kleine Hoehle. Keine Ahnung, wie sie all die Leute dort unterbringen, aber ich wuerde dort definitiv Platzangst bekommen.
Weiter unten befindet sich eine weitere Pagoda und die war mehr nach meinem Geschmack, schliesslich handelte es sich dabei um Gebaeude im Tageslicht und davon konnte man gut Bilder machen. Alles was mein Fotografenherz begehrte. Zurueck in My Duc beschaeftigten sich die Leute noch immer mit ihrer Reisernte. Als wir dort am Morgen angekommen waren, befand sich die Reisernte zum Trocknen auf den Buergersteigen, in Hinterhoefen, Gaerten und allen sonstigen freien Flaechen. Am Nachmittag war der Reis getrocknet und wurde nun zusammengekehrt und in riesige Reissaecke gesteckt um dann auf Maerkten verkauft zu werden. Es ist immer wieder erstaunlich, wie hart diese Leute arbeiten. Wenn man seinen Reis im Supermarkt fuer 2 Euro oder so ordentlich abgepackt kauft, hat man keine Ahnung davon, wie viel Zeit die Menschen in Asien auf ihren Reisfeldern verbringen und wie koerperlich anstrengend der Reisanbau ist. Ich habe einen riesigen Respekt vor diesen Leuten, wie sie knietief im Wasser stehen um die Reisbuendel aus der Erde zu ziehen und wie sie diese spaeter auf ihren geschundenen Ruecken nach Hause tragen. Ich gehe jede Wette ein, dass jeder Westliche, der diese Arbeit auch nur einen Tag machen muesste, sofort das Handtuch schmeissen und die harte Arbeit nicht ausfuehren wuerde.